Die Digitalisierung ist eine der wichtigsten strategischen Aufgaben für die Unternehmensführung der heutigen Zeit. Das Thema sorgt in der Praxis jedoch häufig für Stirnrunzeln - vor allem wenn die klaren Vorgaben fehlen. Das können umherirrende digitale Startups fernab der Unternehmenszentrale und ohne klaren Auftrag beziehungsweise klare Zielsetzung sein, oder auch die berühmte Digitale Agenda in Form einer teilweise sehr langen - aber unstrukturierten - Liste von Projekten.
Bei allem Digitalisierungs-Hype sollte jedoch eins klar sein: die Digitalisierung dient keinem Selbstzweck, sondern hat natürlich das Ziel die grundsätzlichen unternehmerischen Ziele zu unterstützen. Dabei ist es wichtig, auch diese im Kontext der Digital-Strategie zu beleuchten oder gegebenenfalls sogar anzupassen.
Die grundlegende Herausforderung bei der Digitalen Transformation ist auf keinen Fall ein Mangel an Ideen - die gibt es zahlreich in den Unternehmen. Problematisch sind vielmehr
die fehlende Ausgewogenheit beziehungsweise die Einseitigkeit der Themenfelder auf der digitalen Agenda,
die häufig unklare und intransparente Kommunikation der Digital-Strategie und
die falschen Methoden und Vorgehensweisen bei der Implementierung.
Hier wird dann häufig mit gesundem Halbwissen von Disruption, dem Silicon Valley, notwendiger Agilität und Konzepten wie Design Thinking oder dem Lean Startup Ansatz gesprochen. Natürlich sind diese Ansätze sehr sinnvoll, das steht für mich ausser Frage, allerdings können sie auch sehr schnell kontraproduktiv wirken. Vor allem, wenn Sie falsch implementiert werden oder schlichtweg nicht passen.
Ein wirksames Mittel sind konkrete und einfache Management-Tools, die bei der Formulierung, der Kommunikation und vor allem er Umsetzung der Digital-Strategie unterstützen.
So bauen Sie sich einen Digital Navigator auf
Natürlich sollten Unternehmen bei der Digitalisierung den Kunden in den Mittelpunkt stellen - aber bitte nicht nur ihn. Die regelmäßige Forderung nach Customer Centricity und Customer Journey ist natürlich meist richtig und sinnvoll - wenn auch mindestens genauso alt wie betriebswirtschaftliche Überlegungen an sich. Hier besteht jedoch häufig die Gefahr, dass man bei aller Kundenorientierung ganz schnell vergisst auch die eigenen Mitarbeiter abzuholen und auf die Reise mitzunehmen. Die Notwendigkeit das zu tun steht außer Frage - schließlich ist die Digitale Transformation eines der größten Change-Projekte unserer Zeit.
- Zwischendurch Luft schnappen
Da kann es schon für mehr Energie sorgen, zwischendurch kurz an die frische Luft zu gehen. Vielleicht lässt sich ein Meeting nach draußen verlegen. - Ein Kaffee zwischendurch
Wer keinen Kicker oder Sportangebote im Büro vorfindet, dem hilft vielleicht eine kurze Kaffeepause mit Kollegen, um anschließend motiviert und mit neuen Ideen an die Arbeit zu gehen. - Verabredungen am Feierabend
Wer tagsüber im Büro vom Biergartenbesuch träumt, sollte ihn für abends fest einplanen und sich mit Kollegen oder im Freundeskreis verabreden. Die Aussicht auf eine schöne Verabredung motiviert für den Tag. - Ablenkung mit Kollegen
Wer sich kurz mit Kollegen ablenkt - zum Beispiel am Tischkicker - ist danach oft motivierter. - Weg vom Schreibtisch
Besonders bei größeren Arbeitgebern gehören Sport- und Entspannugsangebote genauso dazu wie die Kantine. Sie helfen, danach ausgeglichener und motivierter an den Schreibtisch zurückzukehren. - Entspannung am Schreibtisch
Manchmal muss man für mehr Entspannung den Schreibtisch auch gar nicht verlassen: zum Beispiel für eine kurze Meditation oder wenn der Arbeitgeber einen Massagedienst anbietet. - Entspannung im Sitzen
Mancher entspannt auch lieber allein für einige Minuten und findet in einer Sitzsack- oder Sofaecke Erholung und Motivation für neue Aufgaben. - Eiskalte Motivation
Auch die Aussicht auf ein Eis in der Mittagspause oder nach Feierabend kann die Motivation steigern. - Motivation am Nullpunkt
Gerade wenn es draußen wärmer wird, leidet häufig die Motivation der Mitarbeiter, die gedanklich schon die Füße im Badesee baumeln lassen.
Ausserdem sollten Unternehmen sich auch auf die Suche nach Chancen für komplett neues Geschäft machen. Neue Geschäftsmodelle müssen bei allem Digitalsierungs-Hype übrigens nicht immer disruptiv sein.
Das heißt, ein Digital Navigator besteht idealerweise aus 3 Dimensionen:
die kundenspezifische Digitalisierung,
die organisationsspezifische Digitalisierung und
die geschäftsmodellspezifische Digitalisierung.
Im Bereich der kundenspezifischen Digitalisierung geht es vor allem um Produktverbesserungen durch die Vernetzung von Maschinen, den Aufbau neuer digitaler Kommunikationskanäle durch die Einführung eines modernen Customer-Relationship-Management Systems oder die Implementierung direkterer und schnellerer Distributionskanäle. Im Kern zielen diese Maßnahmen auf die Schaffung eines zusätzlichen Kundennutzen und damit auf höhere Umsätze ab.
Im Bereich der organisationsspezifischen Digitalisierung liegt das Optimierungspotential oft auf der Hand: insbesondere durch die Automatisierung von Routineaufgaben oder die Verwendung von Cloud-Technologie können Prozesse beschleunigt und die Effizienz gesteigert werden. Nicht zuletzt geht es hier aber vor allem auch um ein verbessertes Wissens- und Informationsmanagement. Vor allem hiermit schaffen Unternehmen die notwendige Daten-Basis für die Entwicklung von neuen Geschäftsideen und echter Geschäftsmodell-Innovation.
Genau darauf zielt der Bereich der geschäftsmodellspezifischen Digitalisierung ab: während ein Unternehmen bei der kunden- und organisationsspezifischen Digitalisierung nahe am bestehenden Geschäftsmodell ist, sollte es in einem dritten Bereich bewusst über den Tellerrand hinausschauen. Nur so kann es sich vor einer gegebenenfalls drohenden Disruption des eigenen Marktes schützen. Hier geht es dann vor allem um die Entwicklung neuer - meistens softwarebasierter und datengetriebener - Geschäftsmodelle und sogenannter Blue Ocean Strategien.
Lesetipp: Techniken und Methoden - Was ist was im Innovation Management?
So setzen Sie Ihren Digital Navigator richtig ein
In der Praxis hat es sich bewährt, den Digital Navigator als Canvas-Modell aufzubauen. Der Vorteil: mit solchen Modellen können Sie gut in der Gruppe arbeiten und schaffen es so, dass alle wichtigen Stakeholder abgeholt werden und die gleiche Sprache sprechen. Der im strategischen Management wohl bekannteste Vertreter ist hier sicherlich das Business Modell Canvas. An diesem können Sie sich auch für Ihren Digital Navigator orientieren.
Auf diese Weise können Sie diesen entlang des kompletten Strategie-Prozesses einsetzen. Also auch schon bei der strategischen Planung der Bereiche, in denen im Unternehmen die digitale Innovation stattfinden soll. Der Vorteil: indem Sie bereits zu Beginn der Planung eine 360° Perspektive einnehmen und die einzelnen Ideen differenziert nach den oben angegebenen drei Bereichen clustern, wird Ihre Digital-Strategie automatisch ausgewogen.
Nach der Planung sollten Sie sich dann um die "weißen Flecken" auf der Digital-Landkarte kümmern. Hier hilft der Digital Navigator im Sinne eines strategischen Radars bei der strategischen Analyse von Märkten und Wettbewerbern und bei der Visualisierung von Trends.
Für die Strategieimplementierung sollten Sie dann schrittweise vorgehen, sonst besteht die Gefahr der Überforderung der Organisation. Im ersten Schritt gehen Sie die kunden- und organisationsspezifischen Digitalisierungsthemen an. Hier findet inkrementelle Innovationen nahe am Kerngeschäft statt.
Lesetipp: Wie Unternehmen Kerngeschäft und Wettbewerbsvorteile schützen können
Für diese Initiativen muss das Unternehmen nicht zwangsweise agil sein - oft sind hier die etablierten Prozesse zielführender. Da die Produkt- und Service-Innovationen hier oft inkrementell und sehr nahe am bestehenden Geschäftsmodell angesiedelt sind, sollten Sie sich keine Fehler erlauben die ihr Kerngeschäft in Gefahr bringen. Die Hierarchie ist und bleibt hier die effizienteste Organisationsform. Dementsprechend sollten Sie hier auf eine funktionierende Hierarchie setzen - wenn auch so flach wie möglich! Bei den internen organisationsspezifischen Themen darf es dann schon etwas mehr Agilität sein.
- Falle 1: Die Wichtigkeit der Antrittsrede unterschätzen
Es ist hilfreich, die Mannschaft zu einem Come together einzuladen und sich noch einmal offiziell vorzustellen. In einer kurzen Rede sollte man zum einen etwas über sich samt Werdegang erzählen und zum anderen bereits einen Einblick in den Führungsstil sowie Werte und Ziele geben. - Falle 2: Sofort alles auf den Kopf stellen
Neue Führungskräfte verfallen wegen der hohen Erwartungshaltung häufig in blinden Aktionismus. Es ist besser, die ersten Wochen für Mitarbeitergespräche zu nutzen. So bekommen Sie einen Überblick über Erwartungen, Aufgaben, Zusammenarbeit, Prozesse und mögliche Knackpunkte. Erst nach der Bestandsaufnahme sollten Veränderungen unter Einbindung der Mitarbeiter angestoßen werden. - Falle 3: Von Mitarbeitern instrumentalisieren lassen
Kommt eine neue Führungskraft, tendieren Mitarbeiter gerne dazu, sie für ungeklärte und unbefriedigende Belange einzuspannen, damit sie sich für diese Anliegen gegenüber Dritten starkmacht. Aber hier ist Vorsicht geboten, weil oft nur die subjektive Wahrnehmung ans Licht kommt. Man sollte also keine Versprechungen machen und voreiligen Entscheidungen treffen, sondern sich zunächst einen umfassenden Eindruck über den Status quo und über Verantwortlichkeiten verschaffen. - Falle 4: Intensive Freundschaften mit Mitarbeitern eingehen
Entwickeln sich Freundschaften zu einzelnen Kollegen, sollte man hinterfragen, welchen Einfluss die Beziehung auf das Tagesgeschäft im Unternehmen hat und welchen Eindruck Kollegen und Vorgesetzte bekommen, wenn sie von der Freundschaft erfahren. Zum Schutz von Führungskraft und Mitarbeiter ist es daher sinnvoll, ausreichend Distanz zu wahren. - Falle 5: Recht behalten und Fehler nicht eingestehen
Fehler einzugestehen und Kritik von Mitarbeitern anzunehmen wird oft als Führungsschwäche ausgelegt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Wahre Größe und Kompetenz beweist, wer offen für berechtigte Kritik ist und gegebenenfalls eine Entscheidung rückgängig macht. So gewinnt man als Vorgesetzter Glaubwürdigkeit und Vertrauen. - Falle 6: Konflikten aus dem Weg gehen
Harmoniebedürftige Führungskräfte sind meist auch konfliktscheu. Sie hoffen insgeheim, dass sich Probleme von selbst lösen, und sprechen Missstände oft viel zu spät an. Ob Fehlverhalten von Mitarbeitern oder Konflikte im Team - Sie sollten Erwartungen frühzeitig nennen, immer konstruktives Feedback geben und rechtzeitig nachsteuern. Klarheit in der Führung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Und Klarheit und Freundlichkeit schließen sich nicht aus. - Falle 7: Immer eine offene Tür haben
Eine Aussage wie "Sie können jederzeit zu mir kommen" ist fatal. Der Grund: Ungeplante Gespräche bringen den Tagesablauf durcheinander und reißen die Führungskraft bei ihrer jeweiligen Aufgabe aus der Konzentration. Soll heißen: Führen "zwischendurch" ist nicht ratsam. Nehmen Sie sich nach Abstimmung ungeteilte Zeit für Mitarbeitergespräche. - Falle 8: Experten im Fachwissen übertreffen wollen
Es ist ein Trugschluss, als Führungskraft zu glauben, auf jede fachliche Frage eine Antwort haben zu müssen oder jedes Problem lösen zu können. Dafür sind die Fachleute zuständig, nämlich die Mitarbeiter mit ihrem entsprechenden Fachwissen. Der Job des Vorgesetzten ist primär, Führungs- und Steuerungsaufgaben wahrzunehmen. Wer sich als Chef dennoch dafür verantwortlich fühlt, wird schnell zum "Obersachbearbeiter". Tipp: Delegieren Sie, damit Sie Freiräume gewinnen und Ihre Ziele erreichen.
Im zweiten Schritt, können Sie die geschäftsmodellspezifischen Digitalisierungsthemen angehen. Hier geht es um disruptive Innovation und im Kern auch um die Schaffung einer komplett anderen Fehlerkultur. Für diese Themen ist Agilität und eine datengetriebene sowie eher explorative - Herangehensweise gefordert. Hier sollte Ihr Management-Stil eher offen und kollaborativ sein. Vernetzen Sie sich intern aber auch externen im Sinne des Open Innovation um diese Herausforderungen anzugehen. Die (Organisations-)Struktur der Wahl ist hier nicht die Hierarchie, sondern das Netzwerk; und Fehler sind hier übrigens erwünscht ("fail fast, fail cheap").
Dieser Pfad unterstreicht die zeitliche Abfolge. Zunächst schaffen Sie die interne beziehungsweise technologische Basis für weitere digitale Innovationen und dann widmen Sie sich dem Aufbau neuer Geschäftsmodelle. Das heißt: während Sie am Anfang gezielt auf Quick Wins setzen sollten, gehen Sie im zweiten Schritt die fundamentale Erneuerung des Geschäfts an.
Übrigens hat sich der Aufbau eines Digital Navigators auch für das operative Management bewährt. In erster Linie als Instrument zur klaren Visualisierung und Kommunikation der konkreten Inhalte der Digital-Strategie eines Unternehmens - aber auch zur oben skizzierten Ableitung der geforderten Führungs- und Organisationskultur.