Wollen Sie verstehen wie Quantum Computing wirklich funktioniert aber Sie können nicht programmieren und haben sich noch nie mit Quantenphysik beschäftigt? Dann führt Sie Chris Bernhardt verständlich in das Thema ein.
Was steckt hinter Quantum Computing?
Quantum Computing wird immer präsenter in den Medien. Oft wird dabei eine neue Ära des Computing mit gewaltigen Konsequenzen für die IT-Technologie angekündigt. Kürzlich hat Google die "Quantenüberlegenheit" verkündet. Mit diesem von John Preskill eingeführte Begriff wird eine Phase nach dem Zeitpunkt beschrieben, ab dem Quantencomputer etwas leisten können, wozu klassische Computer nicht in der Lage sind. Damit erreicht der Hype um das Quantencomputing einen neuen Höhepunkt, auch wenn Googles Behauptung von IBM angezweifelt wird.
Es ist also höchste Zeit, Quantencomputing zu verstehend. Entscheider werden zunehmend damit konfrontiert, die vielfältigen Chancen und Risiken der Technologie adäquat zu beurteilen. Die Hardware und auch die Software unterscheiden sich allerdings wesentlich von den klassischen Pendants. Daher fällt es oftmals auch erfahrenen IT-Experten schwer, die aktuelle Entwicklung und die Potenziale einzuordnen.
Oberstufenmathematik ist Voraussetzung
Das kürzlich in englischer Sprache erschiene Buch Quantum Computing for Everyone bietet einen sehr guten Einstieg, um die Theorie und Software des Quantum Computings zu verstehen. Dabei ist zu beachten, dass die Umsetzung der bereits jahrzehntealten Theorie erst in den letzten Jahren begonnen hat. Der praktische Einsatz ist noch sehr beschränkt und steht weiterhin vor einigen Herausforderungen.
Das Buch setzt zwar Mathematikkenntnisse auf Oberstufenniveau, aber weder Physik- noch Programmierwissen voraus. Dem Autor gelingt es, durch geeignete Vereinfachungen die Einstiegshürde deutlich zu senken und führt auch die notwendigen mathematischen Konzepte ein. Die quantenmechanischen Grundlagen sind bekanntermaßen nicht intuitiv zugänglich, sondern können nur mathematisch erschlossen werden. Wer Nutzen aus dem Buch ziehen will, muss daher die mathematischen Ausführungen konsequent nachvollziehen.
Fundiertes Verständnis der wichtigsten Themen
Wer das leistet, wird mit klaren und fundierten Erkenntnissen belohnt. Chris Bernhardt gelingt es, in kompakter und gut nachvollziehbarer Form alle wesentlichen Konzepte des Quantum Computing zu vermitteln. Im ersten Kapitel werden kurz Möglichkeiten zur Realisierung von Quantenbits (Qubits) - den Pendants zu klassischen binären Bits in einem Quantencomputer - mittels Elektronenspin und Photonenpolarisation dargelegt. Bereits hier zeigt sich, dass man seine Intuitionen hinter sich lassen sollte. Wer neugierig ist, kann dazu schon mal auf Youtube schauen.
Lesetipp: So bereiten Sie sich auf das Quantenzeitalter vor
Darauf folgend werden die mathematischen und quantenmechanischen Grundlagen geschaffen. Das mag mühsam sein, aber der Autor erklärt fundiert verwirrende und exotische Themen wie zum Beispiel:
Superposition;
Quantenverschränkung;
Quantenkollaps durch Messungen;
Superdense Coding;
Quantenteleportation;
das Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon.
Die Ausführungen zur "Bellschen Ungleichung" zeigen, dass Quantenmechanik keine einfachere Beschreibung mit klassischen Mitteln zulässt. Es wird gezeigt, dass die Quantenverschränkung keine Übermittlung von Information ermöglicht, insbesondere nicht schneller als Licht.
Auf Basis der Grundlagen werden Boolesche Logik, Reversible Computing und klassische Gates und Circuits eingeführt. Diese werden dann zu quantenmechanischen Gates und Circuits erweitert - den Programmierbausteinen für das Quantum Computing. Die wichtigsten Gates wie CNOT und Hadamard werden erläutert. Dann werden konkrete Algorithmen erläutert, wie etwa Shors Algorithmus, der die Sicherheit einiger bisheriger Verschlüsselungsverfahren gefährdet. Abschließend legt Bernhardt dar, dass klassisches Computing einen Spezialfall des Quantencomputings darstellt.
Gute Basis zum Weitermachen
Das Buch beschränkt sich auf seinen 216 Seiten bewusst auf die Theorie und geht nicht auf die Frage der praktischen Umsetzung ein. Dem Autor ist es gelungen, durch Vereinfachung und eine kompakte Darstellung die mathematischen Herausforderungen auf ein Minimum zu reduzieren.
Trotzdem werden alle relevanten Konzepte nachvollziehbar mathematisch fundiert. Wer vor ein bisschen Mathematik nicht zurückschreckt, findet hier einen sehr guten Einstieg. Mit weniger Mathematik werden viele der Konzepte nicht mehr erklärt werden können. Das Buch schafft eine gute Grundlage zur weiterführenden Lektüre - ein guter Einstieg um zum Beispiel hier weiterzulesen. Dazu wird dann allerdings im Allgemeinen mehr Mathematik notwendig. Wer möchte, kann auch erste Programmierversuche auf einem Google Simulator oder einem echten Cloud-Quantencomputer bei IBM starten.
Titel: Quantum Computing for Everyone |