Vorschusslorbeeren

Nagelprobe für Computeruhren mit Start der Apple Watch

15.12.2014
Apples Computeruhr wird schon vor dem Start mit Vorschusslorbeeren bedacht. Tatsächlich dürfte sich mit ihrem Start nicht nur belegen, wie erfolgreich Apple eine neue Produktkategorie ohne Steve Jobs entwickeln kann, sondern auch wie gut das Konzept insgesamt ankommt.

Im Jahr 2015 wird sich zeigen, wie die Zukunft der Computeruhren als neue Geräteklasse aussieht. Irgendwann Anfang des Jahres - Gerüchten zufolge wohl im Februar oder März - wird Apple seine mit Spannung erwartete Datenuhr in den Handel bringen. Nachdem Elektronikriesen wie Samsung, Motorola, Sony, LG sowie diverse kleinere Anbieter den Markt schon seit geraumer Zeit beackern, wird dem iPhone-Konzern zugetraut, mit seiner Apple Watch die nächste Stufe zu zünden.

"Die Apple Watch wird das erste Massenmarktgerät in dem Bereich sein", zeigt sich der Chef des Online-Speicherdienstes Evernote, Phil Libin, überzeugt. Er lässt bereits Evernote-Anwendungen für die Apple-Uhr entwickeln. Marktexperte J.P. Gownder von der Analysefirma Forrester glaubt, dass es bis Ende 2015 mindestens zehn Millionen Menschen mit einer Apple Watch am Handgelenk geben wird.

Zugleich stehen aber auch nach wie vor grundsätzliche Zweifel im Raum, ob die Minicomputer am Handgelenk überhaupt ähnlich erfolgreich wie Handys und Smartphones werden können. "Ich zum Beispiel trage ungern eine Uhr, also werde ich auch kaum eine Smartwatch nutzen", sagt zum Beispiel der bekannte Risikoinvestor Fred Wilson, der unter anderem früh das Potenzial von Twitter und der Online-Spielefirma Zynga erkannte. Wilson vermutet, dass es vielen Menschen, für die das Smartphone längst die Uhr am Handgelenk ersetzt hat, genauso gehen wird.

In den nächsten Monaten dürfte sich zeigen, ob die Vision von Apple aufgeht. Der Konzern arbeitet seit Jahren daran, die richtigen Nutzungsszenarien für die Uhr als Smartphone-Ergänzung zu finden. Die vor kurzem veröffentlichte Plattform für Softwareentwickler zeigt, dass die Uhr sehr eng an die iPhones angebunden sein wird. So soll ein Großteil der Rechenarbeit im Telefon mit seinem mächtigeren Prozessor und der dickeren Batterie erledigt werden.

Das Konzept von Apple ist, dass die Uhr das iPhone ergänzt und vielleicht auch ersetzt, wenn das sinnvoll erscheint. Sie soll sich auch der Situation anpassen. So können etwa Benachrichtigungen zunächst mit wenigen Eckpunkten angezeigt werden. Wenn aber die Sensoren der Apple Watch an der Haltung des Arms erkennen, dass der Nutzer weiterhin auf ihr Display blickt, sollen weitere Informationen eingeblendet werden.

Vielleicht gibt es dafür einen Markt: In einer Forrester-Umfrage sagten 40 Prozent der Smartphone-Nutzer in den USA und immerhin halb so viele in Europa, sie hätten es satt, ständig ihr Smartphone aus der Tasche zu fischen. Und Evernote-Gründer Libin schwebt eine Zukunft vor, in der intelligente Software von sich aus relevante Informationen zur gerade genutzten Smartphone-Anwendung auf das Display der Uhr schickt.

Außerdem hofft Apple, mit neuen Kommunikationsmöglichkeiten zu punkten. So können Partner einander ihren Herzschlag übertragen oder mit dem Finger kleine Bilder zeichnen, die in Echtzeit von Display zu Display gesendet werden. Werden solche verspielten Funktionen zusammen mit der Strahlkraft der Marke Apple ausreichen, um Millionen Nutzer zu gewinnen? Schließlich gab es zumindest in der Android-Welt bereits jede Menge Auswahl an smarten Uhren. Und Google bietet mit Android Wear schon seit dem Sommer auch eine schlüsselfertige Softwareplattform an, auf die unter anderem Motorola und LG aufgesprungen sind.

Experten rechnen jedenfalls mit einem kräftigen Absatzsprung. So erwarten die Analysten des Marktforschers Canalys, dass im Jahr 2015 insgesamt über 28 Millionen "smarte Armbänder" verkauft werden - vier Mal so viele wie im abgelaufenen Jahr. Bisher dominierte Frühstarter Samsung den Markt: Im vergangenen Quartal kam der südkoreanische Konzern nach Canalys-Berechnungen auf einen Anteil von 52 Prozent, mit weitem Abstand zu Motorola als Nummer zwei mit 15 Prozent. (dpa/tc)