EU-Kommission

Online-Händler dürfen Kunden nicht benachteiligen

29.10.2015
Im Internet schnell ein Ticket fürs Pariser Disneyland kaufen - das ist praktisch. Doch beim Shoppen im Ausland müssen Verbraucher oft mehr zahlen. Die EU-Kommission will, dass dies ein Ende hat. Ihre Binnenmarktstrategie betrifft auch den Zugang zu Berufen.

Unternehmen sollen Online-Kunden nicht mehr je nach EU-Land grundsätzlich unterschiedliche Preise abverlangen dürfen. Dieses Ziel nennt die EU-Kommission in ihrer am Mittwoch in Brüssel vorgestellten Binnenmarktstrategie. Verbraucher sollen demnach grenzüberschreitend die gleichen Einkaufsbedingungen und Lieferkonditionen erhalten. Ausnahmen dürfe es nur bei "objektiven Gründen" wie etwa unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen oder Lieferkosten geben.

Wie aus Kommissionskreisen verlautete, soll die Praxis enden, dass ein deutscher Kunde etwa beim Onlinekauf für ein Ticket des Pariser Vergnügungsparks Disneyland mehr zahlt als ein belgischer oder französischer Kunde. Die EU-Behörde geht schon länger solchen Beschwerden nach, die Verbraucher häufig "über ungerechtfertigte unterschiedliche Behandlung aufgrund der Nationalität oder des Wohnorts" in Brüssel einreichten, schrieb die EU-Kommission.

Im Online-Handel spielt allerdings nicht nur die Herkunft der Käufer bei einer intransparenten Preisfindung eine Rolle. So weisen Shopping-Apps für Nutzer unterschiedlicher Smartphone-Systeme manchmal auch verschiedene Preise aus, obwohl beim gleichen Händler bestellt wird. User, die auf ein Werbebanner geklickt haben, bekommen ein anderes Preisschild zu sehen als andere Anwender.

Die EU-Kommission will ihre Gesetzesvorschläge im kommenden Jahr vorlegen. Dies soll das Wachstum ankurbeln. EU-Vizekommissionschef Jyrki Katainen sagte: "Die weitere Stärkung und Vertiefung des EU-Binnenmarktes ist die wichtigste Komponente der Investitionsoffensive für Europa."

Teil des Maßnahmenpakets ist auch, dass die EU-Kommission nationale Zugangshürden für freie Berufe abbauen will. 2016 solle der Zugang zu Berufen wie Anwalt, Architekt, Ingenieur und Makler geöffnet werden, hieß es. Die EU-Behörde will den Staaten Reformen auftragen. Allerdings betonte die EU-Behörde, dass sie keine Regeln für Berufe aufstellen könne - dies sei allein nationale Sache.

In Europa gibt es laut EU-Kommission derzeit 5000 freie Berufe und der Schutz bestimmter Berufsgruppen ist in den EU-Ländern ganz unterschiedlich. So gebe es für Friseure und Kosmetiker in manchen Ländern überhaupt keine Vorgaben für den Berufszugang, in anderen seien drei Jahre Berufsschule vorgeschrieben. Damit Berufstätige in verschiedenen EU-Ländern leichter arbeiten können, will die EU-Kommission einen "Dienstleistungsausweis" einführen, der Dokumente und Informationen enthält, damit nicht in jedem Land erneut umfangreiche Formulare ausgefüllt werden müssen.

Aus Deutschland kam Kritik. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) wertet den Vorstoß "als Frontalangriff auf deutsche Berufs- und Qualitätsstandards, der gerade in so sensiblen Bereichen der Freien Berufe wie den Heilberufen massive negative Auswirkungen haben kann."

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte, Deutschland werde auf eine "ausgewogene Balance der Vorschläge" drängen: "Notwendige nationale Regelungen, etwa zur Qualitätssicherung, dürfen nicht in Frage gestellt werden."

Die EU-Kommission versuchte die Sorgen zu zerstreuen. Brüssel wolle weder die duale Ausbildung noch die deutsche Handwerksordnung oder den "Meisterbrief" antasten: "Die EU-Kommission will auf keinen Fall geltende Standards und die Qualität herabsetzen." (dpa/tc)