CeBIT 2016 Global Conferences

Oettinger für "digitale Union" über EU-Grenzen hinweg

14.03.2016
Das gemeinsame digitale Europa sollte nach Ansicht von EU-Kommissar Günther Oettinger über die Grenzen der europäischen Union hinausreichen.

Die "Europäisierung der Digitalpolitik" könne nicht nur die 28 EU-Mitgliedsländer umfassen, sagte Oettinger auf der Technologiemesse CeBIT. "Norwegen, der West-Balkan, die Schweiz, die Ukraine - wir brauchen sie alle." Schließlich würden zum Beispiel vernetzte Autos in Zukunft "von Lissabon bis Moskau" unterwegs sein. "Deswegen laden wir alle unsere Partner in den Nachbarländern ein, beim europäischen digitalen Binnenmarkt mitzumachen." Es gehe um eine "digitale Union".

Podiumsdiskussion auf der CeBIT 2016 zum Thema Digitaler Binnenmarkt.
Podiumsdiskussion auf der CeBIT 2016 zum Thema Digitaler Binnenmarkt.

Im Zuge der Digitalreformen müsse unter anderem die Frage beantwortet werden, ob europäische Regeln für Dateneigentum sowie eine generelle Regulierung von Online-Plattformen nötig seien. "Oder ob man sich weiterhin bei einzelnen Beschwerden um einzelne Unternehmen und deren Dienste kümmern kann", sagte Oettinger mit Blick auf das seit Jahren laufende EU-Wettbewerbsverfahren gegen Google. Europa stehe erst am Anfang juristischer Debatte, die sich aus der Digitalisierung ergäben, betonte er. Oettinger ist in der Kommission für Digitalpolitik zuständig.

Digitaler Binnenmarkt: Europäisches Framework für Unternehmen

An der Podiumsdiskussion mit EU-Kommissar Oettinger nahmen zahlreiche Vertreter der IT-Branche teil: Microsofts Deutschland-Chefin Sabine Bendieck und Martina Koderitz, Vorsitzende der Geschäftsleitung von IBM Deutschland, waren ebenso mit von der Partie wie Karl-Heinz Streibich, CEO der Software AG und Helmut Fallmann, Mitglied des Vorstandes beim österreichischen Software-Hersteller Fabasoft. Auch Gerard de Graaf, Direktor der EU-Kommission, nahm an der Diskussion teil.

Letztgenannter forderte auf EU-Ebene ein zukunftsgewandtes, rahmengebendes Regulatorium, in dem Unternehmen agieren können. Die Einführung und Etablierung solcher gesamteuropäischer Standards könne den Standort Europa immens stärken. Dabei solle Europa insbesondere auf seine Kompetenzen in Sachen Datenschutz und -sicherheit aufbauen, so de Graaf. Die Regulatorien auf EU-Ebene sollten dabei so gestaltet werden, dass sie Innovation ermöglichen und nicht hemmen.

Europa braucht den Digitalisierungs-Turbo

Auch die Vetreter der IT-Branche waren sich einig, dass der digitale europäische Binnenmarkt einheitliche Rahmenbedingungen braucht, damit europäische Unternehmen eine ähnlich disruptive Wirkung entfalten könnten, wie die bekannten US-Vorbilder. Microsoft-Chefin Bendieck sagte, der Digitale Binnenmarkt müsse eher global, denn ausschließlich auf europäischer Ebene betrachtet werden. Als Motor der Digitalisierung bezeichnete sie das Internet of Things. Als größtes Hemmnis für den Markt bezeichnete Bendieck das fehlende Vertrauen - insbesondere kleinerer und mittlerer Unternehmen - wenn es um die Themen Datenschutz und -sicherheit geht. Problematisch sei bezüglich eines politischen Regulatoriums, dass die Innovationszyklen innerhalb des digitalen Marktes so kurz seien, dass die Politik schlicht nicht hinterherkomme: "Wenn politischer Konsens hergestellt ist, ist die Innovation längst weitergezogen."

Martina Koederitz, Vorsitzende von IBM Deutschland, betonte, dass man bei der Diskussion zwischen den Bereichen B2B und B2C unterscheiden müsse. Oberstes Ziel müsse es allerdings sein, den Menschen digitale Kompetenz zu vermitteln. Dem schloss sich auch Karl-Heinz Streibich von der Software AG an. Die Unterscheidung zwischen B2B und B2C sei in diesem Zusammenhang wichtig, da beide Bereiche "von ihren eigenen Egoismen" getrieben werden. Allerdings sei das "Internet der Industrien" maßgeblich für den Fortschritt der Digitalisierung mitverantwortlich.

Das Fazit der Veranstaltung: Digitale Innovation muss in allen Bereichen deutlich an Geschwindigkeit gewinnen und erfordert Umdenken - nicht nur in Unternehmen! (dpa/fm)