Unternehmen setzten vor allem auf Multi-Cloud-Dienste, um flexibler zu werden, eine bessere Performance zu erreichen, die Abhängigkeit von einem bestimmten Anbieter zu verhindern - sowie um lokale Vorteile oder Lizenzoptimierungen verschiedener Hyperscaler zu nutzen. Gleichzeitig werden die Verwaltung und Optimierung der Cloud-Kosten jedoch wesentlich schwieriger, wenn Daten und Ressourcen über mehrere Clouds verteilt sind.
Führende Marktforscher schlagen deshalb Alarm, denn in der Multi-Cloud läuft nicht alles so glatt wie erwartet: Gartner etwa konstatiert in seinem "Market Guide for Cloud Management Tooling", dass "Unternehmen absichtlich oder unabsichtlich Multi-Cloud unterstützen, was ihre derzeitigen operativen Prozesse überfordert, die häufig auf eine einzige Umgebung ausgerichtet sind". Parallel haben die Marktforscher in einer anderen Studie namens "Software Asset Management for the Cloud: Consumption Management and Optimization Take Center Stage" herausgefunden, dass mehr als 30 Prozent der steigenden Ausgaben für Software und Cloud-Dienste nicht in vollem Umfang genutzt werden. Die Gartner-Analysten Brandon Medford und Craig Lowery schätzen sogar, dass bis zu 70 Prozent der Cloud-Kosten verschwendet werden.
Nicht ohne Grund warnen die Analysten daher davor, dass nicht genutzte IaaS- (Infrastructure as a Service) und PaaS-Lizenzen (Platform as a Service) immer teurer werden können, wenn sie nicht richtig gemessen und verwaltet werden. Diese Zahlen verdeutlichen, warum das Management und die Optimierung der Cloud-Kosten für die Teams in den Bereichen Technik, Betrieb und FinOps immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Die Analysten von Forrester kommen in einem Report vom Oktober 2022 auf ähnliche Resultate. Sie fanden heraus, dass 94 Prozent aller Unternehmen zu viele Cloud-Ressourcen bereitstellen, um keine Abnahme der Anwendungsleistung zu riskieren. Das Problem dabei: Durch dieses Cloud-Overspend sinkt zwangsweise der Return on Investment (ROI). Die Forrester-Analystin Tracy Woo weist zudem darauf hin, dass die internen Kosten-Management-Tools der Hyperscaler zwar immer beliebter werden, aber nicht die gleichen Funktionen wie die Drittanbieter bieten.
Um Verschwendung zu vermeiden, empfehlen die Marktforscher den Einsatz von Management-Tools, die starke Governance-Kontrollen für Kostenkontrolle, Best Practices, rechtliche Anforderungen usw. bieten. Digitale Initiativen fördern die Akzeptanz von Cloud Services. Sie machen deren Messung, Verwaltung und Optimierung unverzichtbar.
Steigende Kosten
Die Kosten für Cloud-Infrastrukturen steigen. Wer Server, Rechenleistung und Speicher bei den Hyperscalern Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google bestellt, kann sehr flexibel und schnell Leistung beziehen. Er kann sie heute hochfahren und morgen wieder herunterfahren. Das macht den Bezug von Infrastruktur aus der Cloud attraktiv. Unternehmen erhalten Skalierbarkeit, Flexibilität und Geschwindigkeit. Aber wenn sie diesen Weg einmal eingeschlagen haben, explodieren die Kosten. Man verliert den Überblick, wo diese entstehen und wo sie zugeordnet werden können. Die IT-Abteilung weiß nicht, ob und wofür ein Mitarbeiter per Mausklick einen Server bestellt hat. Die Folge sind steigende Kosten und unkontrollierte Cloud-Ressourcen.
Es ist ein Governance-Problem, wenn ich nicht weiß, wo meine Daten liegen. Die IT-Abteilung kann zwar den Zugang von Mitarbeitern zu internen Ressourcen sperren, wenn sie das Unternehmen verlassen. Kennt die IT aber nicht alle in der Cloud genutzten Anwendungen, hat die Person weiterhin Zugang und kann potenziell Daten abgreifen. Dies stellt ein Sicherheits- und Governance-Risiko dar. Darüber hinaus könnten Daten auch grenzübergreifend bewegt und an unbekannten Orten im Ausland gespeichert werden - etwa in China oder den USA.
Ein weiteres großes Thema ist die Verrechnung von Cloud Services. Teilweise tauchen Rechnungen auf, aus denen nicht ersichtlich ist, welcher Mitarbeiter die Services bestellt hat und wie diese zuzuordnen sind. Auch die Nutzung der Cloud kann problematisch sein. Wenn eine Cloud-Ressource bestellt wird, wird sie oft so dimensioniert, dass sie auch in Spitzenzeiten genügend Leistung bietet. Diese Lastspitzen sind aber selten, und in der übrigen Zeit wird es dem Rechner langweilig. Oder nach Abschluss eines Projektes wird vergessen, den nicht mehr benötigten Server abzuschalten. An dieser Stelle gibt es oft Defizite.
Massive Einsparpotenziale
Ungenutzte Ressourcen zu identifizieren, ist ein großes Thema und bietet massive Einsparpotenziale. Deshalb gibt es FinOps und Cloud Cost Management. Hinzu kommt, dass die Angebotspalette der Hyperscaler täglich wächst und sich mit den Kosten ständig verändert. Man muss sich also immer wieder fragen, ob das Angebot von vor drei Monaten noch passt oder ob es in der Zwischenzeit vielleicht in einer anderen Konfiguration günstiger ist.
Man kann es den Hyperscalern nicht verdenken, dass sie ihr Angebot ständig optimieren. CAD, BI, Big Data und GenAI stellen hohe Anforderungen an die Rechenleistung. Aber man muss sich in dem riesigen Angebot zurechtfinden. Oft zahlen Unternehmen auch für Flexibilität wie das tägliche Kündigungsrecht, das sie bei länger laufenden Projekten gar nicht in Anspruch nehmen. Jahresverträge sind teilweise bis zu 50 Prozent günstiger.
Kostenexplosion überrascht
Die Kunden, die in die Cloud gegangen sind, haben die Probleme schnell erkannt und sehen ein, dass Kostenmanagementlösungen sinnvoll sind. Einige sind von der Kostenexplosion überrascht. Die Hoffnung auf Einsparungen in der Cloud erweist sich als trügerisch. Im eigenen Rechenzentrum fallen nur Stromkosten an, wenn ein Server nicht genutzt wird.
Bei den Hyperscalern bezahlt man den Rechner, die Miete und oft auch die installierte Software wie Betriebssystem und Datenbank. Ein weiterer Kostenpunkt sind die Transferkosten für In- und Output, also der Up- und Download von Daten. Enterprise-Architekten sollten den Datenverkehr genau beobachten und entscheiden, ob Mischformen zwischen On-Premises und Cloud sinnvoll sind.
Kostenmanagement, aber richtig
Es bietet Vorteile, verschiedene Hyperscaler für unterschiedliche Anwendungen zu nutzen. Beispielsweise kann das Lizenzmodell für Microsoft-Datenbanken in Azure direkt von On-Premises in die Cloud übernommen werden. Bei einer Migration auf AWS lässt Microsoft dies nicht zu. Ähnlich verfährt Oracle mit seiner Datenbank, die in der Oracle Cloud schlicht günstiger ist. Es lohnt sich, die Angebote zu vergleichen. Auch die Abhängigkeit von einem Anbieter ist nicht wünschenswert.
Wichtig ist jedoch, das Thema nicht ohne Unterstützung anzugehen. Lösungen für das Kostenmanagement in der Cloud erkennen ungenutzte Ressourcen, unterdimensionierte Rechner oder nicht angebundene Datenbanken und weisen auf günstigere Angebote hin. Dabei sind FinOps und Cloud-Kostenmanagement Themen, die nicht nur die IT- oder Finanzabteilung betreffen. Alle Beteiligten müssen eingebunden werden.
FinOps bringt Entwicklung, Finanzen und Business zusammen, um die Kostenprobleme in der Cloud in den Griff zu bekommen.
Anbieter von Cloud-Kostenmanagement-Lösungen bieten zunächst Transparenz und Übersicht über die Cloud-Nutzung sowie einen Überblick über die tatsächlichen Kosten und deren Zuordnung, also die Kostenverteilung, in einem Dashboard.
Anforderungen an eine Lösung
Ebenso wichtig ist das Budget-Management: Es bietet einen Überblick, für welche Services was ausgegeben wird und wie sich das mit dem vorgegebenen Budget verträgt. Dies schützt vor unerwarteten Budget-Überschreitungen. Man kann auch Anomalien feststellen. Wenn die Kosten viel zu hoch oder zu niedrig sind, stimmt etwas nicht. Dann kann rechtzeitig gegengesteuert werden. Bei der Cloud-Nutzung lassen sich Rechner identifizieren, die ungenutzt sind und ungepatcht möglicherweise ein erhebliches Sicherheitsproblem darstellen. Werden die Rechner bestimmten Kostenstellen zugeordnet, reduziert sich dieses Risiko erheblich.
Eine ausgereifte Kostenmanagementlösung überprüft zudem die Verträge und passt sie an veränderte Rahmenbedingungen an. Governance ist wichtig, um die unternehmenseigenen Policies auch in der Cloud durchzusetzen. Ein weiterer Punkt, auf den Kunden bei der Suche nach dem passenden Cloud-Kostenmanagement-Anbieter achten sollten, sind Managed Services. Diese können den Kunden dabei unterstützen, die entdeckten Einsparpotenziale auch tatsächlich zu nutzen und beispielsweise günstigere Vertragsformen zu empfehlen. Verbesserungspotenziale werden erkannt und umgesetzt. Der Kunde will, dass alles optimal läuft.
Eine deutschsprachige Benutzeroberfläche, deutscher Support beziehungsweise deutschsprachige Berater werden oft unterschätzt, können aber gerade für die öffentliche Verwaltung und mittelständische Kunden einen echten Mehrwert darstellen. Bringt ein Anbieter Erfahrung im IT-Service- und Software-Lizenzmanagement mit, stärkt dies auch seine Kompetenz im Cloud-Kostenmanagement. Ein gemeinsames Monitoring aller Assets, nicht nur in der Cloud, ist sinnvoll. (mb)