Equideum Web3-Plattform

Organisierter Gesundheitsdatenhandel

05.04.2022
Von 
Lucas Mearian ist Senior Reporter bei der Schwesterpublikation Computerworld  und schreibt unter anderem über Themen rund um  Windows, Future of Work, Apple und Gesundheits-IT.
Equideum Health und Nokia wollen eine App entwickeln, die es Patienten ermöglicht, ihre Gesundheitsdaten an Forschungsinstitute zu verkaufen.
Patienten sollen ihre Gesundheitsdaten künftig über die Blockchain-Plattform von Equideum verkaufen können.
Patienten sollen ihre Gesundheitsdaten künftig über die Blockchain-Plattform von Equideum verkaufen können.
Foto: JLStock - shutterstock.com

Die Blockchain-Spezialisten von Equideum Health und Nokia haben Pläne angekündigt, einen SaaS-Marktplatz aufbauen zu wollen. Die dezentrale Börse auf Blockchain-Basis soll es Patienten ermöglichen, ihre persönlichen Daten zu wissenschaftlichen Zwecken zu verkaufen. Die Kunden für solche Gesundheitsdaten könnten beispielsweise aus der Pharma- oder Life-Science-Branche kommen.

Bezahlt werden die Patienten, die ihre Daten zur Verfügung stellen, über das (Ethereum-)Blockchain-Netzwerk von Eqideum - und zwar in Form von Kryptowährungen, die an den Dollar geknüpft sind oder Stablecoins.

Paradigmenwechsel bei (US-)Patientendaten

"Die Life-Science-Branche würde nur zu gerne auf diese Daten zugreifen", weiß Jeffrey Smith, Research Director bei Gartner mit Life-Science-Fokus. Viele Pharma- und Life-Science-Unternehmen - vor allem in den USA - bauten heute ihre eigenen Datenbanken mit Gesundheitsdaten auf. Dabei würden sie vor allem auf den direkten Kontakt zu Patienten, Healthcare-Dienstleistern oder Versicherungsträgern setzen, so Smith. Diese Patientendaten würden tokenisiert oder anonymisiert, so dass sie nur schwierig mit dem Patienten in Verbindung gebracht werden können, der sie zur Verfügung gestellt hat. Nur so ließen sich regulatorische Anforderungen wie sie etwa HIPAA in den USA aufwerfe, einhalten.

"Die SaaS-Plattform von Equidium Health ist insofern relativ ungewöhnlich, als sie den Patienten, die die Daten zur Verfügung stellen, fein abgestufte Rechte einräumt und ihnen ermöglicht, eine zeitliche Begrenzung für die Nutzung der Daten festzulegen," erklärt der Gartner-Analyst. "Ansonsten geben die Patienten meist pauschale Einwilligungserklärungen ab", stellt Sean Manion, Chief Scientific Officer bei Equideum Health, die Vorteile der neuen Plattform heraus. "Diese oft einmalige Einwilligung deckt in der Regel alle Nutzungszwecke ab, sobald die Daten anonymisiert sind."

Healthcare- und Patientendaten werden von Life-Sciences-Unternehmen unter anderem dazu verwendet, neue Medikamente zu entwickeln oder Arzneimittelstudien zu planen. Inzwischen ist in den Staaten eine Multi-Milliarden-Dollar-Branche um diese Daten herum entstanden. Die Unternehmen in diesem Bereich - etwa Iqvia, Optum oder Symphony Health, profitieren vom Verkauf der Gesundheitsdaten, während die Menschen, von denen sie stammen, keinerlei Kontrolle über die Verwendung der Daten haben oder dafür entschädigt werden.

Eine Web3-Plattform für Patientendaten

Die Blockchain als Plattform zum Verkauf von Gesundheitsdaten zu nutzen, ist allerdings keine neue Idee: Im Jahr 2018 entwickelte das Startup Hu-manity.co gemeinsam mit IBM einen elektronischen Ledger, der Verbrauchern den kryptografischen Schlüssel für den Zugriff auf ihre persönlichen Daten zur Verfügung stellt und es ihnen ermöglicht, den spezifischen Nutzungszweck zu kontrollieren - und ihnen letztendlich auch ermöglicht, davon zu profitieren.

Der Unterschied: Die Plattform von Equideum baut auf Web3 auf. Im Gegensatz zu Web 2.0, das durch zentralisierte Hosting-Dienste definiert ist, ist Web3 eine neue Iteration des World Wide Web, die auf einer Peer-to-Peer-Infrastruktur (Dezentralisierung) und einer Token Economy basiert. "Die Nutzer besitzen ihre eigenen Daten, Identitäten, Inhalte und Algorithmen und können die von ihnen verwendeten Blockchain-Protokolle über Governance-Tokens steuern. Nutzer beteiligen sich als 'Aktionäre', indem sie die Token oder Kryptowährungen der Protokolle besitzen", schreibt Avivah Litan, Analystin bei Gartner, in einem Blogbeitrag.

Equideum selbst nennt seine Netzwerke für Gesundheitswesen und -forschung "Data Integrity and Learning Networks" (DILNs). Diese zeichnen sich durch Self-Sovereign Identity, granulare, überprüfbare Einwilligungen und Datenschutzbeschränkungen (sowohl für Unternehmens- als auch für individuelle Datensilos) aus. Da die Weitergabe von Gesundheitsdaten an Dritte aus Perspektive der Cybersicherheit enorme Risiken mit sich bringt, setzt Equideum Health nicht auf ein typisches Data Warehouse: Stattdessen werden die Patienteninformationen getrennt von anderen Daten in einem dezentralen Peer-to-Peer-Netzwerk gespeichert. "Ein Angreifer kann so nur auf einen einzigen Data Store zugreifen", erklärt Heather Flannery, Gründerin und CEO von Equideum. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.