EU-Energieeffizienzrichtlinie

Nur jedes dritte Rechenzentrum ist EED-ready

08.12.2023
Von 


Maria Korolov berichtet seit über zwanzig Jahren über aufstrebende Märkte und Technologien. Sie schreibt für die US-amerikanische IDG-Publikation CSO.
Die EU-Energieeffizienzrichtlinie erhöht den Druck auf Unternehmen, effizientere Server-, Storage- und Reporting-Lösungen im Rechenzentrum einzusetzen. Passiert ist bislang allerdings (viel zu) wenig, wie aktuelle Daten zeigen.
Können Sie der EU-Energieeffizienzrichtlinie gelassen entgegensehen?
Können Sie der EU-Energieeffizienzrichtlinie gelassen entgegensehen?
Foto: Gorodenkoff | shutterstock.com

Im Mai 2024 tritt die neue, europäische Energieeffizienzrichtlinie (PDF) in Kraft. Gemäß der neuen Regulierung, die auch unter der Bezeichnung Energy Efficiency Directive (EED) geführt wird, müssen Betreiber von Rechenzentren mit einer (installierten) IT-Kapazität ab 500 Kilowatt Rechenschaft über ihre Energie-Performance ablegen. Der Stichtag für den Report über das Jahr 2023 ist der 15. Mai 2024. Die EU-Regulatoren erwarten in diesem Rechenschaftsbericht unter anderem Informationen zu:

  • Leistungsaufnahme und Energieverbrauch,

  • ein- und ausgehendem Datenverkehr,

  • insgesamt verarbeiteten und gespeicherten Datenmengen,

  • Temperatur-Soll- und Ist-Werten,

  • Abwärmenutzung und

  • dem Einsatz erneuerbarer Energien.

Wie eine aktuelle Umfrage des Uptime Institute zeigt, wird dieses Reporting zahlreiche europäische Unternehmen vor Probleme stellen: Demnach sind zwei Drittel der Data-Center-Betreiber aktuell nicht in der Lage, die geforderten Statistiken zu Kapazität und Nutzung zu liefern.

EED-Readiness lässt zu wünschen übrig

Die wesentlichen Erkenntnisse von Uptime auf einen Blick:

  • Insgesamt sind nur 30 Prozent der Unternehmen auf die EU-Energieeffizienzrichtlinie vorbereitet.

  • Weitere 15 Prozent könnten in drei bis sechs Monaten bereit sein, 29 Prozent in einem Jahr.

  • Allerdings werden 27 Prozent frühestens in zwei Jahren so weit sein.

  • Nur 19 Prozent der europäischen Rechenzentren erfassen Statistiken über die Servernutzung.

  • Lediglich 29 Prozent der Rechenzentren verfügen überhaupt über ein Data-Management-System, das die von der EED geforderten Informationen erfassen kann.

Jay Dietrich, Forschungsdirektor für Nachhaltigkeit beim Uptime Institute, rechnet mit Schwierigkeiten: "Die geforderten Informationen zu sammeln, ist vor allem in Colocation-Umgebungen eine Herausforderung. Die Anbieter sind diesbezüglich auf ihre Kunden angewiesen. Das dürfte in den ersten Jahren zum Problem werden." Der Experte geht deshalb davon aus, dass die meisten Betreiber von Rechenzentren darauf ausweichen müssen, ihre Statistiken zu schätzen: "Die Branche arbeitet bereits an entsprechenden Tools, um in einem ersten Schritt zumindest eine ungefähre Einschätzung zu Kapazität und Nutzung abgeben zu können."

Dabei birgt es laut Dietrich weitere Vorteile für Unternehmen, die im Rahmen der EED geforderten Informationen zu erfassen: "Anhand dieser Daten können Sie Teile Ihrer Infrastruktur untersuchen und feststellen, ob es verbesserungswürdige Bereiche gibt, etwa bezüglich Auslastung oder Energiemanagement. Darüber hinaus können die Daten, die für die Energieeffizienzrichtlinie erfasst werden, auch dabei helfen, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und so Ausfälle zu verhindern."

Lückenbehaftetes Reporting

Der Uptime-Experte kritisiert jedoch auch die Energieeffizienzrichtlinie der EU - zum Beispiel (aber nicht nur), weil sie Netzwerk-Equipment nicht berücksichtige: "Die EED deckt nur CPUs und Storage Devices ab. Bislang ignorieren die Regulierungsbehörden Netzwerkausrüstung, weil sie nur einen kleinen Prozentsatz der gesamten installierten Basis ausmacht. Wenn es um die neuesten Chips geht - etwa GPUs und andere Beschleuniger für KI-Workloads, sieht die Sache noch einmal ganz anders aus: Es gibt hierfür noch keine qualitativ guten Leistungsbenchmarks, um deren Kapazität zu erfassen."

Doch selbst wenn es um Server geht, sieht Dietrich Mängel bei den Standards zur Kapazitätsmessung: "Auf den ersten Blick sieht das einfach aus. Ist es aber nicht, weil es diverse Branchen-Benchmarks gibt. Das wird zu chaotischen Zuständen führen. Gleiches gilt für den Bereich Storage Equipment - auch hier muss ein Standard erst noch erarbeitet werden."

Lediglich wenn es darum geht, IT-Devices zu inventarisieren, sieht Dietrich keine großen Hindernisse. Das liege im Wesentlichen daran, dass DCIM- und ITIM-Plattformen weit verbreitet seien und Unternehmen dabei unterstützen könnten, ihre Server- und Storage-Devices zu tracken: "Es gibt auch Inventarisierungssysteme, die automatisch Bestandsinformationen sammeln. Deren Software durchsucht Ihr gesamtes Netzwerk, identifiziert die Anlagen und erfasst die Daten für Sie." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Network World.