Cloud-Computing-Markt

Leichter Nieselregen, kein Wolkenbruch

04.11.2022
Von 
Matt Asay ist Autor der US-Schwesterpublikation Infoworld.com.
Trotz Rezession und erlahmendem Cloud-Wachstum finden die Cloud-Hyperscaler immer noch Wege zum Erfolg.
Die Geschäftsergebnisse der Cloud-Hyperscaler blieben (größtenteils) hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Die langfristigen Aussichten für den Cloud-Markt sind dennoch rosig.
Die Geschäftsergebnisse der Cloud-Hyperscaler blieben (größtenteils) hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Die langfristigen Aussichten für den Cloud-Markt sind dennoch rosig.
Foto: JoshStocker899 - shutterstock.com

Irgendwann musste es soweit kommen: Die drei großen Cloud-Anbieter - Amazon Web Services, Microsoft Azure und Google Cloud Platform - haben kürzlich ihre aktuellen Zahlen vorgelegt und lagen (mit Ausnahme von GCP) dabei unter den Erwartungen der Marktanalysten. Das soll nicht heißen, dass die Hyperscaler schlecht abgeschnitten haben - davon kann keine Rede sein. Sowohl AWS als auch Microsoft Azure und Google Cloud Platform wachsen weiterhin und tragen erheblich zu den Umsätzen der jeweiligen Unternehmen bei.

Dennoch deuten die aktuellen Entwicklungen darauf hin, dass die von vielen befürchtete Rezession tatsächlich eintreten wird. Natürlich werden CIOs per se unruhig, wenn es darum geht, Geld auszugeben. Eine Umfrage von Morgan Stanley legt nahe, dass die Bereiche Security und Cloud Computing kaum betroffen sind, wenn es um Budgetkürzungen geht. An dieser Stelle zeigt sich einer der wichtigsten Cloud-Vorteile: Die Anwenderunternehmen können ihre Ausgaben an die jeweiligen Bedingungen anpassen.

Microsoft-CEO Satya Nadella drückte es während des Microsoft Earnings Call folgendermaßen aus: "Der große Gewinner wird die Public Cloud sein, weil sie Unternehmen dabei unterstützt, das Nachfrage-Risiko auszugleichen."

Cloud-Wachstum verlangsamt sich

Eine weit verbreitete Definition von Rezession ist ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen. Die Ökonomen streiten sich derzeit darüber, ob wir uns bereits in einer Rezession befinden. Was klar ist: Von einer Cloud-Computing-Rezession kann keine Rede sein. Die Cloud wächst - nur nicht mehr so schnell wie früher. Zwar verloren auch die Aktien der Hyperscaler nach der Bekanntgabe ihrer Geschäftszahlen an Wert - das dürfte jedoch vor allem auf die abgeschwächten Prognosen für das vierte Quartal und das langsamere Wachstum zurückzuführen sein.

  • Marktführer AWS wuchs im Jahresvergleich um 27 Prozent bei einem Umsatz von 82 Milliarden Dollar. Im letzten Quartal wuchs der Umsatz des Unternehmens um 33 Prozent und im Quartal davor um 37 Prozent.

  • Microsoft Azure verzeichnete ein Umsatzwachstum von 35 Prozent im Jahresvergleich, gegenüber 36 Prozent im Vorquartal.

  • Google Cloud Platform wuchs um 38 Prozent und konnte damit als einziger Hyperscaler sein Wachstum gegenüber dem Vorquartal (36 Prozent) beschleunigen.

Doch selbst bei Google geht der allgemeine Trend hin zu einem langsameren Wachstum. Das hat nicht unbedingt mit einer sinkenden Nachfrage zu tun - wie Technologie Reporter Jordan Novet in einem Tweet andeutet und hilfreich visualisiert -, sondern mit dem Gesetz der großen Zahlen:

Das erlahmende Wachstum ist aber auch darauf zurückzuführen, dass die Unternehmen vorsichtiger agieren, wenn es darum geht, Geld auszugeben. Unabhängig davon handelt es sich um eine Verlangsamung des Wachstums und nicht um eine Kehrtwende bei den Cloud-Prioritäten. Für jedes Unternehmen wie Basecamp, das beschließt, seinen Cloud-Kurs zu ändern und wieder auf eigene Rechenzentren zurückzugreifen, existieren Tausende anderer Unternehmen, die nicht schnell genug in die Cloud migrieren können.

Ein Signal, dass die Cloud funktioniert

Früher besaß man den Server, den man für sein On-Premises-Rechenzentrum anschaffte. Egal, wie großzügig der Rabatt war, den Sie mit Ihrem Hardware-Anbieter aushandelten, sobald er ihnen etwas verkauft hatte, war es egal, wie oft oder selten Sie es nutzten - Geld zurück gab es nicht. In der Cloud-Ära ist es hingegen ein grundlegendes Prinzip, nur für das zu bezahlen, was Sie auch nutzen.

Das bedeutet, dass Unternehmen in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs wahrscheinlich weniger Cloud-Ressourcen nutzen. Und das ist eine gute Sache, weil es um die kundenorientierte Perspektive geht und nicht um die anbieterzentrierte. Diesem Umstand sind sich die Cloud-Hyperscaler bewusst, weswegen sie auch übereinstimmend die Fähigkeit der Kunden, in schwierigen Zeiten weniger Geld auszugeben lobten - statt sich darüber zu beschweren. Sundar Pichai, CEO von Alphabet/Google, argumentierte etwa, dass "die langfristigen Trends, die die Cloud-Einführung vorantreiben, in unsicheren makroökonomischen Zeiten eine noch stärkere Rolle spielen". Die Cloud biete den Unternehmen nämlich die Flexibilität, je nach Bedarf zu skalieren.

Brian Olsavsky, CFO von Amazon, führte diesen Punkt weiter aus und bemerkte: "Angesichts der anhaltenden makroökonomischen Unsicherheiten haben wir beobachtet, dass sich mehr AWS-Kunden auf die Kostenkontrolle konzentrieren. Wir arbeiten proaktiv daran, Kunden bei der Kostenoptimierung zu helfen, so wie wir es in der Geschichte von AWS immer getan haben, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit." Warum ein Anbieter so etwas tun sollte? Weil das ein guter Grund für den Wechsel in die Cloud ist und langfristig gesehen mehr Vorteile für Kunden wie Anbieter bringt.

Nadella wiederholte dieses Argument und deutete an, dass man sich darauf konzentriere, "proaktiv auf Kunden zuzugehen und ihnen bei der Optimierung ihrer Workloads zu helfen". Auch das scheint auf den ersten Blick kontraproduktiv - aber eben nur auf den ersten Blick. "Letztendlich bringen diese Optimierungen einen Mehrwert, auch wenn die Budgets weiter wachsen", sagte der Microsoft-CEO und wies darauf hin, dass "dies immer noch der Weg ist, um Wachstum und Hebelwirkung in Ihrem Unternehmen aufzubauen, weil so Platz für neues Workload-Wachstum geschaffen wird." Mit anderen Worten: Wenn man den Kunden jetzt (und immer) hilft, die Kosten zu senken, schafft man Raum, um mehr für die Cloud auszugeben, nicht weniger.

Wenn diese Rezession so verläuft wie die vergangenen, werden die Unternehmen Wege finden, um mit weniger mehr zu erreichen. Pichai deutete an, dass auch Alphabet/Google so vorgeht: "Es gibt Zeiten, in denen man optimiert, um sicherzustellen, für das nächste Jahrzehnt gerüstet zu sein. Das gibt uns die Möglichkeit, die wichtigsten Bereiche zu identifizieren und sicherzustellen, dass wir unsere zusätzlichen Investitionen auf diese Bereiche ausrichten - und zu sehen, wo wir uns neu ausrichten können."

In einer solchen Phase befinden wir uns momentan. Und obwohl sich das heutige Cloud-Wachstum verlangsamt hat, wird die Bedeutung der Cloud nicht ab-, sondern zunehmen. Kluge Unternehmen werden erkennen, dass es an der Zeit ist, mehr Workloads in ein Modell zu verlagern, das Mehrwert und Nutzung in Einklang bringt - so wie es die Cloud tut. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation InfoWorld.