Sapphire Now

SAP rückt HANA ins Zentrum seines Softwareangebots

16.05.2013
Von Tobias Wendehost
Auf der diesjährigen Sapphire Now in Orlando stand einmal mehr die Datenbank-Appliance HANA im Mittelpunkt. SAP bietet die Lösung nun auch als Managed-Cloud-Service an. Wer das Angebot nutzen möchte, muss wohl mit zusätzlichen Kosten rechnen.

Bei der Präsentation der "HANA Enterprise Cloud" hatte SAPs Technikvorstand Vishal Sikka den Cloud-Service als nächste Station auf der HANA-Reise bezeichnet. Auf der diesjährigen Sapphire Now in Orlando, Florida, war der neue HANA-Service eines der zentralen Themen.

"Die Zukunft von SAP wird auch von HANA bestimmt", bekräftigte Bill McDermott, Co-CEO des Walldorfer Softwarehauses, in seiner Keynote. Er bezeichnete das System als die derzeit am schnellsten wachsende Softwareplattform. Um diese Behauptung zu unterstreichen, hatte SAP jede Menge Referenzkunden zu seiner Hausmesse eingeladen. Darunter waren auch zwei echte amerikanische Institutionen: die National Basketball Association (NBA) und der diesjährige Superbowl-Finalist San Francisco 49ers.

Anlässlich der Keynote, die an eine Sportkommentatoren-Runde angelehnt war, bewarben die Kunden zusammen mit dem Sportartikelhersteller Under Armour die SAP-Lösung. "Für die Entwicklung neuer T-Shirts oder Laufschuhe sind wir auf die effiziente Verarbeitung der Daten angewiesen", beantworte deren CEO Kevin Plank die Fragen von US-Sportmoderator James Brown nach dem Nutzen von HANA. Adam Silver, COO der NBA, sekundierte: "Damit unser Sport erfolgreich ist, müssen wir wissen, was die Zuschauer wollen und wer die Basketball-Fans der Zukunft sind. Wir müssen Unmengen an Informationen auswerten. Dafür ist HANA ein wichtiger Baustein."

160 Sensoren schaffen Big Data

Zu den Gästen, die für SAP warben, gehörte auch der Rennstall McLaren. Das Unternehmen führte aus, warum "Predictive Analytics" für seine Belange von großem Interesse ist. McLaren testet seine Formel-1-Boliden nicht nur während der Wintervorbereitung, sondern auch während der laufenden Saison. "Bei den Tests kommen rund 160 Sensoren zum Einsatz", erklärte Stuart Birell, CIO von McLaren. "Sie liefern ständig neue telemetrische Daten zu Aspekten wie Aerodynamik und Balance eines Rennwagens. Wir sind hier auf eine möglichst schnelle Auswertung angewiesen." Die Auswertung von Big Data mit Hilfe der HANA-Appliance sei ein elementarer Bestandteil bei der Weiterentwicklung der Fahrzeuge.

Doch SAP hat mit der HANA Enterprise Cloud nicht nur Großkunden im Visier. Die Walldorfer möchten alle Firmengrößen und Branchen ansprechen. "Unsere Kunden verlangen nicht nur die Datenbank-Technologie, sondern auch die Infrastruktur", sagte Stefan Sigg, Vice-President SAP HANA Product and Development. "Dieses Bedürfnis decken wir mit unserem Angebot ab."

HANA Enterprise Cloud

SAP bietet mit HANA Enterprise Cloud neben der Datenbank-Appliance das Hosting der Daten in eigenen Rechenzentren. Was als Vereinheitlichung von "Transactional Processing and Analytics" begann, soll mit dem Managed-Cloud-Service auf eine neue Stufe gehoben werden. Ein strategischer Schritt, da die Badener Softwareschmiede damit zusätzlich die Datenspeicherung übernehmen. "Unsere Kunden müssen keine eigene HANA-Umgebung mehr aufbauen, sondern können Projekte in kurzer Zeit mit unserer Hilfe realisieren", so Sigg.

Bei der HANA Enterprise Cloud handelt es sich allerdings um kein Software-as-a-Service-Angebot (SaaS). "Wir sehen es eher als ein Infrastruktur-Service an. Anwender, die keine Hardware einkaufen wollen, aber dennoch die Datenbank nutzen möchten, könnte das Cloud-Angebot interessieren", so Alexander Zeier, Geschäftsführer CTO Analytics und weltweit verantwortlich für In-Memory-Lösungen bei Accenture. Zeier war maßgeblich an der Entwicklung von HANA beteiligt und sieht im neuen Angebot eine Chance für viele Geschäftsbereiche: "Es gibt viel ‚dark data‘, welches ungenutzt ist."

Zwei HANAs nebeneinander

Accenture nutzt HANA etwa für die Entwicklung neuer Applikationen. "Mit der Enterprise Cloud können wir in Zukunft beide Varianten verwenden. Wir greifen einerseits auf die bestehende Infrastruktur zurück und mieten uns bei Bedarf Ressourcen hinzu.", berichtet der promovierte Wirtschaftsinformatiker. "HANA setzt zudem keine spezifische Hardware voraus. Sie lässt sich etwa auf einer normalen x86-Architektur von Intel verwenden." Die Performance von HANA ist zwar abhängig vom Arbeitsspeicher und den verfügbaren CPU-Kernen. Gleichzeitig lässt sich die Hardware aber linear skalieren.

Für die In-Memory-Lösung gibt es laut Zeier keine Grenzen. Insgesamt sind es aktuell neun Partner, darunter IBM, HP, Cisco und Dell, die Hardware für SAPs Datenbank-Plattform anbieten. Neben der Hardwareunabhängigkeit gäbe es Zeier zufolge einen weiteren Vorteil. Die Datenbank-Appliance lässt sich mit beliebigen Business-Anwendungen verwenden. "Ich habe auch schon Projekte begleitet, bei denen Kunden HTML5-Applikationen zusammen mit HANA entwickeln wollten", so Zeier. Der "Business Value" bemesse sich nicht allein an der Leistungsfähigkeit, sondern am jeweiligen Einsatzszenario. "Viele Unternehmen wollen nicht nur Performance. Ihnen geht es vor allem um einen Vorsprung am Markt", so der ehemalige SAP-Entwickler.

SAP Business Suite on HANA

Diesen Punkt betonte auch Jim Hagemann Snabe, Co-CEO von SAP: "HANA wird für viele Kunden dann interessant, wenn sie den jeweiligen Wert für ihr Geschäftsfeld erkennen." Snabe verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Verfügbarkeit der SAP Business Suite auf Basis von HANA. Der Softwarekonzern hatte sein Kernprodukt Anfang des Jahres auf seine neue Datenbankplattform gehievt.

SAPs neue Datenbank-Welt hat allerdings ihren Preis. Kunden müssen für die HANA Enterprise Cloud zusätzlich Abo-Gebühren zahlen, auch wenn sie bereits HANA-Lizenzen nutzen. Bevor sie das Angebot wahrnehmen, empfiehlt SAP ihnen zudem auch eine umfassende Beratung. So lasse sich prüfen, ob und in welchem Ausmaß der Kunde von der Lösung profitiere. Je nach Größe und Umfang variieren die Abo-Gebühren. Wie hoch sie sind, daraus machen die SAP-Verantwortlichen bis dato noch ein Geheimnis.

HANA im Enterprise-Markt

Ob sich die HANA-Cloud-Lösung gut verkaufen wird, bleibt indes abzuwarten. Laut SAP-Manager Sigg konnten die Walldorfer im ersten Halbjahr 2013 rund 60 Kunden für die HANA Enterprise Cloud sowie 80 Kunden die SAP Business Suite auf Basis der Datenbank Appliance gewinnen. Insgesamt benennt SAP etwa 1500 Unternehmen, die HANA nutzen. Forrester-Analyst Stefan Ried geht in einem aktuellen Blog-Eintrag dennoch nicht von einem kurzfristigen Run auf das neue Cloud-Angebot aus. SAPs Zielgruppe für HANA sei entgegen aller SAP-Bekundungen vorrangig der Großkunden-Markt.

Strategisch will SAP mit der HANA Enterprise Cloud jedoch langfristig auch an die kleinen und mittleren Betriebe, und dass nicht nur in der eigenen Stammklientel. "Wir wollen mit unseren Lösungen auch die Nicht-SAP-Welt ansprechen", sagte Sigg. Ein Markt, den er ins Auge fasst, ist der Gesundheitssektor: "Das Potenzial im Bereich Health Care ist groß. Bisher schöpfen die Firmen vielleicht ein Prozent der vorhandenen Daten aus." Mögliche Szenarien seien Analysen von Krankheiten. Doch nicht nur im Gesundheitswesen oder im Sport soll HANA neue Kunden locken. Die Liste lässt etwa um den Bankensektor und den Handel erweitern. "Unsere Lösung soll eine möglichst große Zielgruppe erreichen", betonte Snabe abschließend in seiner Keynote. Die HANA-Reise befinde sich erst am Anfang. (mb)