„Mit einem guten Freund besuchte ich eine Jobmesse. Er hatte mehr Erfahrung als ich, war qualifizierter. Sein Jobprofil war besser als meines, aber er hatte keine Zertifizierungen”, erinnert sich der IT-Manager Justin Davison. Beide bewarben sich um den gleichen Job, Davison hatte kurz vorher eine unabhängige Zertifizierung erworben. Davison wurde zwar zum Gespräch eingeladen, bekam den Job aber auch nicht. Seine persönliche Erkenntnis aus der Jobmesse: „Die Arbeitgeber interessierten sich vor allem für die Bewerber, die über unabhängige Zertifizierungen für IT- und Netzwerkwissen verfügten.“ Er folgerte daraus, dass er noch mehr Zertifizierungen haben müsse, um einen Job zu finden. Mit insgesamt 17 Zertifizierungenen wurde er schließlich eingestellt.
Dieses Beispiel aus den USA ist außergewöhnlich – wer hat die Ausdauer, so viele Prüfungen zu absolvieren? Zugleich zeigt es, dass herstellerunabhängige Zertifizierungen für die Jobsuche in der IT wichtiger werden. Auch in Deutschland. So hat die letzte Jahresumfrage bei freelance.de ergeben, dass 58 Prozent derjenigen, die Entscheidungen über Einstellungen fällen, die Zertifikate eines Bewerbers für wichtig bis sehr wichtig halten. Unternehmen würden sich bei der Zusammenstellung von Mitarbeitern für Projektteams mit dieser Frage beschäftigen. Zertifikate würden ihnen dabei helfen, sich für den richtigen Kandidaten zu entscheiden und dessen Reputation untermauern.
Auch die CW-Studie „IT-Freiberufler 2016" betont den Stellenwert von Zertifizierungen. „In einer Branche, in der sich die Talente von Menschen nur schlecht in vergleichbare Standards pressen lassen, fällt die Auswahl des perfekten Kandidaten schwer. Umso wichtiger ist es, dass Zertifizierungen vorliegen, etwa zu BSI Grundschutz, ITIL oder Prince 2“, schreibt Florian Kurzmaier in seinem Beitrag zur Studie.
Warum Zertifizierungen?
Anfang der 80er Jahre entstanden in der IT zahlreiche neue Jobs, ohne dass deren Berufsbilder vorab definiert waren. Bis dahin war deren Zahl in einer auf den Großrechner- und Industrierechnerbereich beschränkten Informatik überschaubar. Es gab weder Ausbildungen noch Qualifizierungen. In diese Lücke traten Softwarehäuser wie Novell oder Microsoft, die standardisierte Testverfahren entwickelten, mit denen sie Wissen zu ihren Produkten und Lösungen abfragten und prüften.
Noch heute gehören Microsoft-Zertifizierungen zu den beliebtesten und verbreitetsten weltweit. Alle großen Softwareanbieter haben heute mitunter sehr ausdifferenzierte Qualifizierungen für ihr Portfolio. Damit können IT-Professionals ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen wie IT-Architektur, Cloud-Umgebungen, Netzwerke und Sicherheit – jeweils mit mehr oder weniger Bezug auf die entsprechenden Lösungen des Anbieters – ergänzen und bestätigen lassen.
Zudem haben längst unterschiedliche Organisationen herstellerunabhängige Zertifizierungen entwickelt und etabliert. Vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) mit seiner bereits erwähnten nationalen BSI-Grundschutz-Zertifizierung, auf deren Grundlage die europaweite ISO 27001-Sicherheits-Zertifizierung vergeben wird, über die Object Management Group bis hin zu weltweit agierenden Organisationen wie CompTIA. Herstellerunabhängige Zertifizierungen vermitteln eine umfangreiche Wissensbasis zu den jeweiligen Themengebieten.
Zertifikat erhöht Selbstbewusstsein
In der "IT Career Insights-Studie“ hat CompTIA Personen befragt, die ein Zertifikat erworben haben. Als größten Vorteil empfinden die Befragten, dass sie mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben und darum bei Jobmessen oder Bewerbungsgesprächen selbstbewusster auftreten. Zertifikate werden als hilfreich für die berufliche Entwicklung empfunden. Arbeitgeber können damit das Jobniveau der Bewerber nach Zertifizierungsgrad beurteilen und Bewerber für sich festhalten, wo sie aktuell stehen. Da es sehr viele unterschiedliche Zertifizierungen gibt, könnten sie auch eine Basis für einen breitgefächerten Karriereweg sein. Wichtig sei, das eigene LinkedIn- oder Xing-Profil mit den erreichten Zertifizierungen zu ergänzen, um sich von der Menge der Bewerber abzuheben.