Bereits Carl Gustav Jung, Begründer der analytischen Psychologie, erkannte, dass Unterschiede und Gegensätze das wahre Potenzial von Menschen ans Tageslicht bringen: "The greater the contrast, the greater the potential. Great energy only comes from a correspondingly great tension of opposites." Überträgt man das nun auf die heutige Unternehmenswelt, können wir mit Sicherheit sagen, dass Vielseitigkeit Unternehmenserfolg bedingt. Vor allem interdisziplinäre Teams erreichen überdurchschnittliche Leistungen und zählen nicht ohne Grund zu den prädestinierten Problemlösern unserer Zeit. Die unterschiedlichen Stärken sowie verschiedene Bildungshintergründe der einzelnen Teammitglieder ermöglichen differenzierte Problemanalysen und kreative Lösungsansätze. Schnelligkeit und Flexibilität sind im Umgang mit Problemen Standard.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit - Ein Konflikt kommt selten allein
Konflikte entstehen meistens aufgrund unterschiedlicher Paradigmen, Fachsprachen und persönlicher Differenzen. Oft geht ein Sachkonflikt auch mit einem Beziehungskonflikt einher. Das eine bedingt dementsprechend das andere. Insbesondere Beziehungskonflikte stellen Teams vor große Herausforderungen, denn unausgesprochene Probleme finden früher oder später immer einen Weg an die Oberfläche. Und dies endet meist in einer unausweichlichen Konfrontation, die selten sachlich bleibt.
Vor allem für interdisziplinäre Teams sind ungelöste Beziehungskonflikte folgenschwer, denn sie sind kreativitätsvernichtend. Die Erklärung ist einfach. Kreativität braucht verschiedene Perspektiven und Ideen, um entstehen zu können. Interdisziplinäre Teams profitieren dabei von ihren unterschiedlichen Experten. Diese wiederum neigen oft dazu, ihr eigenes Wissen und ihre Sichtweise in den Vordergrund zu stellen. Sie sehen sich als wichtigsten Ideengeber und lassen andere Meinungen außen vor. Konflikte sind also vorprogrammiert. Kommt es nun zu keinem gleichwertigen Austausch, leidet die Kreativität darunter.
- Konstruktive Konflikte und Kritik erzeugen
"Konflikt" muss nicht zwingend negativ sein. Er kann sich auch positiv auswirken, wenn er in einem agilen Team konstruktiv zur Anwendung kommt. IT-Management-Berater Ivan Kovynyov gibt Tipps, wie Führungskräfte gezielt eine positive Konfliktkultur im Team schaffen und damit Leistung und Projekterfolg verbessern können. - Heterogenes Team bilden
Man braucht ein heterogenes Team. Denn würde beispielsweise das Team ausschließlich aus weißen Männern mittleren Alters bestehen, so ist es abzusehen, dass sie alle einen ähnlichen Denkstil haben werden. - Konfliktfreies Teambuilding
Teammitglieder sollten sich bereits kennengelernt und miteinander gearbeitet haben. Es wäre kontraproduktiv, die Teambuilding-Phase mit einem konstruktiven Konflikt zu beginnen. - Hindernisse beseitigen
Barrieren für freie Meinungsäußerung im Team müssen identifiziert und beseitigt werden: irrationale Harmoniebedürftigkeit, zu starke Konsensorientierung, starke Meinungsmacher, Lagerbildung, autoritäre Projektleiter oder Product Owner, Null-Fehler-Toleranz, Zielvorgaben enthalten Lösungsweg etc. - Den richtigen Weg einschlagen
Der Mittelweg ist nicht immer der beste Weg: wenn einer links am Baum vorbei will und der andere rechts, ist der Weg durch die Mitte offensichtlich nicht der beste. - Konsensregeln definieren
Einen qualifizierten Konsens suchen: Für Situationen in denen das Team zu keiner Übereinkunft kommt, müssen Regeln definiert werden. Zum Beispiel ruft das Team einen unabhängigen Experten oder der Projektleiter oder der Product Owner entscheiden. - Gemeinsames Ziel festlegen
Gemeinsame Ziele als Nordstern: Debatten können Teilnehmer eines agilen Teams leicht weiter voneinander entfernen. Gemeinsames Verständnis des Ziels und der Mission des Teams schafft das Gegenteil und wirkt balancierend. - Humorvoller Umgang
Wenn alle Stricke reißen: Humor hilft immer!
Gibt es nun den ein oder anderen Beziehungskonflikt, greifen Manager oft auf Team-Building-Maßnahmen zurück. Doch die Wirkung solcher Spaßveranstaltungen ist meist nicht von langer Dauer. Schon nach kurzer Zeit sind die Teams in ihrem alten Fahrwasser zurück, denn die Ursache des Konflikts wurde nicht gelöst.
Interdisziplinäre Teams - 5 Schritte zum Erfolg
Interdisziplinäre Teams funktionieren dann am besten, wenn sie lernen, mit Konflikten effektiv und nachhaltig umzugehen. Persönliche Differenzen haben jedoch nicht nur Nachteile, sondern können im Gegenzug auch Innovationskraft und Wachstum beflügeln. Wie man einen negativen Konflikt in einen positiven Wachstumsfaktor verwandelt, ist simpel. Die Lösung besteht aus fünf Schritten:
1. Gelassenheit durch Vorbereitung
Um Konflikte erfolgreich zu bewältigen, muss man diese zunächst als normal und selbstverständlich annehmen und Lösungsmethoden zur Hand haben. Indem ein Team mit Konflikten rechnet und sich potenzieller Konfliktquellen in den unterschiedlichen Projektphasen bewusst ist, kann es gegensteuern. Typische Konfliktherde sind beispielsweise:
vage Projektziele,
unterschiedliche Prioritäten in der Umsetzung,
unterschiedliche Arbeitsstile oder Wertesysteme.
Außerdem müssen die verschiedenen Charaktere im Team und deren Beziehungsgeflecht klar sein. In diesem Zusammenhang werden einzelne Emotionen oft zu gefährlichen Brandbeschleunigern. Dem kann man mit gezielter Vorbereitung zuvorkommen und sich anbahnende Konflikte rechtzeitig deeskalieren.
Lesetipp: Wie Emotionen Change-Prozesse beeinflussen
2. Offene Ansprache
"Houston, wir haben ein Problem" - Nennen Sie das Kind beim Namen. Wenn ein Konflikt spürbar ist, muss dieser angesprochen werden. Ignorieren, verdrängen oder leugnen bringt einem der Lösung nicht näher. Im Gegenteil. Im Hintergrund brodelnde Konflikte intensivieren oft die Spannungen und verstärken Emotionen. Wenn die Teammitglieder wissen, wie sie professionell mit Emotionen umgehen können, dann wird auch der Konflikt schneller gelöst. Frustration, Ärger oder Enttäuschung beim Namen zu nennen, entschärft emotionsgeladene Diskussionen.
- 1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen. - 2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia. - 3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv. - 4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt. - 5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet. - 6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann. - 7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht. - 8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software. - 9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist. - 10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat. - 11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3. - 12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen. - 13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren. - 14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes. - 15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden. - 15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.
3. Analyse von Bedürfnissen, Wünschen
So wie im ersten Schritt unterschiedliche Charaktere bewusst sein müssen, kommt es im dritten Schritt darauf an, deren Werte, Bedürfnisse und Wünsche herauszuarbeiten. Denn Werte und Bedürfnisse stehen hinter den jeweiligen Standpunkten oder Positionen. Respekt, Anerkennung und Wertschätzung sind nur drei Beispiele, die ein Gespräch oder das Handeln einer Person maßgeblich beeinflussen.
4. Gegenseitiges Verständnis
Wenn ich weiß, dass mein Gegenüber viel Wert auf Anerkennung und Wertschätzung legt, kann ich bei gut geleisteter Arbeit auch mal ein "Vielen Dank, hervorragend" fallen lassen. Versteht man warum sein Gegenüber wie handelt, ist es einfacher darauf einzugehen. Gemeinsamkeiten schaffen Verständnis, Vertrauen und Bindung. Während die unterschiedlichen Positionen der Teammitglieder diese einerseits weit voneinander entfernen, verbinden die gemeinsamen Bedürfnisse und das gegenseitige Verständnis sie andererseits wieder.
5. Stärke durch Vielseitigkeit
Probleme zu lösen ist das Spezialgebiet interdisziplinärer Teams. Nachdem die persönlichen Differenzen aus der Welt geschafft worden sind, können sie auch wieder auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Die Vielseitigkeit der einzelnen Teammitglieder und die Akzeptanz dieser Heterogenität führt zu langfristigem Erfolg.
Kommt es trotz dieser Schritte zu keiner Einigung, kann Mediation durch einen neutralen Mediator eine weitere Lösungsvariante sein. Der gelöste Konflikt öffnet nun Raum für lösungsorientierte Diskussionen und Innovationskraft, die wie Gustav Jung schon sagte, genau dann am größten ist, je unterschiedlicher wir sind. (bw)