Aktuelle Untersuchungen der Experton Group zeigen, dass die Beschaffung gebrauchter Softwarelizenzen eine Alternative für die Anwenderunternehmen sein kann. Übrigens sehen die Firmen das genau so, und darüber täuschen auch die Anti-Kommunikationskampagnen der Softwarehersteller nicht hinweg. Wirft man nämlich einen genaueren Blick auf die Anbieter, so lassen sich divergente Strategien feststellen. Generell betrachtet ist jedoch erkennbar, dass sich der Markt gegenwärtig in der dritten Phase eines Verhaltens- und Kommunikations-Zykluses befindet:
In der ersten Phase versuchten einige Softwarehersteller durch Rechtsmittel eine schnelle Entscheidung zu ihren Gunsten herbeizuführen. Insgesamt gesehen waren die juristischen Scharmützel für die Softwarehersteller aber kontraproduktiv. Ein falscher Ansatz zum falschen Zeitpunkt führte zum Scheitern dieser Herstellerstrategie. Denn eine breite Masse an möglichen Nutzern wurde, bedingt durch die mediale Präsenz, für die Thematik sensibilisiert.
In der zweiten Phase versuchten einige Hersteller die Thematik totzuschweigen. Sie wollten gar nicht kommunizieren. Doch wie wir vom Kommunikationsspezialisten Paul Watzlawik gelernt haben, "kann man nicht nicht kommunizieren". Und so haben die häufig fehlenden Stellungnahmen der Anbieter nicht zu der erwarteten Ablehnung oder Zurückhaltung der Anwender für gebrauchte Software geführt, sondern das prompte Gegenteil stellte sich ein.
Der Markt öffnete sich somit für die Anbieter von gebrauchter Software, welche die Möglichkeit nutzten, sich als zuverlässige Geschäftspartner zu positionieren. Schließlich waren sie es, die das Fachwissen in die Unternehmen trugen und die Anwender über die Optionen des Handels mit gebrauchten Lizenzen aufklärten. Damit war auch der zweite strategische Ansatz der Hersteller fehlgeschlagen.
In der dritten – und immer noch aktuellen – Phase versuchen einige Softwarehersteller durch gezielte Kommunikationskampagnen den Markt zu beeinflussen. Inwieweit dieses Konzept erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.
Doch was steckt hinter der gesamten Diskussion eigentlich wirklich? Der kommerzielle Softwaremarkt in Deutschland ist größer als 16 Milliarden Euro. Der Markt für gebrauchte Software liegt lediglich im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Gut, das Marktwachstum ist sehr dynamisch! Trotzdem ist der Gesamtmarkt für gebrauchte Software nicht größer als eine Rundungsdifferenz in der Businessplanung der etablierten Softwareanbieter! Warum also mobilisieren die Herstellen Legionen von Rechtsanwälten und Divisionen von Marketing- und PR-Menschen?
Geht es bei diesem Feldzug vielleicht um Server-, Datenbank- oder Zugriffslizenzen? Geht es möglicherweise sogar um die Wahrung geistigen Eigentums? Nein – es geht um ein viel wichtigeres Gut: die Sicherung etablierter Strukturen. So sehen einige Hersteller durch das Geschäftsmodell der Gebrauchtsoftwarehändler ihre etablierten Lizenz-, Rabatt- und Partnermodelle gefährdet. Im Klartext: Die Hersteller fürchten den Verlust ihres Einflusses bei den Anwendern und den Partnern.
Somit ist die Reaktion der Softwarehersteller teilweise nachvollziehbar; dass Verhalten an sich jedoch selber nicht. Dessen ungeachtet beginnt intern bereits vielerorts die Front gegen die Anbieter gebrauchter Software zu bröckeln. Letzten Endes geht es auch um Marktanteile, Serviceerträge und insbesondere um das Erreichen individueller Ziele. Auch aus diesem Grund verschwimmen die Linien zwischen Freund und Feind. Und einige Teilnehmer werden sich wundern, wer am Ende auf welcher Seite steht. (ba)