Weitere $36 Mio. eingesammelt

Mesosphere kündigt Betriebssystem für Rechenzentren DCOS an

08.12.2014
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Florian Leibert und Tobias Knaup, seit Jahren im Silicon Valley, schicken sich mit ihrer Firma Mesosphere an, das Data Center zu revolutionieren.

Mesophere kündigt heute sein "DCOS" an. Dieses überträgt gewissermaßen das Konzept der virtuellen Maschinen auf das komplette Rechenzentrum und kann einer Mitteilung zufolge tausende von Servern in einem Data Center oder der Cloud verbinden und deren Ressourcen so bündeln, dass diese sich wie ein großer Rechner verhalten. Laut einem Bericht von "TechCrunch" gibt es schon einen Referenzkunden mit 50.000 Nodes auf DCOS, bis Ende kommenden Jahres will der Anbieter gar bis 500.000 Nodes skalieren können.

Der DCOS-Administrator kann das System wahlweise von der Kommandozeile oder über ein graphisches Interface steuern. Aus dessen Bibliothek lassen sich Ressourcen per Drag and Drop aufs CLI bewegen und so sehr schnell mehrere Instanzen einer Software aufstarten. "Im Prinzip machen wir den Softwareentwickler zum Data-Center-Programmierer", sagt Mitgründer und CEO Florian Leibert, der vor Mesosphere bei Twitter und Netflix angestellt war.

Über einen verteilten Scheduler - "Chronos", von Leibert höchstpersönlich ersonnen - kann man außerdem Trigger definieren, die unter bestimmten Bedingungen einen Satz Befehle abarbeiten - so ließe sich beispielsweise ein Job anhalten, sobald eine Kostengrenze erreicht ist. Insgesamt soll DCOS das Data Center auch besser auslasten und damit effizienter nutzen. "85 Prozent der Kapazität eines Rechenzentrums wird üblicherweise verschwendet", sagte Mesopheres Marketing- und Business-Development-Chef Matt Trifiro gegenüber "GigaOM".

"Moderne Applikationen sprengen den Rahmen eines einzelnen Servers", so Leibert weiter. "Das Data Center braucht ein Betriebssystem. Mesosphere DCOS automatisiert häufige Vorgänge und macht das gesamte Rechenzentrum programmierbar. Wir geben Entwicklern die Möglichkeit, das gesamte Potential der zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen, ohne sich über die Komplexität der Verteilung über hunderte oder gar tausende Rechner Gedanken machen zu müssen. Wir entwickeln moderne, verteilte Systeme, die sich einfach aufsetzen und betreiben lassen - so als ob sie auf einem einzelnen Rechner laufen würden."

DCOS basiert auf Apache Mesos, einem Kernel für verteilte Systeme, der Routinen für das Ressourcenmanagement, die Container-basierte Isolation und Koordination über komplette Datenzentren und Cloud-Umgebungen hinweg bereitstellt. Seit 2010 laufen die privaten Datenzentren von Twitter auf Mesos; Airbnb und Hubspot verwalten ihre Amazon-Cloud-Infrastrukturen mit Mesos. Weitere Web-Unternehmen, die Mesos verwenden, sind eBay, Netflix, OpenTable, PayPal und Groupon.

"Unsere Vision bei der Entwicklung des DCOS war es, dass Applikationen im Data Center die Hauptrolle spielen, nicht die Server", erklärt Benjamin Hindman, der Mesos am Berkeley AMPLab entwickelte und im Oktober von Twitter zu Mesosphere wechselte. "Administratoren und Entwickler sollen in der Lage sein, Anwendungen unter Rückgriff auf die in einem Cluster verfügbaren Ressourcen mit derselben Leichtigkeit aufzusetzen, mit der ein Anwender ein Programm auf seinem Computer oder Smartphone startet."

Mesosphere DCOS läuft agentenbasiert auf allen gängigen Linux-Distributionen und nutzt das komplette Ressourcenmanagement des Host-Betriebssystems (Multiplexing, Zeitschachtelung etc.) weiter. Diese Integration bestehender Host-Betriebssysteme macht einen kompletten Austausch der Technik überflüssig und DCOS unabhängig von "Stack"- oder Hardware-Präferenzen für jedes Unternehmen nutzbar, das mit Linux arbeitet.

Zu den wichtigsten Features von Mesosphere DCOS gehören:

  • Ein Kernel für verteilte Systeme mit höchsten Sicherheitsstandards auf Basis von Apache Mesos.

  • Eine Reihe zentraler System-Services, darunter ein verteiltes Init-System (Marathon), ein verteilter cron (Chronos), Service Discovery (DNS), Storage (HDFS) und mehr, die allesamt in der Lage sind, in großem Maßstab Container zu starten.

  • Eine Benutzeroberfläche mit einer Befehlszeile für die Steuerung des Mesosphere DCOS und Tools für die Visualisierung der Abläufe in Ihrem Datacenter.

  • Killer-Applikationen und ein Ökosystem von Datacenter-Services, darunter Apache Spark, Apache Cassandra, Apache Kafka, Apache Hadoop, Apache YARN, Apache HDFS und Google Kubernetes, die von Mesosphere und Drittanbietern als native Services auf dem Mesosphere DCOS unterstützt werden.

  • Eine öffentliches und privates Repository, mit deren Hilfe sich Datacenter-Services von Drittanbietern und aus eigener Entwicklung bereitstellen und mit nur einem Befehl installieren lassen.

  • Ein API und Software Development Kit (SDK), mit dem Programmierer für das Datacenter Software so schreiben können, als ob es ein einziger großer Server wäre, was die Entwicklung skalierbarer Applikationen und Services mit eingebauter Hochverfügbarkeit und Fehlertoleranz enorm beschleunigt.

  • Unterstützung einer Vielzahl von Plattformen:
    * alle modernen Versionen von Linux: Redhat, CentOS, Ubuntu und CoreOS
    * On-Cloud: Amazon, Google, DigitalOcean, Microsoft, Rackspace, VMware
    * On-Premise: direkt auf der Hardware, VMware, OpenStack

Mesosphere DCOS soll Anfang kommenden Jahres allgemein verfügbar werden. Das Geschäftsmodell wird ähnlich sein wie bei Cloudera - Mesosphere wird Abos anbieten, in deren Rahmen Firmenkunden eine gehärtete Version mit einigen proprietären Extensions und Support erhalten. Unternehmen, die schon jetzt an der Private Beta interessiert sind, können sich unter http://mesosphere.com/product/#signup anmelden.

In einer dritten Finanzierungsrunde hat Mesosphere jetzt weitere 36 Millionen Dollar erhalten. Neuer Kapitalgeber und Lead Investor war dieses Mal Khosla Ventures; weiteres Kapital kam unter anderem von Andreessen Horowitz, Fuel Capital und SV Angel. "Die Branche braucht eine neue Art von Betriebssystem, mit dem sich die komplexe Landschaft in der Ära der agilen IT optimieren und automatisieren lässt", kommentiert Vinod Khosla, Gründer von Khosla Ventures und Mitbegründer von Sun Microsystems. "In dieser Umgebung reicht die bestehende Virtualisierungs- beziehungsweise Steuerungssoftware nicht aus. Mesosphere hat es geschafft, ein hochklassiges Team für die Entwicklung dieser Software-Basis anzuwerben, die es ermöglichen wird, riesige Distributed-Server-Applikationen so einfach wie eine App auf Ihrem Smartphone oder PC auszuführen."

Insgesamt hat Mesosphere von Investoren jetzt fast 50 Millionen Dollar eingesammelt. Das frische Geld soll in das globale Wachstum im Zuge des DCOS-Rollouts fließen. Seit Juni dieses Jahres hat Mesosphere auch ein Büro in Hamburg und sucht dort aktuell Softwareentwickler. Im Laufe des kommenden Jahres soll dann auch eine Vertriebsabteilung aufgebaut werden.