Hybrid Cars, Hybrid Cloud, Hybrid Work: "Die Mischung macht's." Die Welt der Post-Corona-Arbeit schillert bunt, zwischen Home und Office finden sich diverse Spielarten - mal zuhause, mal im Büro, mal ganz woanders. Schließlich kommen Organisationen heute um eine gewisse Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -orten nicht mehr herum: Erstens wollen es viele Mitarbeiter, zweitens ist es bisweilen effizient, und drittens hat es sich spätestens seit Corona an vielen Stellen bewährt.
Kein Wunder, dass Hybrid Work "als nächste Iteration des Home-Office" gilt. Ein Treiber ist sicherlich, dass die Begriffe Home-Office und Telearbeit andere rechtliche Implikationen für Unternehmen haben als Bezeichnungen wie "hybrid" oder "mobiler Arbeitsplatz", die deutlich flexibler handhabbar sind. Darunter fällt sporadische Arbeit beim Kunden, in der Bahn, am Abend - oder eben auch mal Zuhause, im Hotel oder in einem öffentlichen Raum. Der Büroausstatter Haworth beispielsweise bezeichnet die Zone zwischen Office und Home als "Third Places"-Räume, die der Arbeit eine neue Dimension verleihen, indem sie berufliche Aktivitäten in einer anderen Umgebung ermöglichen: "In dem Maße, in dem Unternehmen verstehen, was hybride Arbeit bedeutet, gewinnen dritte Orte weltweit an Bedeutung und Beliebtheit."
Hybrid Work breitet sich aus
Beispiele für eine hybride Mischung gibt es inzwischen einige. Google etwa wollte die Mitarbeiter im Herbst in die Büros zurückholen, schwenkte dann doch auf ein hybrides Arbeitsmodell mit freier Arbeitsplatzwahl um. Auch der CRM-Anbieter HubSpot setzt auf diesen Ansatz, damit die Mitarbeitenden flexibel tätig werden können. Und die Deutsche Telekom erhofft sich von einem hybriden Ansatz unter anderem, die Geschäftsreisen zu reduzieren und die Zusammenarbeit zu fördern. Laut ifo-Institut könnten über die Hälfte der Jobs in Deutschland zumindest teilweise zu Hause erledigt werden.
Zu den hybriden Leuchttürmen zählt unter anderem der Handelsriese Otto, der auf eine "sinnvolle" Kombination aus Präsenz- und Remote-Arbeit setzt. Die Beschäftigten würden gemeinsam im Team entscheiden, welcher Arbeitsort wann für wen am besten passt ("Activity Based Working"). Eine generelle, tägliche Präsenzpflicht gibt es dabei nicht. Auch die im Bau befindliche neue Otto-Zentrale werde dem hybriden Arbeitsmodell angepasst und die geplanten Team-Arbeitsflächen vergrößert. Ähnliche Aussagen finden sich auch bei SAP und sogar der BayernLB, die sich branchenuntypisch weit aus dem Fenster lehnt und gleich noch die meisten Chefbüros abschaffen will. Bereichsleiter selbst dürfen zwar Einzelbüros haben, "wir empfehlen das aber nicht - Change fängt von oben an", sagte Andreas Blank, Director HR Change der Bank, einer Nachrichtenagentur.
Zwei Drittel machen es hybrid
Wie geht es weiter? Forrester prognostizierte im Mai 2021, dass rund 70 Prozent der Unternehmen in Europa und den USA nach der Pandemie auf ein hybrides Arbeitsmodell umstellen werden. Dadurch würden sie sowohl von den Erfahrungen der Mitarbeiter als auch von den geschäftlichen Vorteilen profitieren, einschließlich einer stärkeren Mitarbeiterbindung sowie langfristiger Vorteile bei der Personalbeschaffung.
Gartner fokussiert auf die andere Seite der Medaille: Demnach geben drei von vier hybriden, beziehungsweise remote aktiven Wissensarbeitern an, dass ihre Erwartungen an eine flexible Arbeitsweise gestiegen sind. Und 39 Prozent der Befragten könnten das Unternehmen verlassen, wenn das Management auf einer "harten Rückkehr" ins Büro besteht. Eine Entscheidung, deren Umsetzung Apple in den USA inzwischen zum wiederholten Mal verschieben musste.
Unternehmen sollten vermeiden, nach einem hybriden Masterplan zu suchen oder kompromisslos klare Kante zu zeigen. Was es im Hybrid Work nicht gibt, sind ewige Wahrheiten: Nicht jeder kann, will und darf arbeiten, wo er möchte. Was nicht klappt, wird schnell nachjustiert. Vielleicht ist es keine klassische Management-Tugend, in einem passenden Rahmen die Leute oder die Teams selbst entscheiden zu lassen. Aber irgendwie ist es auch nicht mehr die Zeit für klassisches Management.