Roboter haben schon lange ihren festen Platz in den Werkshallen weltweit. Doch spätestens das Übernahmeangebot des chinesischen Hausgeräteherstellers Midea für den Augsburger Roboterbauer Kuka macht klar, dass den maschinellen Fabrikarbeitern auch eine Schlüsselrolle zukommt, wenn es um die Zukunft der Industrie geht. Gleichförmige Arbeiten wie Schweißen und Lackieren im Fahrzeugbau erledigen sie seit Jahrzehnten zuverlässig und schnell. Künftig werden Roboter aber stärker Hand in Hand mit dem Menschen arbeiten. Auf der Münchner Fachmesse Automatica geben solche Cobots, die auch Kuka und der Schweizer Industriekonzern ABB bauen, in diesem Jahr den Ton an. Wir haben die wichtigsten aktuellen Fragen und Antworten zum Thema für Sie zusammengefasst.
Wo werden die Cobots schon eingesetzt?
Als Vorreiter gilt die Automobilindustrie. BMW beispielsweise brachte 2013 in seinem US-Werk in Spartanburg (South Carolina) erste "kollaborative Automaten" zum Einsatz. Sie helfen ihren menschlichen Kollegen dabei, Türdichtungen anzubringen, und sorgen für den passenden Anpressdruck beim Einkleben. Mittlerweile hat BMW 30 solcher Geräte in Spartanburg, aber auch an den deutschen Standorten Dingolfing und Regensburg im Einsatz, wie ein Sprecher sagt.
Auch bei VW und Daimler tun Leichtbauroboter ihren Dienst. Anders als automatische Haushaltshelfer wie etwa rasenmähende oder staubsaugende Roboter sind Cobots von Haus aus für die Zusammenarbeit mit dem Menschen ausgelegt und werden dank ausgefeilter Sensortechnik zunehmend auf sie reagieren und eingehen können. Als weitere Einsatzfelder kommen etwa Krankenhäuser, der Einzelhandel oder die Gastronomie in Betracht.
- Einsparungen in der Lieferkette
Die Grafik zeigt, dass in den kommenden Jahren besonders bei Finance & Accounting sowie in der Supply Chain mit Einsparungen durch Automatisierung zu rechnen ist. - Roboter ersetzen Menschen
Bei den horizontalen Prozessen konnten bereits im vergangenen Jahr zum Teil erhebliche Personaleinsparungen realisiert werden. Die Übersicht zeigt, dass dies wiederum besonders in der Lieferkette gelang. - Analytics matters
Cognizant betont in der Studie mehrfach die Bedeutung des Zusammenspiels von Automatisierung und Analyse. Letztere spielt neben der Kostensenkung aus Entscheidersicht vor allem eine wichtige Rolle beim Verstehen von Kundenbedürfnissen und bei der Verbesserung von Prozessen. - Transformatorische Kraft
In wenigen Jahr wird sich die transformatorische und signifikante Wirkung von Prozess-Automatisierung mit Wucht entfalten. Das sieht die Hälfte der Befragten so. Wobei die Bedeutung auch heute bereits hoch ist. - Erhöhte Glaubwürdigkeit
Der Einfluss von digitalen Prozes-Technologien macht sich laut Studie in Sachen Analytics über ganze Prozesse hinweg positiv bemerkbar. Das betrifft insbesondere die Datenqualität und -verlässlichkeit, aber auch die Integration von Daten wird einfacher. - Hürden und Hindernisse
Sechs Klippen benennen die Befragten als besondere Herausforderung bei der Digitalisierung von Prozessen. Die Datensicherheit ist das größte Problem. - Abwartende Banken
Drei Branchen nimmt die Studie ins Visier. Während die HealthCare-Firmen bei der digitalen Reise vorneweg maschieren oder zumindest den Zug nicht verpassen wollen, warten 39 Prozent der Banken erst einmal ab.
Besteht die Gefahr, dass Cobots die Menschen ersetzen?
Industrie und Branchenvertreter beteuern, dass die Maschinen vor allem Beschäftigte bei ihrer Arbeit entlasten sollen. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels könnten Cobots dabei helfen, ältere Mitarbeiter länger am Arbeitsplatz zu halten, weil sie ihnen bei körperlich anstrengenden oder schlecht zugänglichen Tätigkeiten assistieren. Mit einer vergleichbaren Automatisierungswelle wie in den 1970er und 1980er Jahren sei nicht zu rechnen, heißt es bei BMW.
Auch der Maschinenbauverband VDMA sieht keinen Grund für solche Sorgen. Schon heute liege Deutschland bei der "Roboter-Dichte" weltweit auf dem dritten Platz hinter Südkorea und Japan - und trotzdem sei die Beschäftigung auf einem Rekordstand. 292 Roboter kämen derzeit auf 10.000 Industrie-Beschäftigte in Deutschland.
- Facebook Big Sur
Das unter Open-Source-Lizenz stehende KI-System setzt auf die Nvidia Tesla Accelerated Computing Platform und übernimmt bei Facebook heute komplexe Aufgaben, für die früher auf Drittanbieter-Hardware zurückgegriffen werden musste. - Google RankBrains
Für Suchanfragen, die erstmalig auftauchen, soll RankBrains menschliche Schriftsprache in mathematische Vektoren übersetzen, die die Suchengine dann verarbeiten kann. Diese Form des maschinellen Lernens wird mit steigender Zahl bislang unbekannter Suchanfragen immer besser. Wissbegierige Internetnutzer trainieren das System quasi unbewusst. - Google Deepmind AlphaGo
Besiegte kürzlich den Welt- und den Europameister im asiatischen Brettspiel Go: das KI-System Alpha Go, das von Google Deepmind entworfen wurde. - SwiftKey Neural Alpha
Wer SMS schreibt, bekommt schon länger Wortvorschläge. Mit Neural Alpha will "n-gram"-Erfinder SwiftKey nun aber auch ganze Satzzusammenhänge vorhersagen und so die Texteingabe noch intuitiver machen. - Open AI
Investor und Tesla-Gründer Elon Musk erforscht in der "Open AI"-Initiative zusammen mit anderen Silicon-Valley-Vordernkern die Künstliche Intelligenz zum Wohle der Menschheit. Damit wir keine bösen Terminatoren bekommen, die uns alle versklaven wollen... - Microsoft XiaoIce
Der Microsoft-"Virtual Social Assistant" XiaoIce trägt seit Ende 2015 den Wettbericht im chinesischen Fernsehen komplett ohne menschliche Hilfe vor. - Roboter-Concierge Connie
Wenn Sie demnächst in einem Hilton absteigen, könnten Sie einem kleinen Roboter-Concierge begegnen: "Connie" arbeitet mit Watson-Technologie von IBM und steht Hotelgästen mit Rat und Tat zur Seite. Das Pilotprojekt läuft gerade in den USA.
Was sagen Arbeitnehmervertreter und Ökonomen?
Die IG Metall sieht erst einmal mehr Chancen als Risiken - vorausgesetzt, die Menschen behalten die Oberhand über die Maschinen und werden nicht "im Ballett der Leichtbauroboter" an den Rand gedrängt, wie Gewerkschaftschef Jörg Hofmann bei einer Fachtagung deutlich machte. Intelligent kombiniert könnte das Team Mensch/Maschine dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu verbessern - etwa durch in Summe niedrigere Arbeitskosten, eine höhere Qualifikation und ergonomische Arbeitsbedingungen.
Skeptischer sind Experten der ING-Diba. In einer Studie von Ende April warnt die Bank, dass gut 18 Millionen Jobs in Deutschland durch die fortschreitende Automatisierung gefährdet sein könnten - darunter in Büros und Sekretariaten, bei Post- und Zustelldiensten oder in der Lagerwirtschaft. Das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZWE) dagegen verweist ähnlich wie die IG Metall darauf, dass neue Technologien Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen steigern und so auch neue Jobs schaffen können.
- DHL über Robotics in Logistics
Die DHL Customer Solutions & Innovation (Deutsche Post DHL Group) legt mit der Studie "Robotics in Logistics" einen Ausblick in mögliche künftige Arbeitswelten vor. - Baxter
Im DHL Asia Pacific Innovation Center sorgt Roboter "Baxter" für Ordnung. - DHL Parcel Robot
Die DHL setzt diese "Päckchen-Roboter" ein. - Vision
In DHLs Vision einer Welt der Advanced Robotics wachsen nicht nur Robotics und Biologie zusammen, auch die Gesetzgebung nimmt sich der Robotics an. - DHL Sorting Center
Zumindest auf dem Papier gibt es das umfassend aufgerüstete DHL Sorting Center bereits. Menschen sind hier nur noch im Robot Control Center tätig. Sie werden – zumindest laut dieser Vision – nicht mehr mit Gefahrengütern hantieren müssen. - Exoskeleton Suits
Sogenannte Exoskeleton Suits verstärken die menschliche Muskelkraft. Im Arbeitsleben sollen sie es beispielsweise Zulieferern ermöglichen, Lasten von bis zu 80 Kilogramm mühelos zu tragen. - Exoskeleton Suits
Exoskeleton Suits werden auch in der Medizin eingesetzt. Einer der gro0en Anbieter ist die Firma Ekso Bionics aus den USA, die auch eine Niederlassung in Freiburg hat. - Mensch und Roboter
DHL traut den Entwicklern von Robotern zu, diese emotional und menschenbezogen zu gestalten. Es wird nicht mehr nur um das Ausführen von Arbeiten gehen.
Warum interessieren sich chinesische Investoren und auch die Bundesregierung für Unternehmen wie Kuka?
Die Chinesen wollen mit solchen Zukäufen ihre Exportabhängigkeit verringern und sich Zugang zu wichtigen Märkten und Technologien verschaffen. Als begehrtes Ziel gelten Mittelständler aus der Roboter-, Informations- und Biotechnologie. Die Bundesregierung wiederum sieht Unternehmen wie Kuka als wichtigen Baustein der von ihr vorangetriebenen "Industrie 4.0". Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ließ zuletzt über eine Sprecherin verlauten, dass er es begrüßen würde, "wenn es eine deutsche oder europäische Alternative aus der Wirtschaft selbst heraus gäbe und die Eigentümer sich dann entscheiden könnten, welches Angebot das bessere für das Unternehmen oder den Wirtschaftsstandort Deutschland ist".
Wie sind die Marktaussichten für Roboter?
Die Wachstumsschwäche in wichtigen Schwellenländern macht auch vor den Robotern nicht halt. Nach sieben Prozent Umsatzplus für die Robotik und Automation auf 12,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr erwartet der VDMA für 2016 nur moderate Zuwächse. Mittelfristig seien die Aussichten aber sehr positiv - zumal wenn die Konjunktur etwa in China wieder anzieht, wie VDMA-Experte Patrick Schwarzkopf sagt. (dpa/fm)