Das Open-Source-Netzwerkbetriebssystem (NOS) Software for Open Networking in the Cloud (SONiC) wird nicht nur von Startups unterstützt, sondern auch für die großen Netzwerkanbieter immer interessanter. Das Linux-basierte SONiC entkoppelt die Netzwerksoftware dabei von der zugrundeliegenden Hardware und lässt sie auf Hunderten von Switches und ASICs verschiedener Anbieter laufen. Parallel wird eine ganze Reihe von Netzwerkfunktionen unterstützt, etwa Border Gateway Protocol (BGP), Remote Direct Memory Access (RDMA), QoS und Ethernet/IP.
SONiC wurde ursprünglich von Microsoft entwickelt und in Open-Source-Form zur Verfügung gestellt. Im April 2022 übergab Microsoft das Projekt schließlich an die Linux Foundation und ihre mehr als 450.000 Entwickler. Die Anbietergemeinschaft hinter SONiC wächst stetig. Bislang gehören folgende Netzwerk-Companies dazu:
Dell,
Arista,
Nokia,
Alibaba,
Comcast,
Cisco,
Broadcom,
Juniper Apstra,
Edgecore,
Innovium,
Nvidia-Mellanox,
Celetica und
VMware.
"Die SONiC-Akzeptanz wird in den kommenden Jahren deutlich schneller wachsen als der Gesamtmarkt", kommentiert Alan Weckel, Analyst bei der 650 Group. Die Analysten gehen davon aus, dass der weltweite SONiC-Umsatz bis zum Jahr 2026 mehr als fünf Milliarden Dollar betragen wird. "Dabei werden wir zwei Ansätze für SONiC sehen", prophezeiht der Analyst: "Der erste, häufigere Ansatz wird sein, dass Unternehmen SONiC in Kombination mit Boxen von Arista, Cisco, Dell und Juniper einsetzen, um das System auszuprobieren, ohne dabei größere Risiken einzugehen."
Bei der zweiten Variante handle es sich laut Weckel um eine reine SONiC-Lösung, die auf White-Box-Switches installiert wird und das bestehende Netzwerk durch Software for Open Networking in the Cloud ersetzt: "Das könnte ein echter Ersatz für Hersteller-gebrandete Infrastrukturen sein", meint der Analyst. "SONiC enthält jedoch viele Cloud-Automatisierungs-Komponenten, die Unternehmen nutzen können, um die Lösungen anderer Anbieter zu ergänzen. Deshalb wird sich erstgenannter Ansatz auch durchsetzen."
Startups treiben SONiC
Die Startups Aviz Networks und Hedgehog haben die Dynamik von SONiC in den letzten Monaten weiter befeuert - insbesondere mit dem Versprechen, NOS-Support auf Enterprise-Level zu realisieren. Im September 2022 brachte Aviz seine Open Networking Enterprise Suite (ONES) auf den Markt - die laut Hersteller erste Software-Suite, um SONiC-Netzwerke zu managen und zu supporten. Vishal Shukla, Mitbegründer und CEO von Aviz erklärt: "Die Idee hinter ONES ist es, Unternehmenskunden erstmals Tools zur Verfügung zu stellen, die sie für Multi-Vendor-Orchestrierung, Transparenz, Sicherheit und 24x7-Support in einem SONiC-Netzwerk nutzen können."
Über seinen SONiC-basierten Controller unterstützt ONES nach Angaben des Herstellers Zero-Touch-Provisioning und Konfigurationsvalidierung. Darüber hinaus umfasse das System auch Konfigurations-Templates für SONiC und bringe Support für eine Reihe von Netzwerktechnologien wie EVPN, VxLAN und BGP mit, so der CEO. "ONES stellt das Hardware- und Softwareinventar eines Netzwerks zusammen, indem es Telemetriedaten von Switches sammelt. Es unterstützt Hersteller-NOSs wie NVIDIA Cumulus Linux, Arista EOS und Cisco NX-OS sowie Switches, die Standard-OpenConfig-Telemetrie verwenden. Wir können dann den Netzwerk-Traffic und die Performance-Metriken einsehen sowie Anomalien erkennen und Warnungen ausgeben", wirbt Shukla für seine Lösung.
Das Startup Hedgehog zielt seinerseits ebenfalls auf Großunternehmen ab - mit einer Lösung, um Kubernetes Container in SONiC-Umgebungen zu supporten und zu managen. Mark Austin, Gründer und CEO von Hedgehog, erklärt: "Unser Ziel ist es, Cloud Native Workloads über eine offene Netzwerkstruktur an jedem beliebigen Ort so einfach wie möglich verfügbar zu machen - ähnlich einfach, wie Deployment heute bei AWS oder Google Cloud geht." Den Kunden verspricht Austin, dass sie die für ihre Workloads optimale Bereitstellungsarchitektur wählen und sich so aus Vendor-Lockin-Situationen im Netzwerkbereich befreien könnten. "Dabei automatisieren wir vollständig mit Kubernetes - Unternehmen können also bestehende Cloud-native Infrastrukturen, Prozesse und Tools nutzen", beschreibt der Manager seinen Ansatz.
Im Kern der Hedgehog-Lösung steht dabei eine SONiC-basierte Kubernetes-Kontrollebene, wie Mike Dvokrin, CTO von Hedgehog beschreibt: "Unsere Lösung bereingt SONiC, modularisiert es und macht es einfach konsumierbar. Im nächsten Schritt kombinieren wir SONiC-Switches, Smart NICs und Server zu einer Netzwerkstruktur und nutzen die Steuerungsebene von Kubernetes, um das Ganze zu managen."
Indem Hedgehog ein Netzwerk aus Switches, smartNICs und Serviceknoten in einen Kubernetes-Cluster verwandle, könne das Netzwerk wie eine Reihe verteilter Anwendungen behandelt werden, erklärt der Manager. Dabei könne es sich um Routing-Protokolle, Utility-Funktionen, Observability Probes, Proxies, API-Gateways, Policy Enforcer, Log Collection Agents oder Debug-Bots handeln. "Die Kubernetes-Plattform wird zum De-facto-Weg, wie moderne Anwendungen mit Cloud-Infrastruktur umgehen, einschließlich Rechen-, Speicher-, Netzwerk-, GPU- und DPU-Ressourcen", so Dvorkin.
SONiCs Enterprise-Potenzial
Sowohl Hedgehog als auch Aviz adressieren Anwendungen im Enterprise-Umfeld und zielen darauf ab, einige Herausforderungen von SONiC anzugehen. Laut Sameh Boujelbene, Vice President, Campus and Data Center Switch Ethernet beim Marktforschungsunternehmen Dell'Oro Group, ist mangelnder Support dabei eine der größten Herausforderungen.
"Unternehmen verfügen im Gegensatz zu den Hyperscalern nur über begrenzte finanzielle und technische Mittel und sind möglicherweise nicht in der Lage, den gesamten Lebenszyklus eines Projekts wie SONiC zu managen. Wir haben mehrere Versuche verschiedener etablierter Unternehmen gesehen, diese Probleme zu lösen. Was das Ökosystem jedoch wirklich braucht, ist eine neutrale Instanz, die diese Support-Lücke schließt", meint der Analyst und fügt an, Aviz und Hedgehog könnten zu diesem Unterfangen beitragen und die Akzeptanz von SONiC im Enterprise-Umfeld erhöhen.
"Wir prognostizieren, dass bis zum Jahr 2026 knapp zehn Prozent der in Unternehmensnetzwerken eingesetzten Switches mit SONiC arbeiten werden", so Boujelbene. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Network World.