Die HR-Tech-Branche hat uns automationsgestützte Stellenbesetzungen versprochen, doch wo stehen wir heute? Wenn man diese Frage stellt, drängt sich eine weitere auf: Ist der Fachkräftemangel plötzlich überwunden und kommen Unternehmen auf der Suche nach den vermeintlich wenig verfügbaren Kandidaten nicht auch mit traditionellem Recruiting aus? Die Antwort lautet: Nein! Die Anstrengung, eine der wenigen und begehrten Fachkräfte zu ergattern, erfordert Geschick und bei mittlerem bis hohem Personalbedarf vor allem technische Hilfe.
Vor einem Jahrzehnt waren Bewerbungsphasen von einigen Wochen bis Monaten genauso üblich wie in die Videothek zu fahren, dort einen Film auszuleihen und ihn nach dem Wochenende zurückzubringen. Es war auch Usus, eine Woche auf ein Paket zu warten oder Verträge per Post zu versenden und gegengezeichnet wieder zu empfangen. Heute bestimmen Same-Day-Lieferungen, Streaming, das Online-Jobstöbern und Echtzeit-Vertragsabschlüsse mit digitaler Signatur die alltäglichen Gewohnheiten der Gesellschaft, aus der auch potenzielle Mitarbeiter kommen.
Was 50 Prozent der Kandidaten verprellt
Obwohl Arbeitgebern seit Jahren eine wachsende Zahl an Automatismen im Recruiting, Talent- und Workforce Management zur Verfügung steht, verhalten sich viele (auch kleinere) Personaldienstleister so, als würde es diese Tools nicht geben. Sie bedienen sich weiterhin der Klaviatur aus E-Mail, Tabellenkalkulation und Telefon. Das hat zur Folge, dass Bewerber sich sofort verabschieden. Warum kompliziert, wenn ein anderer Arbeitgeber den Teppich ausrollt?
Wie soll eine gehaltvolle persönliche Erstreaktion am ersten Tag erfolgen, wenn beispielsweise ein Recruiter im Urlaub und dessen Vertretung krank ist? Ohne Technik geht das in der Regel gar nicht. Wenn aber Automatismen ins Spiel kommen, klappt das fehler- und komplikationslos. Die Bewerberdaten stehen der Vertretung im System zur Verfügung - sie wird eingebunden, erinnert und dem Unternehmen bleibt ein Kandidat erhalten.
- Tipps zur Fachkräfte- und Talentsuche
Ungeachtet der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind Fachkräfte und Talente weiter stark gesucht, insbesondere in der IT-Branche. BEST RECUITERS gibt Tipps, wie Unternehmen ihr Recruitment sowie ihre Talentsuche zusätzlich pushen können. - Wie du mir, so ich dir
Hinterfragen sie kritisch, welche Anforderungen Sie an Bewerber richten - speziell was die Soft Skills anbelangt - und ob Ihre Candidate Journey diese auch widerspiegelt. Wenn Sie also flexible Mitarbeiter suchen: Bieten Sie selbst eben diese Flexibilität im Recruiting-Prozess, zum Beispiel indem Sie mehrere Bewerbungskanäle zur Wahl stellen? - Tagesaktuelle Informationenn
Recruiting-Prozesse sind nicht zuletzt aufgrund von Corona digitaler geworden. Informieren Sie Kandidaten über die Veränderungen in Ihrem Unternehmen, beispielsweise welche Software im virtuellen Erstrunden-Interview zum Einsatz kommt oder wie (teil-)digitales Onboarding bei Ihnen gelebt wird. Denken Sie auch an entsprechende Tipps, damit Bewerber sich optimal vorbereiten können. - Vertrauen schaffen
Jobsuchende erhoffen sich heute eines mehr denn je: Sicherheit. Holen Sie sie ab, indem Sie zeigen, wie Sie Ihren Mitarbeitern Vertrauen entgegenbringen, zum Beispiel durch Vertrauensarbeitszeit oder auch Lohntransparenz in Stellenanzeigen. - Erfahrungen aus erster Hand
Laden Sie Mitarbeiter ein, auf der Karriere-Website und in anderen Recruiting-Kanälen zu erzählen, wie sie die letzte Zeit mit Ihnen als Arbeitgeber erlebt haben. - Von IT-Profi zu IT-Profi
Viele IT-Spezialisten wünschen sich schon vor einem Bewerbungsprozess den Kontakt zum Fachbereich. Im Rahmen digitaler Events gelingt dieser Austausch mit potenziellen Kollegen unkompliziert und ohne großen zeitlichen Aufwand für Ihre IT-Abteilung.
Automatisierung durch und durch
Die Automationskette beginnt allerdings schon weit vor der Erstreaktion auf eine Bewerbung. Recruiting muss aufhören, sich als eigenständigen Baustein zu betrachten, selbst bauchzupinseln und technologisch allein aufzustellen, ohne das gesamte System der Personalverwaltung und Personalbeschaffung fest im Blick zu haben. Die reduzierte Denkweise, dass Recruiting funktioniert, sobald ein Auftrag besteht, ist falsch. Denn es bringt nichts, rasch einen Kandidaten zu finden, wenn sich die Einstellungsentscheidung dann lange hinzieht. Unternehmen müssen sich also die Frage stellen: Welche Prozesse sind vor und nach dem Recruiting zu optimieren, um das Recruitment insgesamt zu verbessern? In vielen Fällen läuft das auf Automatisierung hinaus.
Schon in der Projektplanung kann und sollte HR-Software auf Basis von Kennzahlen den Bedarf voraussagen und ihn in Echtzeit an einen Recruiter übermitteln. Erstellt dieser eine passende Stellenanzeige mit Hilfe individualisierbarer Vorlagen, gleicht seine Recruiting Software sie während der Anzeigengenerierung automatisch mit Keywords vergleichbarer Stellenanzeigen aus dem BA-Katalog ab und prognostiziert eine Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Stellenanzeige. Gleichzeitig weist sie auf formale Fehler hin. Entspricht die Stellenanzeige einem guten Standard, wird sie mit einem Klick auf zahlreichen organischen Kanälen veröffentlicht. Aber mit dem klassichen MCP (Multi-Channel-Posting oder Multiposting) ist es heutzutage oft nicht getan. Es braucht einen Mix aus organischem und Paid-Traffic. Dabei misst ein Analyse-Tool, auf welchen Kanälen welche Stellenanzeige funktioniert und auf welchen nicht. Je größer die Datenbasis, desto besser funktionieren die Algorithmen und sparen so je nach Kampagnengröße hunderte, tausende oder zehntausende Euro. Das ist keine Magie, sondern automatisierte Analyse und Nachsteuerung.
Leider ist es immer noch Standard, dass lange Bewerbungsformulare Kandidaten die Lust auf eine Bewerbung und den Arbeitgeber rauben. Weitere Automatismen sind daher überall dort ein Segen, wo sie die Bewerbungshürden senken, zum Beispiel bei Bewerbungen per WhatsApp oder Audio- und Videointerviews. Die hier aggregierten Daten werden automatisch im Bewerbermanagement-System hinterlegt, teilweise per KI ausgewertet und stehen Personalern als Entscheidungshilfe zur Verfügung.
Sollte der Kandidat nicht passen, kommt automatisches Matching ins Spiel. Das heißt, dass der Bewerber vielleicht auf eine andere in der Nähe ausgeschriebene Stelle vermittelt werden kann, weil das Matching die Skills mit zehntausenden Jobs in der Nähe abgleicht. Falls ein Arbeitgeber oder ein Personaldienstleister sich darum bemüht, bleibt er dem Kandidaten damit garantiert in guter Erinnerung. Dieser kommt beim nächsten Jobwechsel vielleicht gleich auf ihn zu, ohne dass tausende Euro in eine neue und aufwändige Stellenanzeigenkampagne investiert werden müssen.
HR-Tech lebt von der Anbindung
Die Liste heutiger Automatisierungsmöglichkeiten lässt sich auf fast alle folgenden HR-Bereiche und darüber hinaus ausweiten:
Auswahlprozesse für Kandidaten,
digitale Vertragsunterzeichnungen,
Onboarding,
Employee Self Services,
Zeiterfassung,
Zutrittssteuerung oder
Abrechnung von Fremd- und Eigenpersonal.
Was aber wirklich wichtig ist - das haben viele Anbieter von Technologie im Bereich HR noch nicht begriffen und verstehen deren Anwender oft erst im Laufe der ersten Monate nach Vertragsunterzeichnung - ist Folgendes: Ganz gleich, wie schnell und automatisiert eine Software diesen und jenen Prozess abbilden kann, bringt das alles nichts, wenn die Daten nicht anbindungsfähig sind. Soll heißen: Wenn nach Schritt A, alle automatisiert aufbereiteten Daten manuell in ein anderes System übertragen werden müssen, um Schritt B zu gehen, ergibt das keinen Sinn. Deshalb sollten sich Unternehmen und HR-Verantwortliche folgenden Fragen stellen, wenn die Automation von Teilbereichen jetzt und in Zukunft einen echten Mehrwert bringen soll:
Wie gut können Sie bei All-in-one-Versprechen systemübergreifend mit Ihren Daten arbeiten und kommen die Bewerberdaten zuverlässig ins System? Meist können dies nicht alle Bereiche gleich gut und es kostet zu viel Geld, um mittelfristig nur einen Teilbereich zu nutzen, zum Beispiel die Stellenanzeigen.
Ist der Weg von der Stellenanzeige bis zur Einstellung durchgängig zu tracken?
Ist der Erfolg der Recruiter verfolgbar und sind dadurch gemeinsam Prozesse zu verbessern?
Ist das System Cloud-fähig?
Erlaubt der Anbieter die Integration eines fremden Prozesses, vielleicht sogar von einem konkurrierenden Anbieter?
Hinterfragen Sie nach den gleichen Kriterien auch spezialisierte Lösungen: Gehören die ermittelten Daten Ihrem Unternehmen und unterstützt der Anbieter die Weiterverarbeitung in anderen Lösungen Ihres Software-Ökosystems oder die Anbindung mit modernen Schnittstellen (REST/SOAP) an eine HR-Software-Plattform? Der Grund: Es ist heute nicht mit Sicherheit abzusehen, wie sich der Personalmarkt und Ihr Unternehmen entwickeln und welche Lösungen morgen für Sie relevant werden. Ihr Anbieter sollte Sie bei der Erweiterung Ihrer Systemlandschaft unterstützen.