"Häufig im Irrtum, nie im Zweifel" lautet das Lebensmotto von Bob Lutz, dem ehemaligen Chef des US-Autobauers GM. Dieses Motto ist auch Microsoft nicht fremd, haben die Redmonder doch in den letzten Jahren viele Weichen einfach nicht richtig gestellt, waren aber gleichzeitig felsenfest von der Richtigkeit ihres Handels überzeugt.
Bestes Beispiel dafür ist wohl das Thema Cloud Computing. Die Strategie, möglichst viele Kunden auf die eigenen (Public-) Plattformen zu holen, die Kundenbeziehung zu halten und somit die Partner vor den Kopf zu stoßen, hat sich als gefährlicher Irrtum erwiesen. Die Public Cloud eignet sich für die meisten Unternehmen derzeit nur für ausgewählte Workloads. Das heißt aber nicht, dass alles andere On-Premise betrieben wird.
Die Unternehmens-IT ist nämlich nicht entweder Public oder On-Premise, sie ist vor allem eines: heterogen und hybrid. Unternehmen benötigen die volle Bandbreite an Modellen, von der dedizierten Managed Cloud bis hin zur Public Cloud. Nicht umsonst hat sich der Begriff Multi-Cloud bereits in den Fachjargon eingeschlichen. Cloud-OS ist Microsofts Antwort auf diese Realitäten. Die technologische Basis von Cloud-OS bilden Windows Azure und Windows Server, sowie System Center und der SQL-Server. Wo und wie diese Clouds aufgebaut und betrieben werden, also beim Kunden, beim Hoster oder bei Microsoft ist also Geschmackssache.
Microcoft hat einen Fehler korrigiert
Gut, dass Microsoft dies erkannt hat und nun konsequent diesen Weg beschreitet. Übrigens eine weitere Parallele zu Bob Lutz. Bezeichnete er etwa anfangs Studien über den Klimawandel noch als Unfug, brachte sich Lutz später als entschiedener Verfechter des Elektroautos in Stellung.
Die Richtung stimmt also nun, Microsoft besinnt sich zudem wieder auf eine seiner ganz großen Stärken, nämlich seine Partnerlandschaft. Immer wenn Microsoft es geschafft hat die Partner mitzunehmen, stellten sich auch die Erfolge ein. Zudem sind die Partner in der aktuellen Cloud-OS Strategie auch der Teil, der die Vision der Wahlfreiheit und der Multi-Cloud Wirklichkeit werden lässt.
Das Cloud-Portfolio ist durchgängig
Also ist die aktuelle Initiative auch aus Sicht der Partner zu begrüßen. Denn sie können nun viele der bohrenden Fragen der Anwender nach Integration, Schnittstellen und Investitionssicherheit endlich eindeutig beantworten.
Microsoft hat sich jetzt also erst mal eine gute Ausgangslage verschafft. Kein anderer Player kann seinen Kunden im Moment eine so weit verbreitete, durchgängige Cloud-Umgebung von Private, über Hybrid PaaS und Hosted PaaS bis hin zu Public IaaS und Managed Cloud mit Hilfe der Service-Provider bieten. Innerhalb des Microsoft-Universums kann der Kunde jetzt frei wählen, nach welchem Modell und vor allem in welchem Datacenter er seine Cloud betreibt.
Die Partner wollen Erklärungen
Aus Sicht von Crisp Research ist die aktuelle Cloud-OS Strategie ist also die ganz große Chance für Microsoft und gleichzeitig auch die größte Herausforderung. Denn jetzt muss Microsoft seinen Kunden und Partnern diese Vision erst einmal erklären. Und das ist kein einfacher Product-Pitch. Vielmehr muss es gelingen die verschiedenen Zielgruppen individuell anzusprechen und auf deren Anforderungen abzustimmen. Es geht jetzt also darum, den eingeschlagenen Kurs beizubehalten und die Vorteile der durchgängigen Cloud-Umgebung zu kommunizieren. Viele Kunden werden nämlich im Rahmen ihrer eigenen digitalen Transformation auf Multi-Cloud Konzepten setzen (müssen).
Aber auch die Partner müssen noch überzeugt werden. Die jetzige Zahl an Cloud-OS-Partnern ist noch überschaubar. Hier heißt es vor allem Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, die man in den letzten Jahren vielfach verspielt hat. Die vielen wechselnden Marketingbotschaften haben nicht gerade für Vertrauen in der Partnerlandschaft gesorgt.
Und trotzdem, die Vision ist richtig, die Strategie auch. Jetzt heißt es, sich nicht beirren zu lassen. (jha)