"Zu wenige Bewerber? Macht die Jobs attraktiver!", überschrieb neulich die "Süddeutsche Zeitung" einen Kommentar zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Leichter gesagt als getan, denn mit kostenlosen Nahverkehrs-Tickets, Fortbildungen und bezahlten Überstunden allein ist kein Staat mehr zu machen. Neben der Kompensation muss auch das Umfeld stimmen, also vor allem das Büro und der Arbeitsplatz.
Mit einer neuen Studie haben die IDG Research Services das seit Jahren diskutierte Thema erneut aufgegriffen.
Wie wir in Zukunft arbeiten - die Studie im Online-Shop
Der kleine Hype um den Future Workplace ist kein Wunder, schließlich sind viele Branchen als Lieferanten und Dienstleister an Geschäften interessiert. Laut dem IT-Branchenverband Bitkom sitzen 2018 im Durchschnitt 48 Prozent aller Arbeitnehmer an einem Computer-Arbeitsplatz, bei Finanzdienstleistern sind es sogar 89 Prozent. Zudem ist mittlerweile jeder dritte feste Arbeitsplatz in Deutschland mit einem Mobilgerät mit Internet-Zugang ausgestattet.
Konzerne aufgeschlossener als Mittelständler
Laut der IDG-Studie lösen sich in vielen Organisationen traditionelle Strukturen auf. Schließlich hat es sich herumgesprochen, dass ein moderner Arbeitsplatz eine starke Waffe im Kampf um Talente ist. Auch deshalb rangiert das Thema heute gleich hinter der IT-Sicherheit auf dem zweiten Platz der IT-Agenden. Tendenziell lässt sich erkennen, dass große Unternehmen der Transformation offener gegenüberstehen als kleine. Und für jüngere Mitarbeiter bis 29 Jahre hat der Arbeitsplatz der Zukunft die größte Bedeutung überhaupt.
Betrachtet man nur die Antworten der Topmanager, überwiegt der Optimismus: Von ihnen gaben rund 44 Prozent an, ihr Unternehmen sei auf dem Weg zum Arbeitsplatz der Zukunft weit fortgeschritten. Sie sind auch diejenigen, bei denen größtenteils die Verantwortung für die Entwicklung und Umsetzung der Konzepte liegt: In jedem dritten Unternehmen sind die Topmanager federführend beim Thema New Work. Das Commitment der obersten Führungsebene ist also ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Transformation.
Der Ökonom Peter Drucker sagte schon vor Jahrzehnten: "Die Produktivität der Wissensarbeiter ist die größte Management-Herausforderung des 21. Jahrhunderts." Um die von ihm angesprochenen Knowledge Worker geht es hier - und die durch ihre hohen Ansprüche ausgelösten Veränderungen. In einem Interview berichtete die Personalchefin eines deutschen Konzerns unlängst, dass man gerade dabei sei, die Präsenzkultur durch eine Ergebniskultur zu ersetzen. Ein löblicher Schritt, der aber auch zeigt, wo viele Unternehmen derzeit immer noch stehen. Dabei sind Konzerne im Durchschnitt schon weiter als kleine Unternehmen, wie sich der IDG-Studie entnehmen lässt.
Mitarbeiter werden selten gefragt, wie sie arbeiten wollen
Es gibt nicht den einheitlichen Mitarbeiter, sondern Aufgaben mit spezifischen Anforderungen. Die Beschäftigten stammen zudem oft aus drei Generationen mit ihren individuellen Vorlieben. Es gibt auch keine Musterlösung für ein Puzzle, das in jeder Organisation ein anderes Bild ergibt. "Büros sind heute mehr als Schreibtisch, Computer und Telefon", schrieb die "Süddeutsche Zeitung" dazu. "Sie sind eine Botschaft des Unternehmens." Gerichtet ist sie an alle Arbeitskräfte.
So sind es letztlich die Mitarbeiter, denen der Arbeitsplatz der Zukunft zugutekommen soll. Dass sie gezielt nach ihren Vorstellungen befragt werden, ist jedoch nicht die Regel: Nach Angaben der Arbeitskräfte in dieser Studie wurde nur jeder Fünfte zur Transformation seines täglichen Umfelds konsultiert, fast genauso viele wurden gar nicht gefragt. Ein Widerspruch, denn Firmen nennen die Akzeptanz der Mitarbeiter für den Modernisierungsprozess sowie die diesbezügliche Weiterbildung als größte organisatorische Herausforderung.
Trotz der unvermeidlichen Widerstände gegen Veränderungen aufgrund mangelnder Einbindung fördert die Auswertung eine positive Erkenntnis zutage, auf der sich aufbauen lässt: Die Mehrheit der Mitarbeiter will den Ausbruch aus klassischen Arbeitsmustern. Sie versprechen sich von der Transformation ihrer Arbeitsumgebung vor allem Freiheit - zeitlich, räumlich und inhaltlich. Dass Mitarbeiter gerne "einfacher" und "immer" auf Informationen zugreifen können möchten, wirft allerdings kein gutes Licht auf die aktuelle IT.
Angst vor ständiger Verfügbarkeit
Tatsächlich steht die IT vor Herausforderungen: Offene Fragen zu IT-Infrastruktur, Datensicherheit und Wiederherstellung bei Systemausfällen machen den Verantwortlichen Kummer. Da geht es auch ums Budget: Immer neue Einfallstore, Verbindungssicherheit, mobile Rechner und flexible Verbindungen, all das resultiert in zusätzlichen Kosten und strukturellen Anpassungen, die erst einmal gestemmt werden müssen. "Die größte Herausforderung ist, dass die Transformation einer Arbeitsplatzumgebung parallel zum laufenden Betrieb stattfinden muss", lautete ein Statement, dem die meisten Umfrageteilnehmer zustimmten.
Unter den Risiken, die die Mitarbeiter beschäftigen, dominiert die Angst vor einer tiefen Integration in digitale Prozesse und eine damit verbundene Einschränkung der Freiheit. Befürchtet werden eine starke Abhängigkeit von der IT und die Verfügbarkeit rund um die Uhr, eine Überwachung durch neue Technologien ("Ausspähen") sowie weniger Freizeit. Das Maximalziel der Beschäftigten lautet: ein digitaler Arbeitsplatz ohne starke Abhängigkeit von der IT - keine leichte Aufgabe für CIOs.
"Nur mit einem modernen Arbeitsplatz und attraktiven Arbeitsbedingungen hat unser Unternehmen eine Chance im ,War for Talents'" - dieses vorgegebene Statement bekam in der Umfrage höchste Zustimmung. Was dafür letztlich zählt, ist das Gesamtpaket aus Technik, Umgebung, Flexibilität und Kultur. Dies zeigt sich auch an den Antworten der Mitarbeiter auf die Frage, welche Skills Führungskräfte mitbringen müssen, um Teams in modernen Arbeitsumfeldern zu führen. Genannt wurden hier soziale Kompetenz, Empathie, Vertrauen und Menschlichkeit. Angesichts der vielen Dimensionen der Transformation ist es daher bedauerlich, dass stets der "Arbeitsplatz" der Zukunft im Fokus steht. Schließlich geht es im Grunde genommen um viel mehr, nämlich um den Arbeitgeber der Zukunft.
IDG-Studie: Arbeitsplatz der Zukunft
Grundgesamtheit: Die Studie zum Arbeitsplatz der Zukunft basiert auf einer Online-Befragung in der DACH-Region, in deren Rahmen in diesem Sommer insgesamt 630 abgeschlossene und qualifizierte Interviews stattfanden.
285 Befragte gaben an, Führungskräfte zu sein (Unternehmenssicht), und 345 stuften sich als Mitarbeiter ein (Mitarbeitersicht).
Grundgesamtheit sind (IT-)Entscheider der obersten Führungsebene und der Fachbereiche, Entscheider und Spezialisten aus der IT-Organisation sowie Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen.
Partner der Studie 2018 waren die Unternehmen Cisco, Dimension Data, HP, Sipgate und United Planet.