Amazon Web Services Umsatzzahlen 2015

Kommentar: IaaS ist salonfähig

24.04.2015
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Dr. Carlo Velten schreibt als Experte zu den Themen Cloud-Platforms und -Developers, Enterprise Cloud Management und Digital Business. Dr. Carlo Velten ist CEO des IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research AG. Seit über 15 Jahren berät Carlo Velten als IT-Analyst namhafte Technologieunternehmen in Marketing- und Strategiefragen.
Amazons Cloud-Sparte AWS hat im ersten Quartal 2015 1,57 Milliarden Dollar umgesetzt. Es ist der endgültige Beweis dafür, dass der Markt für Infrastructure-as-a-Service mittlerweile ein Multimilliarden-Dollar-Spiel ist.

Erstmals veröffentlicht Amazon separate Umsatz- und Gewinnzahlen für seine Cloud-Sparte namens Amazon Web Services (AWS) - und doch waren die Zahlen keine Überraschung, sondern von vielen Analysten schon recht genau vorhergesagt. Auch wenn für die Cloud-Dienste solide 1,57 Milliarden Dollar Quartalsumsatz ausgewiesen wurden, so rekrutiert sich ein Großteil der Anwender immer noch aus Startups, Media- und Internetfirmen. Unternehmensanwender und deren CIOs halten sich bei der Nutzung von Infrastructure-as-a-Service über Public Cloud-Plattformen - zumindest in der DACH-Region - immer noch zurück. Aber dies wird sich in den kommenden zwölf bis 24 Monaten nachhaltig ändern, denn 30 Prozent aller Anwender befinden sich derzeit in der Evaluierungs- und Planungsphase für erste Cloud-Projekte.

Ein Viertel der befragten Unternehmen will von Cloud-Technologien nichts wissen.
Ein Viertel der befragten Unternehmen will von Cloud-Technologien nichts wissen.
Foto: Crisp Research AG

Bleibt der Pionier im IaaS-Markt auch langfristig der Gewinner?

Doch bevor man weiter kritisch analysiert, sollte man das AWS-Team erst einmal beglückwünschen. Innerhalb von knapp zehn Jahren haben die RZ-Manager, Cloud-Architekten und SW-Engineers den Markt für IT-Infrastruktur wirklich disruptiv verändert, beziehungsweise "den Markt gemacht". Dass junge Startups mit der Kreditkarte und ein paar pfiffigen Entwicklern ihre IT-Infrastrukturen und somit auch Geschäftsmodelle unlimitiert skalieren und großen Konzernen die Stirn bieten können, war 2006 zum Start von Amazon Web Services noch nicht abzusehen. Auch dass Branchengrößen wie IBM, HP, T-Systems oder VMware gezwungen sein werden, ihre Geschäfts- und Preismodelle radikal zu überdenken, hat mit der Innovationsleistung von AWS zu tun. Ob und inwieweit AWS auch in fünf Jahren noch der Primus im IaaS-Geschäft sein wird, bleibt abzuwarten, denn die Mehrheit der Unternehmensanwender mit ihren großen Workloads hat sich noch nicht final in ihrem Cloud-Sourcing festgelegt.

AWS Umsatz in 2014 trifft die Prognosen recht genau

Es wurde viel spekuliert in den letzten Jahren. Da AWS - wie auch die direkten Wettbewerber Google und Microsoft - die Finanz-Kennzahlen ihrer Cloud-Sparten bislang nicht separat in den Geschäftsberichten auswiesen, waren Branchenbeobachter auf eigene Hochrechnungen angewiesen. Die Prognose der IaaS-Umsätze von AWS, Microsoft, Google und Co. ist allerdings eine Wissenschaft für sich, da viele Parameter berücksichtigt werden müssen. So zum Beispiel die Kapazität, Infrastruktur und Architektur des Rechenzentrums, die Infrastrukturauslastung, Kundenanzahl oder auch der Workload-Charakter. Liegen diesbezüglich genügend Datenpunkte und Erfahrungen vor, lassen sich die Umsätze der führenden Provider relativ gut vorhersagen.

So hatte Crisp Research die weltweiten AWS-Umsätze in einer Analyse zu Beginn des Jahres 2014 mit 4,8 Milliarden Dollar prognostiziert. Ein sehr gute Schätzung, wie sich letzte Nacht bei der erstmaligen Veröffentlichung der Quartalsergebnisse von Amazon herausstellte.

Foto: Crisp Research AG

Nach einem schwachen Umsatzwachstum in den ersten drei Quartalen 2014 (im Vergleich zu den Vorjahren) konnte AWS im vierten Quartal noch einmal deutlich zulegen. Das ist einerseits auf das starke Weihnachtsgeschäft mit eCommerce-Kunden, sowie andererseits auf den beginnenden Schub aus dem Geschäft mit den Unternehmensanwendern zurückzuführen.

Amazon AWS-Quartalsergebnisse 1/2015
Amazon AWS-Quartalsergebnisse 1/2015
Foto: Amazon

AWS - die Profit-Perle von Jeff Bezos

Vielfach wurde spekuliert, ob Jeff Bezos seine Cloud-Sparte an einen großen IT-Major veräußert. Gute Angebote und Begehrlichkeiten gab es sicherlich. Schaut man sich das Umsatzwachstum und das "Operating Income" von AWS im Vergleich zum eCommerce-Geschäft von Amazon an, wird klar warum Jeff Bezos seine Cloud-Truppe lieber im Konzern behält.

Schreibt man die Umsatz- und Income-Zahlen von 2015 bis 2017 auf Basis einer vorsichtigen Wachstumsprognose für beide Geschäftsbereiche fort, so wird der Handelsbereich im Jahr 2017 wohl die 100-Milliarden-Dollar-Umsatzgrenze knacken. Die Cloud-Dienste von AWS werden 2017 zwischen 10,6 und 11,5 Milliarden Dollar Umsatz liegen, was mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes entspricht. Da der operative Gewinn von Amazons Kerngeschäft aber eher in homöopathischen Dosierungen daherkommt und der eCommerce-Konzern seit Jahren nur "wenige" hundert Millionen Dollar Gewinn erwirtschaftet (im Vergleich zu bald 100 Milliarden Umsatz), wird das Cloud-Business gerade zur Profit-Perle. Falls AWS seine Vertriebs- und Betriebskosten auf dem Niveau der letzten Jahre halten kann, ist im Jahr 2017 mit einem Operating Income von 2 bis 2,5 Milliarden Dollar zu rechnen - das vier- bis fünffache davon, was der Gesamtkonzern heute verdient. Respekt! (bw)