Projektmanagement

Klare Projektplanung statt guter Vorsätze

18.02.2015
Von 
Der Schweizer Professor lehrt Operations Management in den Führungskräfteprogrammen der internationale IESE Business School in München. Die Operations-Management-Methode entwickelte er gemeinsam mit seinem Kollegen Professor Dr. Jaume Ribera.
Erst große Pläne, dann großes Scheitern. Oder? Selbstverständlich können Projektverantwortliche die Erfolgschancen deutlich erhöhen, wenn sie in der Planung ein paar Regeln konsequent einhalten und die Bedeutung der Unternehmenskultur nicht unterschätzen.
Wer die fünf Phasen (Auswahl, Definition, Planung, Umsetzung, Abschluss) eines Projekts - und mag es auch noch so komplex sein - einhält, der erspart sich viel Ärger. Wichtig ist aber auch, sich nicht immer nur vom Kostenaspekt leiten zu lassen, sondern auch mal zu investieren und neue Projekt-Management-Ansätze zu wagen.
Wer die fünf Phasen (Auswahl, Definition, Planung, Umsetzung, Abschluss) eines Projekts - und mag es auch noch so komplex sein - einhält, der erspart sich viel Ärger. Wichtig ist aber auch, sich nicht immer nur vom Kostenaspekt leiten zu lassen, sondern auch mal zu investieren und neue Projekt-Management-Ansätze zu wagen.
Foto: Rawpixel - Fotolia.com

Der Berliner Flughafen BER gilt als prominentes Beispiel für gescheitertes Projekt-Management, geradezu als Prototyp planerischen Misserfolgs. Anders lässt sich ein Projekt nicht beschreiben, dessen vorgesehene Kosten von 1,7 auf fast fünf Milliarden Euro gestiegen sind und dessen Fertigstellung, die ursprünglich für 2012 geplant war, erst einmal auf 2017 verschoben wurde.

BER ist kein Einzelfall. Laut dem Standish Report von 2012 halten lediglich 39 Prozent aller Projekte den Zeit- und Kostenrahmen ein, 43 Prozent überschreiten die festgeschriebenen Ziele für Zeit und Kosten deutlich, und 18 Prozent scheitern. Lassen sich solche Misserfolge überhaupt verhindern?

Wenn Manager nach einer klaren Methode vorgehen, lernen sie aus den Fehlern ähnlicher Projekte und nutzen diese Erkenntnisse für künftige Vorhaben. Gehen die Führungskräfte systematisch vor, verbessern sie auch die Koordination zwischen einzelnen Zuständigkeitsbereichen und die Kommunikation. Dies wiederum erleichtert den Abschluss und die Nachbereitung des Projekts.

Eine solche Systematik lässt sich am besten am Lebenszyklus eines Projekts darstellen, denn es durchläuft, ganz gleich wie komplex, immer fünf Phasen.

Phase 1: Auswahl

Da Unternehmen im Allgemeinen mehr Projekte als Ressourcen haben, muss das Management anfangs priorisieren. Projekte dienen zur Umsetzung der Strategie. Die Auswahl muss also immer die strategischen Ziele in den Mittelpunkt stellen. Diese Priorisierung entspricht einem ersten "Checkpoint". Auch für die nächsten Phasen sollten Führungskräfte solche Kontrollpunkte einrichten. Auf diese Weise können sie das Projekt rechtzeitig unterbrechen oder gar einstellen, wenn Komplikationen auftreten.

Phase 2: Definition

Jedes Projekt braucht ein klares Mandat und ein geeignetes Team. Um erfolgreich zu sein, sind folgende Fragen zu klären: Warum ist das Projekt wichtig? Welche Ergebnisse erwarten die Auftraggeber? Wie sehen die Ziele genau aus? Welche Voraussetzungen sind für den Erfolg erforderlich, und wie lässt dieser sich messen? An dieser Stelle müssen Projektleiter unbedingt Unwägbarkeiten und Risiken definieren und entsprechende Handlungsspielräume beziehungsweise einen Plan B formulieren.

Phase 3: Planung

Hier wird es konkret. Das Wie, Wann und Wer kristallisieren sich heraus. Projektleiter übernehmen jetzt eine Reihe von Aufgaben. Sie teilen das Projekt in überschaubare Einheiten auf und erstellen einen Plan zur Qualitätskontrolle. Es müssen Diagramme gezeichnet werden, um die Abhängigkeiten der Projektaktivitäten zu veranschaulichen. Außerdem muss der Projektleiter Dauer, Kosten und Ressourcen für jede Aufgabe überblicken und einschätzen. Um die Gesamtlaufzeit des Projekts bestimmen zu können, ist eine "critical chain" zu planen. Zu guter Letzt müssen Projektleiter detaillierte Budgets und Pläne erstellen und Zwischenziele und "Checkpoints" festlegen, an denen sie Zwischenbilanzen ziehen.

Phase 4: Umsetzung und Überwachung

Die Termine stehen, die Zeit drängt. Projektleiter müssen ihre Ressourcen so auf die unterschiedlichen Aufgaben verteilen, dass diese termingerecht erledigt werden können. Regelmäßige Meetings mit allen Beteiligten beugen Konflikten vor. Der Zweck der Projektüberwachung (Monitoring) ist, dass die Verantwortlichen rechtzeitig Abweichungen im Zeitplan, bei den Kosten oder im Leistungsumfang erkennen und in Ruhe reagieren können. Spezielle Verfahren wie beispielsweise ein Gantt-Diagramm, das Soll- und Ist-Ablauf vergleicht, können helfen, das Ganze systematisch umzusetzen.

Was aber, wenn die Ergebnisse nicht dem Plan entsprechen? Der Projektleiter muss die Daten auswerten und entscheiden, ob der ursprüngliche Plan noch gilt. Er hat jetzt zwei Optionen: Entweder muss er die Ziele (Resultate, Abschlusstermin oder gar Kosten) ändern, oder er muss das Projekt unter Umständen einstellen.

Phase 5: Projektabschluss

Vor dem endgültigen Abschluss sollten die Verantwortlichen die Ergebnisse überprüfen und an den eingangs vereinbarten Zielen messen. Wenn sie diese Erkenntnisse zusammenfassen, systematisieren und veröffentlichen, tragen sie damit zum Erfolg von künftigen Projekten bei. Und eines sollten die Verantwortlichen möglichst nicht vergessen: den Abschluss mit dem gesamten Team angemessen zu feiern. Ein gutes Ergebnis braucht auch einen gebührenden Rahmen.

Neues wagen!

Dass bestimmte Projekte immer nach derselben Methode abgewickelt werden, muss nicht bedeuten, dass es keine bessere gibt. Oft bringen neue Ansätze deutlich bessere Ergebnisse. Ein Beispiel: Wenn bei Ausschreibungen immer nur das günstigste Angebot den Zuschlag erhält, scheitern Projekte häufig daran, dass die anschließend notwendigen Nachbesserungen den Kostenrahmen sprengen.

Um dies zu vermeiden, erdachten die Vertragspartner beim Bau des Terminals 5 am Londoner Flughafen Heathrow eine unkonventionelle Lösung. Sie entwarfen einen Kostendeckungsvertrag mit Erfolgsbeteiligung. Der Vertrag verpflichtete also den Auftraggeber, dem Bauunternehmer nicht nur den entstehenden Aufwand zu erstatten, sondern ihn darüber hinaus auch am Gewinn zu beteiligen. Damit erhielten beide Seiten einen Anreiz: Indem sie gemeinsam an innovativen Lösungen arbeiteten, würden sie zu besseren Ergebnissen finden, die Kosten senken und das Projekt schneller abschließen. Der Ansatz bot allen beteiligten Parteien Vorteile und verhinderte Konfrontationen. Die Vertragspartner in Heathrow setzten die Idee leider nur halbherzig um - entsprechend kraftlos blieb das Ergebnis. Nachahmer allerdings, die diesen Ansatz konsequent verfolgen, können ihr Projekt effizienter zum Erfolg führen.

Bewertung verschafft Überblick

Zeit- und Ressourcenvergeudung wie beim neuen Berliner Flughafen können die Projektverantwortlichen verhindern. Dazu müssen sie die einzelne Teilbereiche danach bewerten, welche einen Mehrwert bringen, welche notwendig sind, aber keinen Mehrwert bringen, welche Projektteile weder notwendig sind, noch einen Mehrwert bringen und welche nur unnötige Verzögerungen verursachen.

Eine solche Bewertung gibt einen hilfreichen Überblick. Die Verantwortlichen sollten jetzt alle Aktivitäten, die unter die zwei letzten Kategorien fallen, möglichst einstellen. Die aus der zweiten Kategorie gilt es zu verringern, die aus der ersten zu verstärken.

Soll das Projekt-Management dauerhaft erfolgreich sein, müssen Unternehmen eine Projekt-Management-Kultur entwickeln. Allen Beteiligten sollte bewusst sein, welche Vorteile es bringt, Ressourcen optimal zu nutzen. Eine strukturierte Projektplanung leistet all das und weiß um die Möglichkeit, auf den Plan B zurückzugreifen. So hielt es auch Dwight Eisenhower: "Zur Vorbereitung auf den Kampf fand ich Pläne immer unbrauchbar", sagte er, "Planung dagegen ist unverzichtbar." (hk)

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