Digitalisierungs-Tutorial

Konkrete Schritte zur Umsetzung der digitalen Transformation

02.06.2016
Von 


Lars Drexler verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der IT-Branche, speziell auf den Gebieten BPM, EIM, SOA und ERP. Er ist seit 2013 für OpenText tätig. Hier ist er als VP Solution Consulting für die Positionierung der Lösungen in Europa verantwortlich. Insbesondere berät er die Kunden sowohl fachlich als auch technisch bei der Abbildung ihrer Anforderungen im Informationsmanagement auf der Enterprise Information Management-Plattform.
Im Mittelpunkt der digitalen Transformation steht ein ganzheitliches Informationsmanagement. In der Praxis geht es momentan häufig darum, Produkte in Services umzuwandeln oder Dienstleistungen zu erweitern, um wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Im Rahmen der Einführung einer digitalen Transformation hat sich ein strukturiertes Vorgehen in mehreren Stufen bewährt: Ein vorgefertigtes Assessment, in dem das Unternehmen sich mit der durchschnittlichen Adaption von digitalen Strategien vergleichen kann, führt zunächst vor Augen, wie weit die eigene „Digital Maturity“ – also der Grad der Nutzung digitaler Technologien – bereits vorangeschritten ist und wie sich Innovationen vorantreiben lassen. Wichtig dabei ist, die digitale Transformation nicht als neues, beziehungsweise zusätzliches, Marketing Tool oder Social-Media-Engagement zu verstehen. Vielmehr geht es darum, die Digitalisierung als unternehmensübergreifenden Strategieansatz zu kommunizieren.

Ist-Zustand erfassen, Chancen erkennen

Für die eigentliche Analyse des Ist-Zustands im Unternehmen eignet sich zum Beispiel die Porter-Analyse. Die bewährte Branchenstrukturanalyse bezieht Mitbewerber, Zulieferer, Kunden und Produkte in die unternehmerische Zukunftsplanung mit ein und betrachtet die daraus entstehenden Geschäftsfelder in einem neuen Kontext. Hier münden auch Entwicklungen außerhalb der Branche, Trends bei Lieferanten und neue Technologien in die Gesamtbetrachtung mit ein. Ziel dieser Analyse ist es in erster Linie, Risiken für das laufende Geschäft zu identifizieren und festzustellen, welche Bereiche Mitbewerber negativ beeinflussen. Dazu gehören Value Propositions, Kundenbeziehungen und -segmentierung, Verkaufskanäle, Kosten- und Umsatzstruktur. Eine typische Fragestellung an einen B2B-Anbieter lautet in dieser Phase etwa: Was wäre, wenn Sie einen direkten Kanal zu Ihrem Endkunden hätten, um Informationen über Wünsche und Abneigungen zu erhalten, und welche neuen Möglichkeiten bringen diese Daten für das Vertriebsgeschäft?

An dieser Stelle wird häufig klar, dass im Unternehmen allzu oft ausschließlich auf operativer Ebene zusammengearbeitet und strikt an bestehenden Abläufen sowie Zielen festgehalten wird, obwohl der Markt in eine ganz andere Richtung drängt. Als unrühmliches Beispiel dafür lässt sich die Geschichte des Herstellers für fotografische Ausrüstung, Kodak, anführen. So hatte der Pionier in der digitalen Fotografie zwar technologisch einen Vorteil, jedoch hat ihn das Unternehmen damals aus Sorge um das traditionelle Geschäft nicht genutzt und somit den Trend verpasst. Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Sportartikelhersteller Nike hat etwa sehr früh damit begonnen, seinen Kunden neue Services anzubieten und gleichzeitig mehr über seine Kunden zu lernen. So wurde bereits vor Jahren dem Kunden angeboten, mit einem Sensor am Schnürsenkel Laufdaten zu messen. Die Informationen halfen dann, mehr darüber zu erfahren was Kunden wünschen. Dies zeigt: Oft können augenscheinliche Kleinigkeiten einen signifikanten Mehrwert für Ihre Kunden und somit über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens im Zeitalter der Digitalisierung entscheiden.

Taktik, Strategie & der CDO

In den letzten Schritten einer Digitalisierung müssen Muster identifiziert und entsprechende Folgemaßnahmen erarbeitet und priorisiert werden. Neben dem allgemeinen Trend mit B2B2C mehr über den Endkunden zu erfahren, geht es hier oft auch um strategische Entscheidungen, welche Geschäftsfelder aufgebaut und ausgebaut werden sollen. So unterscheidet man bei der Definition von digitalen Strategien generell zwischen taktischen und strategischen Vorgehensweisen. Zu ersteren gehört beispielsweise die Einbindung der Community, das Identifizieren von Schwachstellen in bestehenden Prozessen und die Evaluierung neuer Innovationen für bestehende Produkte - etwa durch ergänzende Serviceleistungen. Zur strategischen Komponente zählt die konkrete Entscheidung, ein neues Produkt einzuführen, einen neuen Markt zu erschließen oder eben auch bestehende Produkte und Services nicht mehr anzubieten und zu ersetzen.

Im Anschluss erfolgt dann die Unterscheidung zwischen Quick-Wins, mittelfristigen und langfristigen Zielen. Im Rahmen dieser Vorgehensweise entsteht eine Roadmap zur Umsetzung der digitalen Strategie, bei der Maßnahmen in einem Zeitstrahl dargestellt werden. Unumgänglich bei alledem ist: Es muss ein klares Mandat geben. Ziele sollten auf der Vorstandsebene verankert werden, weil sonst eine Luftnummer droht. Hier empfiehlt es sich, klare Verantwortlichkeiten zu treffen und eventuell eine neue Position wie den Chief Digital Officer für das Engagement ins Leben zu rufen. (fm)