Erst kürzlich forderte das Marktforschungsinstitut Gartner, dass Unternehmen ihre Business-Analytics-Fähigkeiten ausbauen müssten, um einen tatsächlichen Nutzen aus den von ihnen gespeicherten Datenmassen zu erhalten. Oft genug ist nämlich guter Rat teuer, wenn ein Unternehmen vor Wirtschaftsprüfern lückenlos nachweisen muss, dass bestimmte Genehmigungsprozeduren oder Datenschutzrichtlinien einzuhalten sind. Aber auch, wenn es gilt, ärgerliche "Schleifen" in Arbeitsabläufen abzustellen, die viel Zeit und Geld kosten oder zu analysieren, warum die Zufriedenheit der Kunden mit Liefer- oder Supportprozessen geringer ist als gewünscht.
Die derzeitigen Technologien zur IT- und Echtzeitdaten-gestützten Prozessanalyse für Unternehmen, einem relativ neuen Bereich der Softwaretechnik, stoßen schnell an ihre Grenzen. Das merkten die drei Celonis-Gründer Bastian Nominacher, Martin Klenk und Alexander Rinke schon im Studium, während sie einige Jahre in der studentischen Unternehmensberatung Academy Consult München mitwirkten: "Wir sahen, dass wir mit den gängigen BI-Tools immer nur sehr spezielle Fragen beantworten konnten. Jede neue Anfrage war immens arbeitsintensiv, man musste alles neu aufsetzen, automatisiert war da nichts", blickt Gründer Nominacher zurück. Das galt besonders hinsichtlich der Beantwortung prozessanalytischer Fragen. Die Idee für ihre Basistechnologie, Process Business Intelligence, mit dem Ziel, bisherige BI-Lösungen mit Hilfe von Process Mining flexibler und tagesaktuell zu gestalten, war geboren.
- Top100-2012 Business Intelligence
Top100-2012 BI - Auch im BI-Segment sind die Verhältnisse klar. SAP liegt in Deutschland...
- genauso unangefochten wie in Emea...
- ... und weltweit an der Spitze.
- Auch die Zusammensetzung der Top-Anbieter verändert sich in den verschiedenen Regionen nicht wesentlich.
- Fast die gleichen Unternehmen sind in Deutschland, Emea und weltweit vertreten.
- Ausnahmen sind Corporate Planning, Tibco und Information Builders.
Zwei Jahre Vorbereitung
Es folgte eine knapp zweijährige Vorbereitungsphase, bevor im Herbst 2011 die Celonis GmbH mit Sitz in München gegründet wurde. Heute kümmert sich Bastian Nominacher als Leiter Business Development und PR um den Geschäftsaufbau, der Softwarespezialist Martin Klenk ist Chef-Produktentwickler und Alexander Rinke, der sich mit mathematischen Wahrscheinlichkeitsmodelle auskennt, übernahm den Vertrieb.
Das Engagement hat sich gelohnt: Inzwischen sieht sich Celonis als technologischer Markttführer für Process Business Intelligence und wurde vom Deutschen Wirtschaftsministerium als einer der Teilnehmer am German Silicon Valley Accelerator ausgewählt. Dieses Programm ermöglicht mit staatlicher Unterstützung jungen deutschen Technologieunternehmen den Einstieg in den amerikanischen IT-Markt.
Doch was ist das Besondere an der Herangehensweise des Startup, das mit der Idee, Prozesse zu analysieren, nicht allein steht? Gründer Rinke erläutert: "Wir haben uns auf die Schnittstelle zwischen der Datenbank und den Analytics-Funktionen konzentriert." Dabei werden oft Hunderte von Tabellen aus Ticketing-, SAP oder anderen ERP-Systemen zur Analyse in die Celonis-Datenbank exportiert. Ändern sich diese Tabellen, lädt das System die Veränderungen in Echtzeit nach und arbeitet sie in die Analysen ein. Die Daten in der Datenbank werden dann automatisch zueinander in Beziehung gesetzt, woraus die Software die realen Prozessabläufe destilliert. Die Datenmenge ist dabei laut Rinke unerheblich: "Wir haben die Lösung extra so ausgelegt, dass sie mit unzähligen Datensätzen und Tabellen funktioniert. Genau darin liegt unser Know-how und unser Vorsprung."
- Woran ERP-Projekte wirklich scheitern
Folgende Ursachen können eine ERP-Einführung gefährden: - 1. Starke Fürstentümer behindern übergreifende Prozesse.
- 2. Zu viel Harmoniebedürfnis verzögert und verwässert die Entscheidungen.
- 3. Falsch verstandene Schnelligkeit hat Nachbesserungen im Schlepptau.
- 4. Unternehmerische Entscheidungen werden an Berater ausgelagert.
- 5. Fehlende Kompetenzen kommen am Ende teuer zu stehen.
- 6. Kompetenzwirrwarr führt zu "elektrifiziertem Chaos".
- 7. Softwareauswahl ohne eine vorherige Prozessanalyse funktioniert nicht.
Schieberegler als Marktvorteil
Das Ergebnis der Analysen lässt sich in unterschiedlicher Detailtiefe darstellen. Wie tief der Anwender einsteigen möchte, bestimmt er mit Hilfe eines Schiebereglers, der entfernt an die Maßstabsverstellung bei Google Maps erinnert. Auf der gröbsten Ebene dürfte so meist der "ideale" Prozess, wie er wahrscheinlich auch irgendwo als Vorgabe dokumentiert ist, erscheinen. Zieht man den Regler nach rechts, erhebt plötzlich die meist weit weniger perfekte Realität ihr Haupt. So sieht man beispielsweise genau, in wie vielen Fällen eine eigentlich vorgesehene Genehmigungsstufe übergangen wurde. Es lässt sich sogar feststellen, von welchem Bereich genau, wie oft oder wie viel Umsatz davon betroffen ist. Compliance-Sünden unbemerkt zu begehen, wird so erheblich schwieriger, und auch konkurrierende Zuständigkeiten, zwischen denen eine Aufgabe ungelöst hin und her wandert, dürfte der übergeordneten Ebene mit einer solchen Lösung schnell auffallen.
Mit dieser Process Business Intelligence Suite ist jeder durch IT-Systeme gestützte Kernprozess rekonstruierbar und analysierbar. Die Software wird individuell an die Berdürfnisse der Anwender angepasst. Derzeit gibt es die Lösung in drei branchenspezifischen und schlüsselfertigen Produktvarianten: "Celonis Orchestra" wurde auf die Bedürfnisse des IT Servicemanagement zugeschnitten, "Celonis Discovery" für das Process Mining in ERP-Systemen und "Celonis Pathfinder" auf die Zusammenarbeit mit Klinik-Informationssystemen (KIS).
Diverse Großkunden arbeiten schon mit dem Startup zusammen: Dem Bayerischen Rundfunk half Celonis, die bis dahin wenig befriedigenden Prozesse des IT-Helpdesk zu analysieren. So entdeckte man, dass häufig Aufgaben zwischen First- und Second-Level ungelöst hin- und herwanderten - zum Leidwesen der Verantwortlichen und der Mitarbeiter. Für Siemens ist Celonis mit der Discovery-Variante in Compliance-Fragen tätig und ein großes Pharmaunternehmen zählt ebenfalls zu den Anwendern. Für dieses Jahr ist die Expansion auf den US-Markt sowie der weitere Aufbau des Partner-Managements geplant.