Inzwischen haben die meisten Unternehmen verstanden, dass Digitalisierung ein wichtiger Faktor ist, um Prozesse zu optimieren und neue Wertschöpfungsmodelle zu entwickeln. Geschäftsführungen können daher die Entwicklung neuer digitaler Ansätze als wettbewerbskritisch einstufen. Die mögliche Folge: Führende Mitarbeiter praktisch aller Abteilungen im Unternehmen werden damit betraut, Digitalisierungslösungen zu entwickeln. Und nicht wenige davon nehmen die Initiative selbst in die Hand.
Um schnell Ergebnisse vorweisen zu können, greift man auf Web-Dienste und Apps zurück, bei denen die Software in der Cloud liegt und nicht in die IT-Systeme des Unternehmens eingebunden werden muss. Das beginnt im einfachsten Fall mit der Nutzung externer Speicher wie Dropbox, Google Drive, iCloud, OneDrive oder MagentaCloud. Das geht weiter mit Plattformlösungen, über welche Partner eine Vielzahl nützlicher Tools zur Verfügung stellen. Zu den Anbietern gehören zum Beispiel IBM Cloud (früher IBM Bluemix), Salesforce oder AWS Beanstalk. Und natürlich betrifft das ebenso das breite Angebot von Software as a Service für inzwischen fast alle Unternehmensbereiche von der Produktion über Materialwirtschaft bis zu Buchhaltung, Personalwesen, Vertrieb und Marketing/PR.
Der Vorteil: Fachabteilungen können mit solchen Insellösungen schnell erste Digitalisierungserfolge realisieren. Und eine Unterstützung der IT ist Dank der meist einfachen Einbindung und Nutzung solcher Dienste kaum mehr notwendig. Man umgeht so Prüfungen, Freigabeverfahren und lange Wartezeiten.
Einbindung in das IT-Service-Management
Für die Unternehmens-IT stellen diese Schattenanwendungen allerdings ein immer größeres Problem dar. Und für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens ebenso. Denn zum einen verliert die IT-Abteilung sowohl die Übersicht als auch die Kontrolle über ihre IT-Landschaft, bleibt aber für deren Funktionstüchtigkeit weiter verantwortlich.
Hinzu kommt, dass gerade bei der Nutzung von IT-Systemen ohne technische und strategische Einbindung in das IT-Service-Management eine Vielzahl von Problemen bei den Themen Datensicherheit, Sicherheit der IT-Systeme und besonders der unternehmensweiten Datenverfügbarkeit entsteht. Statt der Integration von Business-Strukturen entstehen autonom agierende Inseln, die parallel unterschiedliche Dienste, Systeme und Softwarelösungen nutzen. Wer hier arbeitet, kann seine Ergebnisse anderen Bereichen im Unternehmen kaum zur Verfügung stellen. Daten und Tools stehen so nur einzelnen Mitarbeitergruppen oder Abteilungen zur Verfügung und eine übergeordnete Business-Integration ist praktisch nicht möglich.
Der Nachteil: Die gut gemeinte Schatten-IT verhindert die Business Integration auf Unternehmensebene und damit die weitere strategische Positionierung des Unternehmens mit Blick auf die Digitalisierung.
Was ist zu tun?
Zunächst muss die IT-Abteilung mit Rückendeckung der Geschäftsführung klar die Verantwortung für alle IT-Anwendungen haben, die im Unternehmen und um das Unternehmen herum genutzt werden. Hier ist eine klare und wiederholte Kommunikation von Seiten der IT in die Fachabteilungen unumgänglich.
Um die Digitalisierungsprozesse nicht zu blockieren, benötigt das Unternehmen zudem eine Multi-Cloud-Strategie. Ziel sollte es sein, dem Wildwuchs der Schatten IT entgegenzuwirken und gleichzeitig die für den jeweiligen Anwendungsbereich besten Lösungen aus dem Angebot der Cloud-Anbieter zu kombinieren. Nur so lassen sich heterogene Anforderungen wie zum Bespiel Flexibilität, Agilität und Skalierbarkeit im Betrieb, Optimierung von Employee beziehungsweise Customer Experience und Steigerung der Kosteneffizienz gleichzeitig verfolgen.
Dabei ändern sich auch die Aufgaben der IT-Abteilung. Schlanke IT-Prozesse, mit denen schnell geklärt ist, ob und wie solche Lösungen eingebunden werden können, sind für ein schnelles Reagieren der Fachabteilungen auf aktuelle Entwicklungen und für das Ausprobieren neuer Ideen von besonderer Bedeutung.
Hinzu kommt, dass IT-Abteilungen derzeit immer mehr den Überblick über tatsächliche IT-Budgets verlieren, wenn Schatten-IT-Lösungen über die Budgets der Fachabteilungen angeschafft und angeschlossen werden. Die hier entstehende Intransparenz erschwert die strategische IT-Planung zusätzlich.
Zur Entwicklung von Multi Cloud-Ansätzen gehört ebenfalls ein verstärktes Software Asset Management. Beide zusammen legen die Basis für eine funktionierende Daten- und Business Integration. Zudem muss die IT-Abteilung dafür Sorge tragen, dass die Integration von Daten aus anderen Systemen intern wie extern auf der Basis einer sorgsam ausgesuchten Standardsoftware jederzeit schnell, einfach und flexibel umgesetzt werden kann - auch hier in vielen Fällen mit Unterstützung der IT direkt durch die Fachabteilungen.
- Tipps gegen Schatten-IT
Die Berater von Accenture haben fünf Ratschläge gegen Schatten-IT parat. - Tipp 1: Aufklären statt Verbieten
Sinnvoller als Verbote ist die Aufklärung über die Vorteile einer geregelten Beschaffung. Zum Beispiel können Skaleneffekte IT-Kosten senken, Schatten-IT nicht. Außerdem sollten alle Mitarbeiter über Service-Level-Agreements informiert werden. - Tipp 2: Bevorzugte Hersteller auflisten
CIOs sollten kommunizieren, welche ihre bevorzugten Hersteller sind. Dabei muss Raum für Ausnahmen bleiben. Können Vertreter einer Fachabteilung gut begründen, warum sie diese oder jene Lösung eines anderen Anbieters wünschen, darf darüber verhandelt werden. - Tipp3: Beziehungspflege
Gute Geschäftsbeziehungen zu innovativen Herstellen nützen dem gesamten Unternehmen. Das funktioniert nur über eine geregelte IT-Beschaffung. - Tipp 4: Zusatzwert bieten
Der IT-Entscheider kann nicht nur Preise besser verhandeln als die Fachabteilung. Er spricht mit dem Hersteller auch über Garantieleistungen oder Hardware-Spezifikationen. - Tipp 5: Vertrauen aufbauen
Das Aufklären über die negativen Seiten von Schatten-IT ist wichtig. Im Zuge dessen kann sich die IT-Abteilung unternehmensintern als vertrauenswürdiger Partner etablieren.
So treiben Unternehmen die Digitalisierung strategisch voran
Wer beim Thema Digitalisierung nicht nur kurzfristig Erfolge erzielen will, sollte also sicherstellen, dass Unternehmensdaten und -anwendungen transparent strukturiert, für andere Abteilungen bei Bedarf recherchierbar und zugänglich sind und gleichzeitig eine Integration von Daten und Systemen ohne großen Aufwand umgesetzt und automatisiert werden kann. Mit dem Dreischritt
Software Asset Management,
Multi Cloud und
standardisierter Datenintegration
können diejenigen, die sich mit Prozess- und Kostenoptimierungen, neuen Wertschöpfungsmodellen und Business Integration beschäftigen, das Know-how des eigenen Unternehmens wirklich nutzen. Wer Licht ins Dunkel der Schatten-IT bringt, hilft mit, die Digitalisierung im eigenen Unternehmen strategisch voranzutreiben und Mehrwerte durch die solide Vernetzung von Daten und Systemen zu generieren.