Es gibt Gegenstände des täglichen Bedarfs, die möglichst zuverlässig sein sollen - Windeln zum Beispiel. Deshalb unternimmt der Konsumgüter-Gigant Procter & Gamble (P&G) auch diverse Anstrengungen, um zu gewährleisten, dass seine Pampers-Produktlinie diesem Anspruch jederzeit genügen kann. Das war allerdings nicht immer so: In der Vergangenheit musste der Konzern regelmäßig Tausende von Windeln entsorgen, die beim Herstellungsprozess beschädigt wurden. Um das abzustellen (und die Bilanz zu optimieren) beschloss der Konzern, auf Daten zu setzen.
"Wir haben Verlustquellen immer im Blick und suchen nach Optimierungspotenzial", konstatiert Jeff Krietemeyer, IT Senior Director of Global Baby Care Services & Solutions bei P&G. Gemeinsam mit seinem Team hat der IT-Manager Ende 2021 begonnen, eine Lösung zu planen, die kostspieligen Produktionspannen den Garaus bereiten sollte - insbesondere jenen, die die Windelproduktion plagten.
Das Projekt namens "Hot Melt Optimization" hat P&G im Jahr 2023 auch einen CIO 100 Award eingebracht - und wirkt sich tiefgreifend auf den Produktionsprozess aus.
Datengetriebene Windelanalyse
Dabei kommen eine proprietäre Methode zur Datenerfassung sowie Sensoren am Fließband zum Einsatz, um in Kombination mit Predictive Analytics und der Azure Cloud Produktionsfehler zu erkennen und zu verhindern. Das Ergebnis ist laut dem Unternehmen eine (nahezu) perfekte Windelproduktion: Seitdem die Lösung in elf Fertigungsstätten im Einsatz ist, konnte P&G seinen Windelausschuss um satte 70 Prozent reduzieren. Wie viel der Konzern damit pro Woche einsparen kann, dazu machen die Verantwortlichen keine konkreten Angaben - es soll sich jedoch um einen Betrag im siebenstelligen Bereich handeln.
Windeln werden aus Flusen, Kunststoffen, saugfähigem Granulat und elastischem Material hergestellt - bei den verschiedenen Aspekten des hochmechanisierten Herstellungsprozesses kommen unterschiedliche Techniken zum Einsatz, etwa Heißklebe- und Wärmebindungsverfahren. Das bietet Raum für Fehler: Heißkleber wird beispielsweise über ein automatisches Magnetventil hochpräzise freigesetzt, um sicherzustellen, dass die Schichten der Windel richtig miteinander verbunden sind. Stimmen Temperatur und Druck dabei nicht oder verstopft das Ventil (ohne dass das rechtzeitig erkannt und behoben wird), kommt es zu Ausschuss.
Um diese Probleme zu lösen, kooperierte P&G mit Microsoft: Der Konsumgüterkonzern nutzt nicht nur die IoT- und Edge-Analytics-Plattform der Redmonder, sondern auch die Azure Cloud sowie IoT-Sensoren, Edge Analytics und Machine-Learning-Modelle für seine Produktion. Die daraus erwachsene Plattform wurde zunächst neun Monate lang in einem ausgesuchten Werk getestet, bevor sie auf die Hälfte der Pampers-Fabriken in den USA ausgerollt wurde.
"Wir konnten die Kombination aus IoT- und Edge-Plattform, Sensoren und Edge-Analytics-Engine erfolgreich einsetzen, um Druck- und Temperaturanomalien sowie Probleme mit der Ventil-Hardware zu beheben, die bei der Windelherstellung auftreten können", resümiert Kietermeyer. Der IT-Entscheider fügt hinzu: "Die Daten werden in Analyseplattformen und einen intern entwickelten Code eingespeist, um Fehler oder Anomalien zu erkennen, die in Echtzeit korrigiert werden müssen - ohne die Produktion offline zu nehmen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Performance jeder Anlage das Level übertrifft, das sie vor der Einführung von Hot Melt Optimization erreicht hat."
Die dazu nötigen Daten werden mithilfe eines Broadcasting-Systems und einer Grafana-Vorabvisualisierung an das Edge-Analysemodell von Microsoft gestreamt. Sensor und Software können erkennen, ob etwas nicht in Ordnung ist und das Problem automatisiert lösen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in Predictive Analytics: Die Fertigungsspezifikationen von P&G werden kontinuierlich mit den eingehenden Daten auf regelbasierte Weise über die Edge-Analytics-Engine von Microsoft abgeglichen. Das hilft dabei, notwendige Korrekturen mehrere Stunden im Voraus zu erkennen.
"Wenn sich die Daten in eine ungünstige Richtung entwickeln, werden zukünftige Produktionsprobleme sichtbar", erklärt Kietermeyer. "Wir können das Problem also rechtzeitig angehen, bevor die Produkte tatsächlich außerhalb der Spezifikation liegen."
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.