Die Londoner wollen einem Artikel des Wall Street Journal (WSJ) zufolge ihre Finanzdaten und Handelsplattformen in die Microsoft-Cloud verlagern. Dazu nehmen Sie den Betreiber der Azure-Cloud in die Pflicht. Die Vereinbarung sieht vor, dass die größte Börse Europas über die nächsten zehn Jahre 2,8 Milliarden Dollar für Microsoft-Produkte ausgibt, hauptsächlich für die Cloud-Dienste.
David Schwimmer, CEO der Börse, sagte in einem Call mit Analysten: "Wir entwickeln gemeinsam wichtige neue Produkte in einem viel größeren Maßstab als bei früheren Partnerschaften." Man werde zusammen investieren, neue Angebote designen und damit an die Märkte gehen. Wie das WSJ interpretiert, spiegelt der Deal die immer häufiger zu beobachtende Symbiose zwischen Technologie- und Finanzmarktunternehmen wider.
Cloud-Deals in der Finanzbranche nehmen zu
Letztes Jahr hatte Google eine Milliarde Dollar in die CME Group Inc. investiert, Betreiber einer der weltgrößten Terminbörsen. Die Unternehmen vereinbarten, die wichtigsten Handelssysteme von CME in die Cloud zu verlagern. Schon vor zwei Jahren kündigten die Deutsche Bank und Google an, eng zusammenzuarbeiten. Die Nasdaq Inc. indes verlagert ihre nordamerikanischen Märkte in die Cloud-Plattform von Amazon Web Services (AWS).
Offenbar haben sich bei Microsoft die Sorgen gemehrt, hier einen Trend zu verpassen. Zusätzlich zu den 2,8 Milliarden Dollar, die Londons Börse in die Azure-Cloud stecken will, kalkuliert Microsoft über einen Zeitraum von zehn Jahren mit weiteren Einnahmen von 2,2 Milliarden Dollar, die über assoziierte Händler, Investoren und Finanzberater eingenommen werden sollen. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die mit der London Stock Exchange eng verbunden sind und ebenfalls über die neue Cloud-Infrastruktur Geschäfte abwickeln werden.
Gemeinsames Ziel: den Datenschatz heben
Für die Briten soll der Deal vor allem eine intensivere Nutzung der Daten und eine schnelle und breite Anbindung an die Infrastrukturen der Kunden ermöglichen. In der Finanzwelt ist das Thema Datennutzung heißt, viele Finanzinstitute und Börsen arbeiten daran, in die Cloud zu wechseln, um hier mit größeren Schritten voranzukommen.
Laut WSJ sind die Londoner darauf aus, künftig mit dem Handel von Daten Geld zu verdienen, um die Abhängigkeit vom margenschwachen Geschäft mit Börsentransaktionen zu reduzieren. Im vergangenen Jahr hatte die Börse dazu den Finanzinformations- und Terminal-Dienst Refinitiv Holdings Ltd. gekauft - von einem Konsortium aus Blackstone Inc. und Thomson Reuters Corp.
Die vier Prozent an der Londoner Börse kauft auch Microsoft einem Investorenkonsortium ab, an dem Blackstone und Reuters die Mehrheit halten. Die Unternehmen haben nicht bekannt gegeben, welcher Preis für die Aktien gezahlt werden soll. Für Microsoft ist eine Beteiligung an einem Großkunden eine Pioniertat - weitere Deals dieser Art dürften folgen. (hv)