Die deutsche Wirtschaft wächst weiter rasant, während gleichzeitig Fachkräfte fehlen. Auf dem Projektmarkt ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Themen wie Digitalisierung, aber auch der Bauboom sorgen für eine laufend hohe Nachfrage nach Experten und Qualifikationen in nahezu allen Branchen. Entsprechend haben sich die Marktchancen von Freiberuflern in der zweiten Jahreshälfte 2017 noch einmal verbessert.
Schwierige Lage für Unternehmen
Diese Entwicklung bestätigt auch die Auswertung des "Solocom Projektmarktbarometers" für das dritte Quartal. Der darin enthaltene Projektmarktindex stieg im Vergleich zum Referenzquartal um 4,94 Punkte und profitierte dabei ausschließlich von den Marktfaktoren, die den Projektmarkt aus Sicht der freiberuflichen Experten kennzeichnen. Im Umkehrschluss waren sowohl die Anzahl der "ausgeschriebenen Projekte" als auch die "Dauer zur Besetzung einer offenen Position" - die Faktoren, die den Markt aus Sicht der Unternehmen charakterisieren - rückläufig.
Als die am häufigsten nachgefragten Qualifikationen seitens der Unternehmen erwiesen sich auch im dritten Quartal die "Entwicklungsleistungen im Bereich Java", gefolgt von "Bauleitung" und "SAP-Beratung". Alle drei rangieren bereits im gesamten Jahresverlauf auf einem sehr hohen Niveau. Eine verstärkte Nachfrage war in den vergangenen Monaten zudem im Bereich "SPS-Programmierung" zu verzeichnen.
Im Index spiegelt sich auch die Stärke der deutschen Industrie wider: So profitierte er besonders von der hohen Nachfrage in der Automobilwirtschaft sowie im Maschinen- und Anlagenbau. Der große Bedarf an den Qualifikationen "Projektleitung" und "Prozessmanagement" lässt zudem darauf schließen, dass Unternehmen nun vermehrt im Zuge der Digitalisierung ihre Strukturen modernisieren.
Hohe Projektauslastung für Freiberufler
Die positiven Tendenzen für Freiberufler werden auch von der Solocom-Marktstudie "Zwischenbilanz Projektmarkt 2017" bestätigt. Laut der Erhebung kann die Mehrheit der befragten Freiberufler dank hoher Projektauslastung auf ein erfolgreiches erstes Halbjahr 2017 zurückblicken. Diese befinden sich laut Teilnehmer mindestens auf dem gleichen guten Niveau des vergangenen Jahres, nur für jeden Fünften gab es hier eine Verschlechterung. Gleichzeitig ist für das gesamte Jahr 2017 nach Auswertung des dritten Quartals die abschließende Erwartung optimistisch: So rechnet knapp die Hälfte der Befragten mit einer verbesserten Auslastung, nur knapp 15 Prozent erwarten eine Verschlechterung bis Ende 2017.
- Über Status quo und Zukunft...
... der Freiberufler-Vermittler diskutierte die Runde um die Computerwoche-Redakteure Alexandra Mesmer und Hans Königes in der Münchner Allianz Arena. - Michael Girke, Q-Perior
„In den letzten Jahren sind große Budgets für Digitalisierungsinitiativen frei geschlagen und sehr viele Projekte gestartet worden. Ich rechne damit, dass es zu einer Konsolidierung, ja zu einem De-Hype kommen wird. Nicht jedes Digital-Projekt wird überleben. Aber die Anfragen nach Digitalisierungsskills – wie Web-Entwicklung - kommen derzeit immer noch in großer Zahl.“ - Thomas Riedel, Hays:
„Digitalisierungsprojekte haben das bisherige Geschäft nicht verdrängt, sondern kommen on top dazu, so dass der Projektmarkt weiter wächst. Da die Treiber der Digitalisierung nicht in den Rechenzentren, sondern in den Fachabteilungen, zum Beispiel in der Produktentwicklung sitzen, bekommen es wir als Personaldienstleister mit neuen Ansprechpartnern zu tun, die bisher noch nicht mit IT-Freiberuflern zusammengearbeitet haben. Hier müssen wir viel Überzeugungsarbeit leisten.“ - Thorsten Prüser, Neusta Consulting:
"Der Digitalisierungsbegriff ist für mich zu abgedroschen. Es geht darum, wie sich ein Unternehmen durch Anpassung der IT und der Produkte einen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann. Der Markt ist für uns größer geworden, da nicht nur Großunternehmen, sondern auch kleinere und mittelständische Unternehmen auf Freiberufler zurückgreifen.“ - Florian Nix, Allgeier Experts:
"Aufgrund von steigender Komplexität, immer kürzeren Wirtschaftszyklen, dem anhaltenden Fachkräftemangel und der unsicheren rechtlichen Situation benötigen Kunden heute von einem Personaldienstleister mehr Beratungskompetenz. Diese reicht von der Beratung hinsichtlich des passenden Vertragsmodells bis hin zur strategischen Unterstützung bei der gesamten Planung und Betreuung der Professional Workforce aus internen und externen Mitarbeitern. " - Mohammed El-Khaledi, Questax:
„Die Kunden treten mit einer anderen Erwartungshaltung an uns Dienstleister heran: Sie wollen wissen, wie sie die benötigten Spezialisten rechtssicher einsetzen können. Darauf reagieren wir mit besser ausgebildeten Mitarbeitern, die mehr Expertise in den unterschiedlichen Vertragsformen mitbringen. Sie schaffen es, dass Know-How und die immensen Erfahrungswerte eines Dienstleisters in die Organisation der Kunden zu tragen. Die gesetzlich klar geregelte Arbeitnehmerüberlassung ist dabei eine Vertragsform, die nach meiner Einschätzung weiter an Bedeutung gewinnen wird.“ - Julian Schotten, Future Consulting:
„Aufgrund der bestehenden Gesetzeslage ist es erforderlich, dass wir Dienstleister nicht nur Dienst-, sondern auch Werk- und Arbeitnehmerüberlassungsverträge anbieten können. Die Kunden erwarten von uns, dass Sie die ganze Palette an vertraglichen Einsatzmöglichkeiten aus einer Hand erhalten.“ - Rene Troche, Westhouse Consulting:
"Viele Kunden wollten nach der Gesetzesänderung zur Scheinselbständigkeit am liebsten nur noch Freiberufler als Zeitarbeiter an Bord holen. Die Herausforderung ist aber, dass hochqualifizierte Freiberufler nicht bereit sind, sich auf das Modell der Arbeitnehmerüberlassung und damit auf eine deutlich geringere Entlohnung und Flexibilität einzulassen.“ - Hubert Staudt, top itservices:
„Freiberufler haben sich ihr Profil in der Regel in neun bis elf Datenbanken hinterlegt und arbeiten mit zwei bis drei Personaldienstleistern zusammen. Pünktliche Bezahlung, interessante Projekte, aber auch kontinuierliche Ansprechpartner auf Seiten des Dienstleiters helfen, dass sie bei der Stange bleiben. Unpassende Projektanfragen und ausbleibende Reaktionen auf die Bewerbung sind zwei große Ärgernisse für den Freiberufler. Auch komplizierte Verträge schrecken den Freiberufler ab, am besten sollte ein Vertrag so gestaltet sein, dass er gut auf dem Handy lesbar ist." - Cristina Aguilar Perez, Personality IT People Power
" Es ist immer eine Frage von Angebot und Nachfrage. Verfügt der Freiberufler über die Spezialisierung, die der Kunde dringend braucht und die zudem wenige Experten anbieten können, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er seine Forderungen auch durchsetzen kann."
Die gute wirtschaftliche Ausgangslage für Freiberufler ist laut der oben erwähnten Marktstudie am besten an den Stundensätzen ersichtlich. Im Vergleich zum Vorjahr gehen mehr Freelancer von einer Steigerung aus. Nur jeder Zehnte befürchtet in der Jahresbilanz ein Absinken der Stundentarife. Die höchsten Stundensätze konnten laut Solocom Marktbarometer auch im dritten Quartal in der Projektleitung im Prozessmanagement erzielt werden. Es folgt die Beratung im Prozessmanagement. Die höchsten Zuwächse verzeichneten die Posten "Testing" und "Engineering" im Automotive-Bereich sowie "Konstruktion" im Maschinenbau. Bei "SAP-Softwareentwicklung und -beratung" sind die Stundensätze hingegen gefallen.
Ausblick
Von der Entwicklung im Projektmarkt in den vergangenen Monaten haben in erster Linie Freiberufler hinsichtlich Projektauswahl und Verdienst profitiert. Für Unternehmen erhöhten sich im Umkehrschluss allerdings die Schwierigkeiten bei der Besetzung von Projekten weiter, was mittelfristig wiederum Wachstumsrisiken für den gesamten Markt birgt. Daher und aufgrund der gegensätzlich verlaufenden Entwicklungen für Freiberufler und Unternehmen ist der Ausblick für 2018 eher durchwachsen.