Im Grunde genommen liegen die Vorteile des E-Invoicing auf der Hand: schnellere Prozesse, weniger Fehler, alle Informationen im Nu zur Hand – und natürlich ein geringerer Papierverbrauch. Das spart Geld, Zeit und Nerven. Trotzdem nutzen laut einer Studie von Fraunhofer IAO und Comarch gerade einmal knapp die Hälfte der rund 700 befragten deutschen Unternehmen elektronische Rechnungen.
Im direkten Vergleich zwischen traditioneller Rechnungserstellung und dem digitalen E-Invoicing zeigt sich, dass die Rechnungserstellung von Hand die Anwender teurer kommt. Studien zufolge ist die manuelle Erfassung und Bearbeitung von Rechnungen fast zehnmal so teuer wie der Austausch elektronischer Rechnungen. Das liegt vor allem an den Kosten für Druck, Papier, Porto und Versand.
Ein Blick auf die konkreten Zahlen verdeutlicht das: Unternehmen, die den klassischen Versand nutzen, müssen Kosten zwischen 0,70 Euro für den Standardbrief und insgesamt vier Euro pro Rechnung einkalkulieren. Teuer wird es auch für den Empfänger: Hier schlagen Kosten von zwei bis 30 Euro zu Buche, abhängig von Firmengröße und Personalkosten. Durch den Einsatz digitaler Rechnungsbearbeitung könnten Unternehmen bis zu 75 Prozent dieser Kosten einsparen. Das ergab eine Untersuchung von Capgemini.
E-Invoicing-Systeme versprechen einen effizienten, transparenten Workflow: von der automatisierten Erfassung und dem Abgleich jeder Rechnung mit dem Bestellwesen über integrierte Prüfroutinen wie etwa Plausibilitätsprüfungen bis zur datensicheren Archivierung. Die Abläufe rund um die digitale Rechnungsverarbeitung sind für alle Beteiligten transparent und nachvollziehbar.
Automatische Erkennung und Zuordnung
Im Idealfall sieht der Weg einer digital bearbeiteten Rechnung so aus:
Liegt die Rechnung noch in Papierform vor, wird sie zunächst per Stapelscan-Funktion elektronisch erfasst.
Im nächsten Schritt extrahieren selbstlernende Erfassungsmechanismen die Daten aus der Rechnung und legen das Dokument im richtigen Kontext ab.
Anschließend werden die Rechnungsdaten automatisch mit den bereits im ERP- und Finanzbuchhaltungssystem erfassten Datensätzen abgeglichen.
Manche Systeme ermöglichen es zudem, Vorgänge und Rechnungen mit elektronischen Akten zu verknüpfen.
Einmal auf diese Weise erfasst, ist der Bearbeitungsstatus der Rechnung jederzeit transparent. Integrierte Mahn- und Sperrfristen können sicherstellen, dass Termine eingehalten werden. Gleichzeitig wird jedes Dokument automatisch an den zuständigen Kollegen zur Bearbeitung weitergeleitet. Ist der Geschäftsvorgang endgültig abgeschlossen, werden die Dokumente im elektronischen Rechnungssystem archiviert. Alle für den Prozess relevanten Dokumente können der Rechnung beigefügt werden. So erfüllt das Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben.
Deutsche Unternehmen unter Zugzwang
Herkömmliche Prozesse sind nicht nur Kostentreiber, sie erhöhen außerdem den Zeitaufwand sowie das Fehlerrisiko. Mitarbeiter müssen Papierrechnungen zunächst händisch prüfen, dann im Einzelfall an Kollegen weiterleiten und schließlich freigeben. So kann eine Rechnung auf den verschlungenen Pfaden verschwinden oder sogar unbearbeitet liegen bleiben, wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel krank ist oder Urlaub hat. Dasselbe passiert, wenn die Abläufe nicht klar geregelt sind. Fristen werden verpasst, Zahlendreher schleichen sich ein. Wiederholte Korrekturschleifen und aufwändige Freigabeprozeduren verursachen kostspielige Verzögerungen.
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Weitere Folgekosten wie ungenutzte Skonti, Mahnungen oder – ein nicht unerheblicher Faktor – Strafzahlungen für fehlerhafte Rechnungen kommen noch hinzu. Zuguterletzt wird die traditionelle Form der Rechnungsstellung mit dem E-Rechnungsgesetz schlichtweg unbrauchbar. Ein technologieneutraler Standard für die Nutzung von E-Invoicing wird spätestens zum November 2020 Pflicht. Zwar gilt dies zunächst für öffentliche Auftraggeber des Bundes, doch auch für die Privatwirtschaft wird das Gesetz nachhaltige Folgen haben.
Anpassung der Prozesse ist die größte Hürde
Eine aktuelle E-Government-Studie von ibi research ergab, dass die meisten Befragten (70 Prozent) die größte Hürde bei der Einführung von E-Invoicing-Lösungen in der Anpassung der Prozessabläufe sehen, dicht gefolgt davon, erst noch Akzeptanz innerhalb der Organisation (69 Prozent) schaffen zu müssen. Je 48 Prozent der Befragten nannten die technische Umsetzung der bestehenden Abläufe sowie die Integration der E-Rechnung in die IT als weitere Hemmschwellen.
Mehr Infos zum E-Rechnungsgesetz:
Verordnung über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen des Bundes (PDF-Link)
Diese Hürden lassen sich überwinden, denn viele ECM-Systeme können in ERP-Systeme oder die Finanzbuchhaltung integriert werden. So sorgt der digitale Workflow für mehr Effizienz in der Rechnungsbearbeitung. Die Dokumente müssen nicht lange mühsam gesucht werden, sondern sind jederzeit schnell zur Hand. Und wer seine Unterlagen digital archivieren kann, braucht zudem keine Räumlichkeiten mehr vorzuhalten, in denen sich Aktenberge stapeln.
Fazit
Obwohl Rechnungserstellung von Hand ein Kostentreiber ist, verlässt sich noch immer ein Großteil der Unternehmen auf die traditionelle Methode. Dabei lohnt sich der digitale Wandel nicht nur finanziell. Prozesse können beschleunigt und die Fehlerquoten reduziert werden. Die Scheu vor den neuen digitalen Prozessen ist zu Unrecht groß. Denn viele ECM-Systeme lassen sich bereits heute unkompliziert in ERP-Systeme oder Finanzbuchhaltung integrieren.