Seit rund eineinhalb Jahren müssen Studenten in verschiedenen Bundesländern Studiengebühren entrichten. Diese waren ursprünglich der Verbesserung von Studium und Lehre an den Hochschulen angedacht. Anstatt der Vorgabe zu folgen, werden die Gelder von vielen Hochschulen aber zweckentfremdet, kritisiert die "taz". "Studierende müssen rasche Verbesserungen spüren", meint Ulrich Müller, Projektmanager beim Centrum für Hochschulentwicklung, im Gespräch mit pressetext. Mit einer verbesserten Situation angesichts der Gebühren rechnen jedoch lediglich fünf Prozent der Studierenden, wie das Hochschul-Informations-System aufzeigt. Dagegen fühlen sich rund zwei Drittel zu wenig an Verteilungsentscheidungen beteiligt und lehnen die Studiengebühren ab.
Dem "taz"-Bericht zufolge wenden verschiedene Hochschulen die eingegangenen Studiengebühren für Projekte auf, die nicht in den alltäglichen Unibetrieb fallen. So sollen neben einigen fragwürdigen Bauvorhaben von der Tiefgarage über den Parkettfußboden bis zur Klimaanlage mitunter auch Yogakurse für Studierende finanziert worden sein. "Das Geld muss vor Ort da ausgegeben werden, wo Verbesserungen notwendig sind. Ich nehme an, dass etwa 99,9 Prozent der Gelder rechtlich korrekt ausgegeben werden und nicht dem Wortlaut des Gesetzes widersprechen", entgegnet Müller. Der Experte spricht sich gegen einen staatlich gesetzten und detaillierten "Verwendungskatalog" aus und plädiert dafür, den Hochschulen weiter Verwendungsautonomie im Rahmen der allgemeinen Zweckbindung zu gewähren. Vor Ort könne der sehr heterogene Handlungsbedarf am besten eingeschätzt werden.
Ein erheblicher Teil der Studiengebühren wird von Ländern und Verwaltung eingesetzt. Je nach Bundesland fließen bis zu 18 Prozent in Ausfallfonds, um Studiengebührenkredite abzusichern, und rund drei Prozent des Geldes vereinnahmen die Verwaltung und Verteilung der Gebühren. Von vielen Studierenden wird die Rechtslage zur Verteilung für zu locker empfunden. "Die Aufsichtsfunktion über die Verwendung der Studiengebühren liegt beim Wissenschaftsministerium des jeweiligen Landes. An den Hochschulen herrscht jedoch eine hohe Autonomie. So können die Gelder intern eigenständig weiterverteilt werden", erklärt Müller im pressetext-Gespräch.
Neue Konzepte zur Gebührenverwendung sollen zum Ende der Debatte und des widersinnigen Einsatzes der Gelder beitragen. "Neben einer inhaltlich-strategischen Leitlinie muss an den Hochschulen für mehr Transparenz gesorgt werden, wie die Gelder aufgewendet werden", heißt es von Müller. Dabei gehe es um inhaltliche Ziele, nicht bloß um Summen. Darüber hinaus seien die Studierenden in Verteilungsentscheidungen mit einzubeziehen, und vonseiten der Hochschulen seien konkrete Qualitätsversprechen zu machen, was sich nach Aufwendung der Mittel ändern und verbessern wird. "Die Hochschulen müssen ihre Gegenleistungen zu den entrichteten Gebühren präsentieren und richtiggehend dafür werben", schließt Müller. (pte)