Buchtipp für Business Leader

KI-Fabriken - das steckt dahinter

18.01.2023
Von   IDG ExpertenNetzwerk


Moritz Strube beschäftigt sich seit Beginn des letzten KI-Frühlings vor mehr als 20 Jahren mit Künstlicher Intelligenz. Der Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler ist Spezialist für Data Science, Statistik, Softwareentwicklung und KI-Frameworks. Er lehrt und hält Vorträge zu Künstlicher Intelligenz, Data Science und Blockchain. Seit Oktober 2021 ist er als CTO Teil der Leitung des Unternehmens InspectifAI, welches 2021 von dem Körber Geschäftsfeld Digital gegründet wurde.

 

"Competing in the Age of AI" zeigt, wie Unternehmen mit KI-basierten Betriebsmodellen skalieren und traditionelle Unternehmen verdrängen können.
Ein Beispiel aus der Landwirtschaft für eine KI-Fabrik: Die Künstliche Intelligenz sorgt für optimales Klima im Gewächshaus während Roboter die Pflanz- und Erntearbeit übernehmen.
Ein Beispiel aus der Landwirtschaft für eine KI-Fabrik: Die Künstliche Intelligenz sorgt für optimales Klima im Gewächshaus während Roboter die Pflanz- und Erntearbeit übernehmen.
Foto: MONOPOLY919 - shutterstock.com

In ihrem Buch "Competing in the Age of AI" stellen die beiden Professoren der Harvard Business School, Marco Iansiti und Karim R. Lakhani, dar, wie traditionelle Unternehmen im Wettbewerb durch KI-basierte Betriebsmodelle (Operation Models) verdrängt werden können. Zugleich verweisen sie auf die damit verbundene Verantwortung vor dem Hintergrund der Sammlung und Nutzung immenser Datenmengen für automatisierte Kernprozesse. Eine empfehlenswerte Lektüre für Führungskräfte, die sich mit digitaler Transformation und dem Einsatz künstlicher Intelligenz beschäftigen.

Die Autoren bezeichnen Unternehmen, die in kritischen operativen Aktivitäten vollständig auf Menschen verzichten können, als KI-Fabriken. Wie etwa die chinesische Ant Financial Group, der es innerhalb von fünf Jahren gelang, eine Milliarde Nutzer zu gewinnen und die 2018 bereits halb so viel wert war wie das wertvollste Finanzunternehmen der Welt. Nutzer der zur Gruppe gehörenden MYbank können gemäß der 3-1-0-Regel Kredite beantragen: drei Minuten Antragszeit, eine Sekunde für die Kreditentscheidungen, wobei null Personen in diese Entscheidung involviert sind.

Transformation zu einer KI-Fabrik

Die Autoren beschreiben, wie Unternehmen zu KI-Fabriken transformiert werden können und belegen das mit vielfältigen Beispielen aus der Untersuchung von 350 Unternehmen. Die Diskussion fokussiert sich dabei nicht auf Geschäftsmodelle, sondern Betriebsmodelle, die sich durch folgende Aspekte charakterisieren lassen:

  • Scale

  • Scope

  • Learning

KI-Fabriken zeichnen sich dadurch aus, dass die operativen Kernprozessen digitalisiert und automatisiert werden. Dadurch, dass sie ohne Menschen arbeiten, wird eine Skalierung ohne Zuwachs an Komplexität und marginalen Kosten ermöglicht. Diese Skalierung wird zudem in einem durch KI gestützen Lernprozess in einer positiven Rückkoppelung beschleunigt.

Die Autoren warnen jedoch, dass es eine Weile dauern kann, bevor die digitalen Betriebsmodelle einen vergleichbaren Wert wie traditionelle Betriebsmodelle generieren. Daher fällt es ihrer Einschätzung nach vielen Führungskräften in traditionellen Unternehmen zunächst schwer zu glauben, dass die digitiale Betriebsmodelle jemals aufholen werden. Aber sobald diese eine kritische Masse erreicht haben, überwältigen sie traditionelle Unternehmen oft mit gewaltigen Auswirkungen.

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Dieser Ansatz erfordert eine Auflösung traditioneller Betriebsmodelle, die auf Dezentralisierung und Spezialisierung beruhen - zugunsten einer zentralen KI-Plattform, die unternehmensweit Daten sammelt, verarbeitet und für vielfältige Anwendungen bereitstellt. Sehr anschaulich und mit vielen Beispielen unterlegt, erklären die Autoren anhand von netzwerktheoretischen Modellen die strategischen Optionen für hochskalierbare KI-Fabriken mit Plattform-Geschäftsmodellen und beleuchten auch die damit einhergehenden Risiken.

Risiken einer KI-Fabrik

Die Autoren schließen das Buch mit dem klaren Hinweis auf die Verantwortung der Führungskräfte. Das Sammeln, Speichern und Verarbeiten von gewaltigen Datenmengen bringt entsprechende Risiken mit sich. Die Rede ist hierbei von möglichen Cyberattacken und Datenleaks bis hin zu Fehlinformation (misinformation) und fehlgeleiteten Entscheidungen durch den Einsatz verzerrter Daten (bias) in massivem Umfang. Sie thematisieren dabei auch die Wichtigkeit, KI zu regulieren, um Konsumenten mehr Sicherheit zu geben.

Noch eine Warnung zum Schluss: Die Einleitung klingt wie ein überzogener Werbetext für das Buch, aber der dann folgende Inhalt liefert fundiertes und durch die Vielzahl der Beispiele anschauliches Wissen für Führungskräfte, die sich mit digitaler Transformation und Künstlicher Intelligenz beschäftigen. (bw)

Competing in the Age of AI
Competing in the Age of AI
Foto: HBR.org

Titel: Competing in the Age of AI
Sprache: Englisch
Autoren: Marco Iansiti, Karim R. Lakhani
Verlag: Harvard Business Review Press
Seiten: 288
Erscheinungstermin: 07. Januar 2020
ISBN: 978-1-63369-762-1
Preis: $ 32,00