Wenn Mitarbeiter Fehler machen

Kritisieren will gelernt sein

30.03.2023
Von 
Bettina Dobe war Autorin für cio.de.
Führungskräfte müssen Mitarbeiter manchmal auf Fehler hinweisen. Das geht auch konstruktiv und so, dass Mitarbeiter ihr Gesicht wahren können.
Kritik sollte nicht im Teammeeting angebracht werden.
Kritik sollte nicht im Teammeeting angebracht werden.
Foto: berc - Fotolia.com

Chefs führen Mitarbeiter, geben ihnen Aufgaben, geben Feedback. Doch nicht immer ist das Feedback positiv. Kein Chef kommt umhin, Mitarbeiter auch auf Fehler hinzuweisen. Ein emotionales Minenfeld, denn schnell vergreift man sich im Ton, der Mitarbeiter ist beleidigt und frustriert, und die Arbeit stockt. Um derartige Situationen zu vermeiden, muss Kritik wohl dosiert sein und vor allem zum richtigen Zeitpunkt stattfinden.

Flucht und Verteidigung

Für negatives Feedback gibt es eine eherne Grundregel, so Beraterin Katja Ischebeck: "Damit Kritik konstruktiv und nicht vernichtend und beziehungsschädigend ist, gibt es eine wesentliche Bedingung: Sie muss respektvoll sei, so dass der Andere sein Gesicht wahren kann." Im Idealfall ist jede Kritik konstruktiv, das heißt, dass der Mitarbeiter etwas daraus lernen kann.

Tatsächlich ist so gut wie jedes negative Feedback verletzend, mal mehr, mal weniger. Eine Faustregel für den Kritisierenden ist Karriereexpertin Svenja Hofert zufolge ein gedanklicher Rollentausch: Wie würde ich mich fühlen, wenn ich kritisiert werde? Auch verbale Angriffe gilt es zu vermeiden. "Mit Vorwürfen kommen Sie nicht weit", sagt Hofert. Wer seinem Teammitglied knallhart sagt, dass er einen Fehler gemacht hat, bekommt eine von zwei möglichen Reaktionen: Flucht oder Verteidigung. "Aber der Mitarbeiter hört dann nicht mehr zu", warnt Hofert.

Den richtigen Zeitpunkt wählen

Wer einen Mitarbeiter auf Defizite hinweisen will oder muss, sollte dies auf keinem Fall im Team-Meeting tun. "Üben Sie negative Kritik immer unter vier Augen", rät Ischebeck. Mindestens so wichtig sei es, erst einmal durchzuatmen und Kritik nicht sofort anzubringen. "Es ist meist nicht so gut, gleich loszupoltern" sagt Karriereberaterin Hofert. Lieber erst einmal eine Nacht darüber schlafen. Meist kühlen die Emotionen dann etwas ab, und man kann sachlich über die Angelegenheit sprechen, ohne ausfallende Bemerkungen zu bemühen.

IT-Entscheider wissen: Einige Entscheidungen sind zeitkritisch. Lange warten und sich sammeln geht häufig nicht. Einem Manager, der zu Wutausbrüchen neigte, gab Karriere-Coach Hofert folgenden Tipp: "Ich habe ihm geraten, sein Laptop zuzumachen, einmal um das Firmengebäude zu gehen und sich so abzuregen." Das habe meist geholfen.

Keine nebulöse Kritik

Ein Chef muss auch loben können, weiß Karriereexpertin Svenja Hofert.
Ein Chef muss auch loben können, weiß Karriereexpertin Svenja Hofert.
Foto: Christine Lutz

Damit ein Mitarbeiter mit dem Feedback etwas anfangen kann, muss die geäußerte Kritik präzise sein. "Es bringt nichts, dem Mitarbeiter zu sagen, er solle 'genauer arbeiten' oder so etwas wie 'du musst organisierter sein'", sagt Hofert. "Worin soll er denn genauer sein? In der Rechtschreibung?" Ein Chef könne aber den Mitarbeiter darum bitten, die Ergebnisse in kleineren Teilschritten zu präsentieren. "Die Kritik muss zudem angemessen sein", so Hofert weiter. Die Management-Beraterin rät: Übertreiben Sie also nicht und halten Sie sich nicht zu lange mit kleinen Fehlern auf.

Damit der Mitarbeiter die Kritik annehmen kann, sollte ein Chef auch loben. "Im Idealfall ist das Verhältnis von Lob und Kritik 4:1. Sie loben vier Eigenschaften oder erledigte Aufgaben und kritisieren eine", sagt Hofert. Das ist nicht immer einfach: "In einem Beratungsprojekt gab es einen sehr leistungsschwachen Entwickler. Es fiel der Chefin schwer, etwas Positives zu finden", erzählt Hofert. "Schließlich kam sie aber darauf, dass der Entwickler viel für die gute Teamatmosphäre getan hat."

Das machst du falsch

Wer Feedback gibt, sollte die Anklage vermeiden. "Kritisieren Sie das Verhalten und nicht die Person", rät Coach Ischebeck. Manager sollten sich bewusst sein: Wer ständig sein Gegenüber angreift, findet bei ihm kein Gehör. "Von 'Ich-Botschaften' müsste inzwischen jeder gehört haben", sagt Hofert. Die solle man in solchen Gesprächen unbedingt einsetzen: "Es gibt nur subjektive Wahrnehmung, keine objektive. Jeder sieht die Dinge aus seiner eigenen Perspektive."

Wer Kritik anbringt, kann nur seine eigene Meinung darstellen. Chefs sollten eher Sätze sagen wie: "Ich nehme wahr, dass die einzelnen Projektschritte langsamer fertig werden als sonst. Was meinst du, woran das liegt?", schlägt Hofert vor. Das anklagende "Du bist langsam" lässt sich so vermeiden. Kritik wird konstruktiv und erzielt Ergebnisse, denn der Mitarbeiter fühlt sich nicht angegriffen und schlägt - im Idealfall - Lösungen vor.

Lassen Sie die Vergangenheit hinter sich

"Kritisieren Sie das Verhalten und nicht die Person", rät Coach Ischebeck.
"Kritisieren Sie das Verhalten und nicht die Person", rät Coach Ischebeck.
Foto: Pressmaster - shutterstock.com

In Kritikgesprächen zeigt sich ein souveräner Entscheider Lösungs-orientiert. "Reiten Sie nicht auf der Vergangenheit herum, sondern sagen Sie, was Sie sich für die Zukunft wünschen", rät Trainerin Ischebeck. In Projektgesprächen bieten sich Details zu Aufgaben an. "Treffen Sie Verabredungen mit den Mitarbeitern, was der nächste Schritt sein wird", rät Hofert. Das baut den Kollegen wieder auf und gibt klar Zukunftsaussichten.

Feedback muss sein

Entscheider müssen Feedback geben, egal, wie es ausfällt. "Nix gesagt ist gelobt genug" lautet ein bayerisches Sprichwort - das ist die schlimmste Art von Feedback, findet Hofert. Nach dem Motto "Der weiß schon, dass ich gut finde, was er tut" handelten viele Chefs, erzählt die Karriereberaterin. "Wenn Mitarbeiter kein Feedback bekommen, egal ob positiv oder negativ, dann verunsichert sie das sehr oft", sagt Hofert. Sie rät Führungskräften, Mitarbeitern öfter mal Wertschätzung gegenüber auszudrücken.