Outlook, Sharepoint und Skype treten in den Hintergrund

Microsoft Teams - ein Werkzeug für alles

26.04.2018
Von 
Daniel Vollmer ist Managing Director & Chief Architect bei der AppSphere AG.
Mit Teams will Microsoft seine Kommunikation- und Kollaboration-Tools unter einem Dach bündeln. Nach anfänglichen Unsicherheiten nimmt das Tool Fahrt auf - eine Bestandsaufnahme nach einem Jahr und ein Ausblick auf das, was noch folgen soll.

Seit gut einem Jahr ist Microsoft Teams nunmehr auf dem Markt. Mitte März 2017 feierte das Tool seinen Einstand und wirbelte in der Folge den Software-Werkzeugkasten aus dem Hause Microsoft kräftig durcheinander. Das sorgte in den Reihen der Microsoft-Klientel teilweise für Verwirrung und Unsicherheit. Auch treue Kunden rätselten, was Microsoft Teams überhaupt ist: Ein neues Kollaborationstool à la SharePoint? Oder ein neues Kommunikationstool wie Skype for Business? Oder ist es einfach nur "noch ein neues Tool", das - wie einige andere Werkzeuge in der Vergangenheit - bald wieder verloren geht oder gar abgekündigt wird?

Mit Microsoft Teams sollen Anwenderunternehmen die Vielfalt an Softwarewerkzeugen für den den eigenen virtuellen Arbeitsraum bändigen können.
Mit Microsoft Teams sollen Anwenderunternehmen die Vielfalt an Softwarewerkzeugen für den den eigenen virtuellen Arbeitsraum bändigen können.
Foto: Microsoft

Als Microsoft Teams Ende 2016 als Preview freigab, schien es noch keinen rechten Weg zu geben, wohin sich das Tool entwickeln sollte. Klar zu erkennen war lediglich, dass ein völlig neuer Arbeitsstil erforderlich wurde, um die potenziellen Mehrwerte voll ausschöpfen zu können. Nicht klar war jedoch, was an einem Chat-Tool, wie Teams von Microsoft vornehmlich beworben wurde, noch einzigartig sein könne. Zudem war kaum von der Hand zu weisen, dass der Fokus eindeutig darauf lag, dem Konkurrenten Slack etwas Adäquates entgegenzusetzen.

Mehr als 200.000 Unternehmen nutzen virtuelle Arbeitsräume

Wohin der Weg führen sollte, wurde während der Preview-Phase allerdings immer klarer. Tatsächlich zündete die Lösung innerhalb kürzester Zeit wie eine Rakete. Inzwischen nutzen Teams über 200.000 Unternehmen weltweit, die innerhalb eines Jahres wiederum mehr als drei Millionen sogenannter "Teams" erzeugt haben.

Ein "Team" ist eine Art virtueller Arbeitsraum, in dem möglichst viele digitale Arbeitsprozesse, die in der Gruppe stattfinden, an einem Ort gebündelt werden. Dazu zählen beispielsweise das Verarbeiten von Dokumenten, aber auch das Führen von Einzel- und Gruppengesprächen - entweder textuell wie auch per Audio/Video, das Sammeln von Notizen, die Verwaltung von Aufgaben und noch vieles mehr.

Cockpit für 360°-Collaboration

Die Teams-App funktioniert hierbei als eine Art Cockpit, um all diese Einzelaufgaben unter einen Hut zu bringen. So verwundert es denn auch nicht, wenn Dateien auf SharePoint Online abgelegt werden, Unterhaltungen und Chats innerhalb Exchange Online gespeichert werden, Notizen über OneNote bearbeitbar sind und Aufgaben im Hintergrund über Microsoft Planner verwaltet werden. Damit wird auch eines klar: Teams lässt sich nur als Bestandteil des Cloud-Services Office 365 verwenden. Da die genannten Prozesse nur einen Bruchteil typischer Team-Prozesse darstellen, bietet Microsoft die Integration weiterer hausinterner Produkte wie zum Beispiel Power BI, Stream oder Forms an.

Die Oberfläche von Microsoft Teams.
Die Oberfläche von Microsoft Teams.
Foto: Microsoft

Auch derzeit knapp 40 Drittanbieterprodukte wie YouTube, Trello, Adobe Creative Cloud, aber auch eher unbekanntere Arbeitswerkzeuge wie zum Beispiel das Mindmapping-Tool "MindMeister" können in Teams eingebunden werden. Die App ist per Web App sowohl für die klassischen Betriebssysteme Windows und Mac OS wie auch für Smartphones und Tablets verfügbar. Bots zur Automatisierung einfacher Aufgaben und Konnektoren zu externen Drittsystemen runden die Funktionsvielfalt ab, mit der die Produktivität des Anwenders gesteigert werden soll.

Virtuelle Arbeitsräume sind schnell gebaut

Worin besteht nun der Unterschied zu klassischen Anwendungen wie Outlook, Fileshares, Skype for Business und anderen Tools, die die genannten Gruppenarbeitsprozesse ebenfalls unterstützen? Es sind in erster Linie zwei Aspekte, die Teams auszeichnen: Das Werkzeug vereint nahezu alles an einem Ort und ein neuer Arbeitsraum ist tatsächlich innerhalb weniger Sekunden am Start.

Nicht wenige Anwender in Unternehmen müssen heute noch Stunden oder Tage auf ein Projektlaufwerk warten beziehungsweise sind nicht in der Lage, jederzeit und von jedem Ort eine Audio- und Videokonferenz zu starten. In Zeiten immer stärker werdender Cloud-Services, die auch privat intensiv genutzt werden, nervt dies nicht nur die jungen Fachkräfte, sondern alle Mitarbeiter, die sich in ihrer Arbeit aufgehalten fühlen.

Teams sollen sich im Rahmen von Self Servcies zügig anlegen lassen.
Teams sollen sich im Rahmen von Self Servcies zügig anlegen lassen.
Foto: Microsoft

Schneller und effizienter wird es also tatsächlich, wenn neue Arbeitsmittel wie Teams eingesetzt werden. Ist der neue Arbeitsstil erst einmal verinnerlicht, kommt es häufig vor, dass "Teams" wie Pilze aus dem Boden schießen. Anwender schätzen neben der Möglichkeit, virtuelle Arbeitsräume im Self-Service - also ohne fremde Hilfe aus dem IT-Support - zu erzeugen, den universellen Einsatz für unterschiedliche Szenarien wie interdisziplinäre Arbeitsgruppen, hierarchische Organisationsgruppen, Projektteams oder international aufgestellte Vorhaben.

Unterstützen statt kontrollieren

Aber wie gelingt es Unternehmen, dass Anwender den neuen Arbeitsstil adaptieren und leben? Das einfache "Bereitstellen" der App, eine Ankündigung im Intranet oder die Verteilung eines One-Pagers sind definitiv nicht genug. Idealerweise werden stattdessen alle potenziellen Anwender mit Trainings oder Webinaren anhand guter Anwendungsbeispiele qualifiziert.

Doch selbst dann wird sich das Mindset jedes Einzelnen nicht ad-hoc verändern - der Wandel braucht Zeit und Unterstützung durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen, die Teams innerhalb des Unternehmens fast unumgänglich machen. Auch die Definition bestimmter Key-User innerhalb der Organisation kann helfen.

Was neben der anfänglichen Unterstützung mindestens genauso wichtig ist, ist das Abgeben von Kontrolle - gerade in Hinblick auf die Administration. Das Erstellen von "Teams" zieht zum Beispiel sofort das Erstellen einer gleichnamigen Office 365-Gruppe nach sich - ganz ohne Namenskonventionen. Das kommt sonst noch auf Administratoren zu:

  • Änderungen ohne rechtzeitige Ankündigung - vorgekommen, Microsoft gelobt Besserung.

  • Notifications, die sich wie normale Windows-Benachrichtigungen bei Präsentationen nicht in den Vordergrund drängen - Fehlanzeige.

  • Automatische Software-Verteilung - schwierig, man fragt sich, wer die Installationsroutine geschrieben hat.

  • Mehr oder weniger ungefragte Bereitstellung weiterer neuer 3rd-Party-Tool-Integrationen - klar, ist doch ein Cloud-Service, aber will ich das wirklich?!

Bei all diesen, nennen wir es Funktionslücken oder Unzulänglichkeiten hinsichtlich der Enterprise-Fähigkeit, sollte aber auch erwähnt werden, dass sich Teams schnell in die richtige Richtung weiterentwickelt und einige Punkte inzwischen trotzdem ganz gut kontrolliert werden können. Gemäß agiler Prinzipien, mit jedem Release echte Mehrwerte an den Anwender auszuliefern, kommen monatlich neue Verbesserungen und Funktionen für Nutzer und Administratoren hinzu. So ist es mitlerweile möglich, ein Präfix oder Suffix bei der Erstellung von "Teams" vorzugeben, die Zulassung von 3rd-Party-Tools oder Gast-Einladungen einzuschränken oder auf eine Nutzungsrichtlinie zu verweisen.

Im Rollout befindet sich derzeit das völlig neu gestaltete Teams-Admincenter. Und im Preview die Möglichkeit, sogenannte Überprüfungsprogramme zu starten. Dabei werden Teams-Besitzer beispielsweise periodisch danach gefragt, ob die Mitglieder eines Teams noch aktuell sind. Anwender selbst können die Weiterentwicklung von Teams beeinflussen, indem sie über die Plattform "Uservoice" Feedback geben und Wünsche äußern. Nicht selten kommt es vor, dass man direkte Rückfragen von Microsoft-Mitarbeitern bekommt oder an Umfragen teilnehmen kann, die das eigene gewünschte Feature betreffen.

Teams kommt, Skype for Business geht, E-Mail bleibt

Die Frage, in welche Richtung sich Teams weiterentwickeln wird, hat Microsoft zwischenzeitlich auf seiner größten Technologiemesse "Ignite" im Herbst 2017 beantwortet. Dort wurde Teams als der zukünftig einzige Kommunikations- und Kollaborations-Client angekündigt. Das "konkurrierende" Produkt Skype for Business wird somit in Zukunft nur noch die zweite Geige spielen, selbst wenn Ende 2018 noch eine neue Version der On-Premise-Version herauskommen soll. Für Teams hat der weltgrößte Softwarehersteller eine belastbare Roadmap aufgezeigt, wie bekannte Features, insbesondere rund um Telefonie, von Skype for Business schrittweise im aktuellen Jahr integriert werden sollen.

Bots erleichtern in Teams beispielsweise das Auffinden von Personen in großen Unternehmen.
Bots erleichtern in Teams beispielsweise das Auffinden von Personen in großen Unternehmen.
Foto: Microsoft

Zur Zukunft von Outlook, das grundsätzlich ebenfalls in die Kategorien Kollaboration und Kommunikation fällt, äußern sich die Microsoft-Verantwortlichen zurückhaltender. Auf eine formlose Rückfrage während der Messe im Herbst vergangenen Jahres lautete die ausweichende Antwort, dass das doch "sehr visionär gedacht" sei. Konsequenterweise muss eine E-Mail-Funktionalität aber viel stärker in Teams integriert werden, will Microsoft seine Kommunkations- und Kollaborations-Tools tatsächlich auf einen einzigen Client konsolidieren.

Auch in Zukunft wird Kommunikation zwischen Mitarbeitern, Partnern und Kunden stattfinden, die eben nicht gleich einem Team angehören. Hierfür ein zweites Produkt parallel nutzen zu müssen, ergibt auf lange Sicht eigentlich keinen Sinn. Wird E-Mail-Funktionalität also nicht stärker integriert, ist zu erwarten, dass auch weiterhin viel zu häufig zu Outlook gegriffen wird, obwohl eine Unterhaltung oder ein 1:1- beziehungsweise Gruppen-Chat in der Teams-App viel sinnvoller gewesen wäre.

Teams setzt sich durch - auf lange Sicht

Die rasant wachsende Verbreitung von Teams gerade in Cloud-affinen Unternehmen, die hohe Nutzerakzeptanz trotz erforderlicher Veränderung des eigenen Arbeitsstils und die schnell wachsende Funktionsvielfalt zeigen, dass es sich bei Teams nicht um eine Eintagsfliege handelt, sondern um ein Produkt, das andere Anwender-Tools von ihrem angestammten Thron stoßen wird. Und das zu Recht, denn die Lösung schafft es, viele Arbeitsprozesse im Team massiv zu vereinfachen und zu beschleunigen.

So ist es kaum verwunderlich, dass die meisten Anwender anfängliche Kinderkrankheiten akzeptieren oder zumindest tolerieren. Auf Fragen, wie man mal eben schnell die gesuchte Information innerhalb einer inflationär wachsenden Menge an "eigenen Teams" finden soll, wird es mit Sicherheit über kurz oder lang sinnvolle Antworten geben. Wer mit IT-gestützter Teamarbeit zu tun hat und das Tool noch nicht ausprobiert hat, der sollte dies schleunigst nachholen und den Nutzen fürs eigene Unternehmen bewerten.