Als Polymerspezialist ist Rehau in den Bereichen Bau, Automotive und Industrie international führend. Für seine Kunden beschäftigt sich das Unternehmen eingehend mit dem Trend der Digitalisierung in den drei Innovationsfeldern "Smart Products", "Smart Services" und "Smart Production". Smart REHAU verfolgt dabei zwei Ziele: Über die Entwicklung kommunikationsfähiger Produkte wie z.B. einem intelligenten Fenster und dazugehörigen Dienstleistungen will man neue Umsatzpotenziale generieren. Ziel ist es, dem Kunden einen Mehrwert über die eigentliche Produktfunktionalität hinaus zu bieten. Zweitens soll die Effizienz gesteigert und mehr Flexibilität gewonnen werden: Diesem Ziel dient auch das Projekt "RAU-INVENTORY".
"RAU-INVENTORY" bezeichnet ein Zusammenspiel verschiedenster Komponenten zu einer integrativen Lösung. Entscheidend hierfür ist die Kombination bereits etablierter Lösungen und Software-Tools sowie neuer Technologien und Entwicklungen zu einem funktionierenden Ganzen. Dabei bringt "RAU-INVENTORY" gezielt Zukunftstechnologien wie Smart Glasses und mobile Applications zum Einsatz. Im Fokus des Projektes "RAU-INVENTORY" stand zunächst der interne Know-how-Aufbau rund um Zukunftstechnologien, um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden und darüber hinaus seine Vorreiterreiterrolle als Innovationstreiber im internationalen Wettbewerb weiter auszubauen. Mit "RAU-INVENTORY" bewirbt sich die Rehau AG + CO um denDigital Leader Award 2016 in der Kategorie Create Impact.
Projekt-Steckbrief
Finalist: Rehau
Kategorie: Create Impact
Projekttitel: Private Cloud Infrastructure Management RAU-INVENTORY
Zeitraum des Projekts: Live-Setzung des Pilot Use-Case: April 2016
Projekt-Phase: "Transform" - mit der Lösung sollen gezielt Prozesse und Prozessschritte revolutioniert und transformiert werden.
Größe des Projektteams:Das Core Team bestand aus vier Personen aus den Bereichen IT Infrastruktur SAP Basis, Cloud / IT R&D, der IS Cross Application sowie einem Vertreter des Instituts für Informationssysteme der Fachhochschule Hof. Um unterschiedlichen Businessanforderungen Genüge zu leisten wurden punktuell Kompetenzen aus den Fachbereichen (z.B. Accounting, Produktion, CRM) hinzugezogen.
Die Digitalisierungsstory
Bewusst hat sich das Projektteam bei der Projektplanung für "RAU-INVENTORY" von den klassischen Softwareprojektphasen "Plan", "Build" und "Run" distanziert. Stattdessen setzte das Team auf die Phasen "Innovate", "Design" und "Transform". Während der "Innovate" Phase wurde ein Anwendungsfall aus der Praxis ausgewählt, an dem Innovationsfreude und maximaler Business Impact unter Beweis gestellt werden konnten. Das Projektteam wählte bewusst einen Use-Case, der bis dato mit einem hohen Maß an manuellem Aufwand/Kosten sowie hohen Fehlerquoten, bedingt durch mangelnden Einsatz von Automation und fehlender Vernetzung von Komponenten, verbunden war. Im Rahmen der "Design"-Phase wurden Lösungen konzipiert, die im Zuge der "Transform"-Phase zum Einsatz kamen. Durch die intelligente Vernetzung von Stand-alone-Informationsquellen wie dem SAP-ERP-System, dem Incident und Request Service Management sowie der CMDB sollte ein höherer Grad an Datenqualität für digitale Analysezwecke erreicht werden - nicht zuletzt um Business Entscheidungen von morgen besser analysieren und im Sinne des Unternehmens positiv beeinflussen zu können.
Die Idee: "RAU-INVENTORY" umfasst den kompletten End-to-End-Prozess von der Aufnahme eines Assets in der etablierten Service Management Software über eine Bartender-Integration für einen automatischen QR-Code Druck, einer eigens entwickelten Applikation zum Scannen von QR-Codes mit höchst verlässlichen Scanquoten bis hin zur teilautomatisierten Inventur. Hinzu kommen weitere Funktionalitäten wie ein Field Service Support, der "Hands free working" ermöglicht oder Remote-Servicekräfte über Videostream bei Service und Reparatur unterstützt. Voraussetzung ist die Kopplung der App mit dem Incident Management, um Vorfälle in Echtzeit zu erfassen.
Zudem sollen der Datenbestand von App und Software Management automatisiert aktualisiert und zugelieferte kaufmännische Daten durch SAP-ERP-Integration intelligent aufbereitet werden. Dabei setzte man auf die Kombination von Datenbrille und mobiler Applikation. Durch eine direkte Kopplung von Backend-Systemen wie SAP mit Live-Visualisierung verschiedenster Daten stellt Rehau für die Unternehmenssteuerung investitionsrelevante Daten ad hoc in geeigneter Art und Weise zur Verfügung. Assetbezogene Stamm- und Bewegungsdaten werden aus dem ERP-System als "Single source of truth" zugeliefert und mit Informationen aus der CMDB angereichert. Redundanzen werden eliminiert.
Diese zusammengeführten und aufbereiteten Informationen sind im Sinne eines "Predictive Investmentplanning" Grundlage für die Investitionsplanung und helfen, Kosten zu prognostizieren. Bisherige manuelle Erhebungsverfahren mit hohen Fehlerquoten werden obsolet. Durch den Einsatz von "RAU-INVENTORY" lassen sich die Kosten und zeitlichen Aufwände massiv reduzieren. Zielsetzung war es, einen inhaltlichen und technischen PoC aufzusetzen, der auf andere Use-Cases innerhalb der Unternehmensgruppe übertragbar ist.
Die Umsetzung
Für das "RAU-INVENTORY"-Projekt wurden Datenbrillen auf Kriterien wie Tragekomfort, Usability ("hands free"), Qualität und Einsatzzweck untersucht und bewertet. Marktgängige mobile Applikationen für das Scannen von QR-Codes wurden validiert. Nachdem Rehau aber schlechte Scanquoten gemessen hatte, entschied sich das Team bewusst für die Entwicklung einer eigenen mobilen Applikation. Daten aus etablierten Softwarekomponenten wie SAP und Helpline wurden gezielt vernetzt. Automatische Jobläufe sichern die Datenzufuhr zum benötigten Zeitpunkt unter Nutzung externer Jobscheduler (z.B. nach Abschreibungslauf in SAP über UC4). Erwähnt seien auch die Kopplung der eigenen mobilen Applikation mit der bei der Rehau verwendeten Cisco Jabber Collaboration (Field Service Support) sowie die Kopplung der mobilen Applikation mit dem Incident-Managment-System Helpline. Alle zum Einsatz gebrachten Technologien und Produkte wurden hinsichtlich ihrer Kosten bewertet.
Die größte Schwierigkeit des Projektes bestand in der Integration verschiedenster Plattformen und Tools zu einem funktionierenden Ganzen. Es mussten Schnittstellen geschaffen werden. Bewusst wollte das Projektteam auch bereits vorhandene Lösungen zum Einsatz bringen, sofern diese den technologischen Anforderungen entsprachen. Die führende Rolle sollte das SAP-ERP-System für das Asset Management übernehmen. Die größte Herausforderung stellte die Integration neuer Gerätegenerationen (Datenbrillen) und eigenentwickelter mobiler Apps in das unternehmenseigene Mobile Device Management und das Unternehmensnetzwerk dar.
Um den Compliance- und Security-Anforderungen bei maximalem Nutzungskomfort gerecht zu werden, mussten neue Lösungen entwickelt werden. Ferner galt es, Schnittstellen zu verschiedensten Systemen wie beispielsweise SAP, Software Inventory Empirum, Network Management Cisco Works oder der VMware vSphere zu schaffen. Mangels adäquater Standardschnittstellen, wurden diese selbst entwickelt. Zum Einsatz kommen verschiedene Systeme von ODBC/OLEDB-Datenbanken über eigenentwickelte Webservice-Techniken bis hin zu csv-Transfers für den Datenaustausch.
Dem Projekt lag ein agiler Projektansatz durch Verwendung der Kanban-Methodik zugrunde. Sobald die festgelegten Meilensteine erreicht waren, wurden interaktive Meetings mit Mitarbeitern unterschiedlichster Tätigkeitsbereiche aus den Bereichen Finance, Disposition, Feinfertigungsplanung oder Produktionsplanung organisiert. Die Beteiligten sollten das "look and feel" der eingesetzten Technologien erleben.
Ein weiteres Ziel war außerdem, rch die direkte Konfrontation mit dem bereits "Geschaffenen" im Fachbereich das Bewusstsein für die technischen Möglichkeiten zu schärfen, um einen Transfer auf zukünftige Use-Cases zu beflügeln. Um hierarchische Silos zu überwinden bzw. diese nicht erst entstehen zu lassen sollten "Betroffene zu Beteiligten" werden.
Der Business-Nutzen
Bisher manuell ausgeführte Prozessschritte werden mit "RAU-INVENTORY" automatisiert. Weil Prozesse weniger Zeit beanspruchen, lassen sich signifikant Kosten sparen. Mit dem neuen Verfahren kann der Inventurprozess der weltweit rund 50.000 IT-Assets mit einem Aufwand von 20 Personentagen erfolgen. Mit dem bisherigen manuellen Verfahren dauerte das rund 520 Personentage. Gleichzeitig konnte man die Fehlerquote, die durch manuelle Datenerhebung vorprogrammiert war, reduzieren.
Die teilautomatisierte Investitionsplanung durch Predictive Investmentplanning und automatisch generierte Reports wirken sich zudem äußerst positiv auf die Qualität des Datenbestandes aus. Und schließlich werden die Spezialisten innerhalb der Rehau-IT durch die Automatisierung entlastet und können sich umso mehr auf das Tagesgeschäft und insbesondere auf die proaktive Suche nach neuen Verbesserungspotenzialen konzentrieren.