Daten analysieren und vermarkten

Mit Data Hubs zu neuen Business-Modellen

02.01.2019
Von 
Enno Borchers ist Partner bei der Management- und Technologieberatung Detecon International. Sein Beratungsschwerpunkt liegt auf dem Internet der Dinge (IoT), der Weiterverwendung von Daten durch Methoden der künstlichen Intelligenz sowie dem Austausch von Daten zwischen unterschiedlichen Economy-Systemen. Bereits seit mehr als 10 Jahren beschäftigt er sich mit IoT-Anwendungen aus dem Bereichen Logistik, Manufacturing, Retail und Automotive/Aviation.
Die Wirtschaft produziert Daten, analysiert sie, gewinnt Erkenntnisse aus ihnen - und handelt mit Daten auf Marktplätzen. So lassen sich mit Data Hubs Informationen monetarisieren.
Aus unterschiedlichen teils unstrukturierten Daten lassen sich neue Business-Modelle kreieren.
Aus unterschiedlichen teils unstrukturierten Daten lassen sich neue Business-Modelle kreieren.
Foto: Sahacha Nilkumhang - shutterstock.com

Unternehmen sammeln Daten und werten sie für ihre eigenen Planungen aus. Informationen, die beispielsweise dem Internet der Dinge (IoT) entspringen. Mit Hilfe von Algorithmen der Künstlichen Intelligenz (KI) wie etwa Machine Learning (ML) generierte Prognosen nutzen die Firmen entweder nur für sich intern oder aber sie tauschen die Erkenntnisse extern aus und handeln damit auf elektronischen Marktplätzen. Wie das aussieht, verdeutlicht ein einfaches Beispiel: Niemand käme auf die Idee, sich die Regenwahrscheinlichkeit für das nächste Wochenende selbst aus Rohdaten zu berechnen. Zwar sind die Messwerte für jedermann verfügbar. Einfacher ist es aber, mit den vorbereiteten Services zu arbeiten, wie sie etwa Wetter-Apps anbieten. Data-Hubs machen Dienste ähnlichen Charakters in anderen Anwendungsbereichen möglich.

Datenmarktplätze bringen Anbieter und Anwender zusammen

Ob Fabriken, Flughäfen oder Spediteure: Es ist zu untersuchen, welche Daten sich zum Handeln auf Marktplätzen anbieten könnten. Welche Informationen lassen sich ökonomisch nutzen? Wie lassen sich übergreifende Zusammenhänge erkennen?

Wie das konkret aussehen kann: Beispielsweise möchte ein Unternehmen aus den Bereichen Handel oder Energie für sein Kerngeschäft Umweltdaten von vernetzten Fahrzeugen nutzen. Geeignete Datensätze bietet ein Fahrzeughersteller auf dem Marktplatz an. Dazu könnten etwa Live-Telematik- oder Sensor-Informationen über Standorte, Verkehrsstau, Niederschläge, Temperaturen und Lichtverhältnisse zählen. Die Daten der vernetzten Fahrzeuge kann das Unternehmen nutzen, um kurzfristig sehr regionale Prognosen zu erstellen und sein Kerngeschäft entsprechend dem durch das aktuelle Wetter hervorgerufenen Bedarf zu optimieren.

Unternehmensübergreifende Erkenntnisse aus Daten

Ein solcher Data Hub bringt aber nicht nur Datenproduzenten und -konsumenten zusammen, sondern auch Drittanbieter und Tools. Gewissermaßen wie Apps und Nutzer im App-Store zusammenfinden, finden sich dann Künstliche-Intelligenz-Applikationen und Anwender.

Beispielsweise könnten Fabriken bestimmte Maschinendaten wie etwa zu Energieverbrauch, Verschleiß oder Nutzungsintensität ausgewählten Nutzerkreisen zur Verfügung stellen. Denn ob Metall- oder Werkstoffbearbeitung - insbesondere die Hersteller der Produktionsmaschinen sind an diesen Daten interessiert. Sie nutzen diese etwa, um übergreifende Erkenntnisse zu gewinnen. Warum fallen einzelne Bauteile bei gewissen Bearbeitungsschritten häufiger aus als sonst? Wie lassen sich die Fertigungsmaschinen modifizieren oder die nächste Robotergeneration verbessern?

Auch den Fabriken helfen die Maschinendaten aus externen Quellen. Zum einen lernen sie, ob womöglich auch andere Einstellungsdaten bestimmter Produktionsmaschinen vorteilhaft wären. Zum anderen lassen sich Abhängigkeiten in laufenden Fertigungsverfahren erkennen. Das Ziel: das Produktionsergebnis selbst zu optimieren. Denn industrielle Abläufe unterliegen vielfältigen Einflussfaktoren, die sich nur schwer beherrschen lassen. So schwankt nicht nur die Güte eines Rohstoffs, sondern auch die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Fabrikhalle. Individuelle Faktoren, die sich direkt auf die Produktion und die Produktgüte auswirken.

Beispiel Duschgel: Wie fest oder flüssig das Körperpflegemittel wird, stellt sich erst Tage nach der Produktion heraus. Verfehlt das Erzeugnis die gewünschte Viskosität, sind komplette Chargen zu entsorgen. Abhilfe können genau die Anwendungen schaffen, wie sie ein Marktplatz bereitstellt. Neuronale Netze analysieren die Sensorwerte, bilden Modelle und erkennen so Korrelationen, die Wirkzusammenhänge zwischen einzelnen Parametern aufdecken. Ausschuss lässt sich reduzieren und die gewünschte Produktqualität erzielen.

Datensicherheit beachten

Um systematisch eigene Anwendungsmöglichkeiten zu evaluieren, ist es für die Unternehmen zuerst einmal entscheidend, eine übergeordnete Vision und dazu konkrete Use Cases zu definieren.

Wo sich nicht nur Datenströme übergreifend verzahnen, sondern auch Prognosen und Modelle austauschen lassen sollen, darf Schutz nicht fehlen. Neben hohen Sicherheitsstandards und modernsten Verschlüsselungstechnologien kann künftig auch die Blockchain-Technologie einen interessanten Lösungsansatz bieten, der auf Data Hubs für Sicherheit sorgen kann. So könnte sie Manipulationen durch unberechtigte Dritte ausschließen und weiterhin auch den originären Ursprung von Daten gewährleisten.

Experten erwarten, dass die Bedeutung derartiger Datenumschlagplätze wächst. Losgelöst von Cloud-Plattformen, Anbietern und international agierenden Herstellern sollen sich Data-Hubs künftig auch miteinander verbinden können. Dann sind digitale Informationen auch global nutzbar. Dabei gilt es, national unterschiedliche Datenschutzregelungen zu beachten.

Beispiel China: Das Land hat eine eigene Gesetzgebung für Maschinendaten, die es in Anwendungen zu beachten gilt. In Europa wiederum liegt der Hauptfokus auf dem Schutz personenbezogener Daten und dem freien Datenverkehr innerhalb der EU und des Europäischen Binnenmarktes.

Geeignete Ökosystem schaffen

Fortschritte in der Rechen- und Speichertechnologie, wie sie sich in den Cloud-Rechenzentren der Anbieter zeigen, machen derartige Handelsplattformen erstmals möglich. Hier findet sich die skalierbare Rechenpower, die KI-Anwendungen verlangen. Für die Daten selbst sorgt unter anderem das Internet der Dinge: Bereits jetzt sind Milliarden Geräte miteinander vernetzt - Smart Home Services und Wearables aus dem Consumer-Bereich wie auch vernetzte Fahrzeuge oder Industrieroboter aus dem Business-Bereich. Neue Mobilfunknetze wie 5G werden dafür sorgen, dass mehr Daten immer schneller und mit deutlich verkürzten Latenzzeiten in Rechenzentren und Data Hubs zur Verarbeitung bereitstehen.

Bereits am Start sind schon komplett virtuelle digitale Geschäftsmodelle, die ohne physikalische Assets auskommen; also etwa ohne Gebäude, Maschinen oder Anlagen, in denen sonst Kapital gebunden ist. Beispiel Uber: Eine App bringt Taxis und Kunden zusammen. Statt selbst eine Flotte zu unterhalten und Fahrer zu beschäftigen, vermittelt Uber nur den Service. Ein Trend, der sich auch in der Logistik erkennen lässt: Hier entstehen aktuell vergleichbare, "uberisierte" Geschäftsmodelle. Entscheidend für den Erfolg sind digitale Plattformen und intelligente Architekturen. (hal)