Die digitale Transformation bietet HARMAN, das hinter Marken wie JBL, AKG, Harman Kardon oder Mark Levinson steht, die Chance, allen Mitarbeitern Innovationen zu ermöglichen, die dafür benötigten Informationen zugänglich zu machen und so ein viel umfassenderes Technologie- und Innovationsmanagement zu betreiben. Die Kernfrage hierbei lautet: Wie können große Datenmengen bereits in einem sehr frühen Stadium genutzt und mit den jeweils spezifischen Anforderungen einzelner Mitarbeiter verknüpft werden, um möglichst innovative und maßgeschneiderte Lösungen zu finden?
Da die Analyse internen und externen Inputs sowie dessen Abstraktion und Interpretation für das eigene Unternehmen unabdingbar sind, entwickelte das Unternehmen mit "Sherlock" eine umfassende Lösung, die HARMAN-Mitarbeiter dabei unterstützt, relevante Signale frühzeitig aus dem Informationsrauschen herauszufiltern - quasi als "virtueller Kollege". "Sherlock" ist der erste, fundamentale Schritt in die Virtualisierung der prädiktiven, bedarfsorientierten Marktanalyse unter Einbindung interner und externer Informationsquellen. Mit dem Projekt "Sherlock - Information at your Fingertips" bewirbt sich HARMAN um den Digital Leader Award 2016 in der Kategorie Empower People.
Projekt-Steckbrief
Finalist: HARMAN International Industries, Incorporated
Kategorie: Empower People
Projekttitel: Sherlock - Information at your Fingertips
Zeitraum des Projekts:
01.05.2016: Phase 1 "Prototyping"; 02.05.2016: Launch Phase 1; 15.04.2016 - 15.10.2016: Phase 2 "New Services"
Projekt-Phase: Im Übergang zu Phase 2: Einige Elemente werden bereits aktiv eingesetzt, während parallel Updates und Verbesserungen aus Nutzertests von Januar 2016 und aus dem Bereich IT-Security umgesetzt werden.
Größe des Projektteams: Das globale Team besteht aus zehn festen Mitarbeitern. Zusätzlich wurden etwa 50 Stakeholder in mehreren Schleifen interviewt oder um Feedback gebeten.
Die Digitalisierungsstory
Die EU-Kommission und das EPO analysierten bereits 2007, dass 30 Prozent der R&D-Ausgaben verschwendet werden. Existierende Werkzeuge zum Ideenmanagement sind auf die Entscheidungsfindung fokussiert. Dabei übersteigt die Quantität der Ideen die Zahl der qualitativ hochwertigen, sinnvoll umsetzbaren Vorschläge um ein Vielfaches.
Da existierende Lösungen interne Prozessabläufe in der Regel nicht auch von außen und damit unvoreingenommen betrachten, werden Verbesserungspotenziale und -chancen vielfach nicht erkannt. Recherchen bei HARMAN haben ergeben, dass bislang kein Tool die Analyse von Daten und die künstliche Intelligenz zu deren Verarbeitung so tief im Innovationsprozess verankert, dass es die typischen Fragen eines Unternehmers nachhaltig beantwortet.
Mit "Sherlock" soll sich das nun ändern. Das Projekt ist ein revolutionärer Ansatz für die frühe Phase des Produktentstehungsprozesses. Dabei ist "Sherlock" kein klassisches Tool, sondern aufgrund seiner umfassenden und integrativen Arbeitsweise vielmehr ein virtueller Kollege, der im Team mit den HARMAN-Spezialisten arbeitet und dessen Fähigkeiten kontinuierlich erweitert werden. Die Lösung vereinfacht den Zugang zu Informationen und hilft Managern und Entwicklern gleichermaßen, die Machbarkeit von Markt- und Technologieberichten qualitativ besser zu beurteilen.
Dies führt, durch die fundierte Investitionsentscheidung in zukunftsträchtige Technologien, zu einer effizienteren Ressourcenallokation. Die Wertschöpfungskette der HARMAN Lifestyle Audio Division wird hierdurch beschleunigt, während gleichzeitig die Entwicklungskosten sinken. Mitarbeiter können interdisziplinäres Wissen nutzen, dadurch ihr Projekt auch aus anderen Blickwinkeln betrachten und so ihre Ideen perfektionieren.
Die Umsetzung
Mit dem Projekt "Sherlock" wurde der Innovationsprozess der HARMAN Lifestyle Audio Division rundherum neu definiert. Alle Abläufe zur Entwicklung und Umsetzung von Ideen und Innovationen wurden organisatorisch und personell neu aufgesetzt. Dadurch konnten einige Elemente vollständig und digital in "Sherlock" eingebettet werden. Somit lassen sich der neue Prozess und der Service einfach sowie webbasiert nutzen.
Das Technologie-Scouting und die Marktanalyse sind von nun an keine "Papierarbeit" mehr auf dem Schreibtisch einzelner Mitarbeiter. Die Öffnung des Produktentstehungsprozesses für eine große Zahl von Inputgebern aus einer Vielzahl von Bereichen ermöglicht neue Chancen für Innovationen. Zudem entsteht aus der neuen digitalen Wissensaggregation ein weitreichender Wettbewerbsvorteil, der das Potential birgt, in Zukunft weitere Unternehmensbereiche zu verändern.
Bisher wurde beispielsweise das Technologie-Scouting durch externe Firmen unterstützt. Der Prozess dauerte häufig mehrere Wochen und wurde aufgrund des Aufwands und der Kosten gescheut. Nach heutigem Stand lässt sich zu fast jedem beliebigen technischen Thema binnen 48 Stunden ein erster vorläufiger Bericht erstellen, der es den Spezialisten ermöglicht, neue Entwicklungen einzuschätzen.
Im nächsten Schritt werden die Bereiche für Wettbewerbs- und Marktanalyse digitalisiert. Da HARMAN bereits in der frühen Phase auf agile Methoden umstellte, ist das Unternehmen jetzt in der Lage, Technologie- und Marktveränderungen nicht nur kontinuierlich zu verfolgen, sondern auch frühzeitig zu erkennen und zu berücksichtigen.
Zur Umsetzung wurden Werkzeuge zur schnellen kollaborativen Entwicklung wie Slack und Popapp genutzt. Um den Entwicklungsaufwand in der prototypischen Umsetzung zu minimieren, setzte man für schnelle Iterationen außerdem auf Sharepoint und Webex. Microsoft wurde mit seinen Ansätzen im Bereich Artificial Intelligence und seinen Cloud Services als Partner gewählt, da dies am wenigsten Entwicklungs- und Wartungsaufwand für das Front End der Applikation bedeutete. Die Umsetzung wird durch die HARMAN Connected Services Division realisiert. Weiterhin werden verschiedene interne und externe Deep-Learning-Algorithmen genutzt und getestet.
Die Unternehmenskultur bei HARMAN und das breit aufgestellte Angebot an Spezialisten vereinfachten die Umsetzung, da klassische und hierarchische Silos in der Organisationsstruktur vermieden werden. Ein sehr erfolgreiches Werkzeug war die Einbindung von sogenannten Lead Usern, um kontinuierlich den Nutzen zu validieren.
Der Business-Nutzen
Durch den Einsatz semantischer Analysetools anstelle externer Dienstleister wurde der Break-Even-Point nach drei Monaten erreicht. Die Analysen unterstützten bereits Make-or-Buy-Entscheidungen im mehrstelligen Millionenbereich. Da Entscheidungen seltener vertagt werden müssen, lässt sich die Time-to-Market-Spanne einer Technologie um bis zu drei Monate verringern.
Aktuell übersteigt der quantifizierte Nutzen planmäßig die identifizierten Kosten. Der Ist-Abgleich der nächsten Phase lässt sich erst nach einer Betriebsdauer von sechs bis acht Monaten vornehmen. Der jährliche Aufwand zum Betrieb der Lösung beläuft sich auf einen sechsstelligen Betrag, der bereits über die eingesparten Analysekosten finanziert wird. HARMAN rechnet durch die Kombination von "Sherlock" und der Einführung agiler Methoden in der Vorentwicklung mit einer Ersparnis von rund 10 Millionen Euro pro Jahr. Erreicht wird dies durch reduzierte Wartezeiten, verringerten Mehrfachaufwand und hochwertige Inhouse-Analysen.