Montagmorgen, bei einem mittelständischen Unternehmen. Produktentwickler Meier trifft Geschäftsführer Huber im Foyer. Huber sagt zu Meier: "Gut, dass ich Sie treffe. Am Wochenende hatte ich eine Idee für ein neues Produkt. Ich weiß noch nicht genau was und wie, aber wir müssen da was entwickeln. Denn damit kommen wir ganz groß raus. ... Bitte kümmern Sie sich darum, dass ..." Danach verschwindet Geschäftsführer Huber in seinem Büro. Und Herr Meier? Pflichtbewusst engagiert er sich gleich nach dem Gespräch für ein gut qualifiziertes Projektteam und nach einigem Hin und Her hat er es auch zusammen. Schließlich kam der Arbeitsauftrag ja von ganz oben.
Das neu formierte Team startet seine Arbeit lehrbuchmäßig mit einem Projekt-Kick-Off, in dem es erste grobe Meilensteine der Produktentwicklung diskutiert. Danach beginnt das Team das Thema zu bearbeiten. Gemeinsam versuchen die Beteiligten umzusetzen, was Herr Meier in dem kurzen Gespräch mit dem Geschäftsführer im Foyer verstand. So richtig begriffen, was er tun soll, hat er nicht. Dasselbe gilt für seine Teamkollegen. Doch dumme Fragen stellt man in solchen Situationen den "Chefs" nicht, und schon gar nicht äußert man Zweifel – zum Beispiel bezüglich der Machbarkeit.
- 1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen. - 2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia. - 3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv. - 4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt. - 5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet. - 6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann. - 7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht. - 8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software. - 9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist. - 10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat. - 11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3. - 12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen. - 13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren. - 14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes. - 15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden. - 15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.
Drei Monate später. Der anfängliche Elan ist mittlerweile einer allgemeinen Lustlosigkeit und tiefen Frustration gewichen. Denn das Projekt schreitet nicht wie erhofft voran. Und trotz lehrbuchmäßigem Vorgehen werden die gewünschten Ergebnisse nicht erzielt. Zumindest signalisiert dies die Geschäftsleitung Projektleiter Meier immer wieder.
Nicht vorschnell ja sagen
Solche Prozesse beobachtet man in Unternehmen regelmäßig. Immer wieder werfen in ihnen Auftraggeber irgendwelche Projekte als erste Idee über den Zaun. Und häufig fängt ein noch unerfahrener Projektleiter die nebulöse Projektwolke auf und legt, ohne nachzufragen, los. Die Folge: Er wird fortan seines (Projekt-)Lebens nicht mehr froh – unter anderem weil seinem Auftraggeber die präsentierten Lösungsideen oder bereits umgesetzten Lösungen nie zusagen. "So hatte ich mir das nicht vorgestellt …"
Deshalb gilt vor einem offiziellen Projektbeginn und der Übernahme einer Projektleiterfunktion die Maxime: Kein Projektstart ohne ausführliche Ziel- und Auftragsklärung. Denn für ein Schiff, das seinen Zielhafen nicht kennt, weht kein Wind günstig und ist keine Route richtig. Nachfolgend einige Tipps, wie Sie solche Pannen vermeiden, wenn Ihnen ein Projektauftrag erteilt wird.
Risikoanalyse und Machbarkeitsstudie erstellen
Erst wenn die oben genannten Punkte "abgehakt" sind, sollten Sie sich solchen Themen wie dem Erstellen einer Risikoanalyse und Machbarkeitsstudie oder dem Planen des Projekt-Kick-Offs zuwenden.
Und noch ein Tipp: Beherzigen Sie die obigen Tipps auch aus Eigeninteresse. Denn wenn ein von Ihnen geleitetes Projekt nicht den von den Auftragsgebern erhofften Verlauf nimmt, sagt niemand am Schluss: "Das Projekt fuhr an die Wand, weil wir zu Beginn den Auftrag und die Ziele nicht sauber geklärt haben." Nein, es wird heißen: "Der Müller (oder die Wagner) hat einen schlechten Job gemacht."