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Tengelmann-Chef

Karl-Erivan Haub - ein kreativer Zerstörer

01.04.2015
Der geplante Ausstieg aus dem Lebensmittelhandel ist für den Tengelmann-Chef nur ein Zwischenschritt beim Umbau des Familienunternehmens. Der 55-Jährige macht das Traditionsunternehmen zu einem Vorreiter im E-Commerce.

Wenn Karl-Erivan Haub über den Siegeszug des Online-Handels redet, ist ihm seine Begeisterung anzumerken. "Was wir erleben ist, eine schöpferische Zerstörung. Eine Revolution", sagte der 55-jährige-Chef der Handelsgruppe Tengelmann(Kik,Obi) erst vor wenigen Wochen. "Entweder man lehnt sie ab und wird abgehängt, oder man umarmt sie."

Haub will sich nicht abhängen lassen. Für ihn hat deshalb das Thema E-Commerce Priorität. Aus dem Lebensmittelhandel, in dem die Familie seit mehr als 120 Jahren tätig ist, will er dagegen aussteigen und die seit Jahren rote Zahlen schreibenden 451 Kaiser's-Tengelmann-Filialen an Edeka verkaufen. Dassdas Kartellamt sich diesen Plänen jetzt in den Weg stellt, ist für den Unternehmer ein Ärgernis. Doch blickt man auf seine Arbeit in den letzten Jahren, dürfte es ihn kaum bremsen.

Seitdem der frühere McKinsey-Berater 2010 die Leitung der familieneigenen Firmengruppe übernommen hat, zu der neben den Kaiser's-Tengelmann-Supermärkten auch Deutschlands größter Textil-Discounter Kik und der Baumarkt-Marktführer Obi gehören, hat er der Handelsgruppe seinen Stempel aufgedrückt.

Damals steckte der einst größte deutsche Lebensmittel-Filialist in der Krise. Allzu lange hatte der Firmenpatriarch Erivan Haub gezögert, im von ihm geschaffenen Firmenkonglomerat aufzuräumen. Der Sohn Karl-Erivan Haub hatte weniger Hemmungen. Er trennte sich von der im Branchenvergleich zu kleinen Drogeriemarkt-Kette kd und vom Schokoladen-Hersteller Wissoll, verkleinerte das Supermarktnetz drastisch und verkaufte den konzerneigenen Discounter Plus.

Der Tengelmann-Chef setzte früher und konsequenter als die meisten anderen Handelskonzerne auf E-Commerce. Tengelmann sieht sich heute selbst als einen der führenden Wagniskapitalgeber in Deutschland. Praktisch von Anfang an war Tengelmann beim Online-Modeanbieter Zalando dabei. Zum Portfolio gehören auch die Beteiligungen an Deutschlands größtem Online-Anbieter für Baby- und Kleinkinderartikel baby-markt.de, am Lieferdienst Delivery Hero oder am Wohnaccessoires-Anbieter Westwing.

Von einem Beirat des Unternehmens sei er anfangs gewarnt worden: "Sie gehen ins Spielcasino", erzählt Haub von den Widerständen gegen seinen Kurs. Auch sein Vater habe nichts mit der modernen Technik am Hut. Rückendeckung habe er jedoch von seiner Mutter Helga Haub erhalten. Die über 80-jährige Grande Dame des Unternehmens outete sich selbst auf einer E-Commerce-Veranstaltung von Tengelmann kürzlich als glühende Anhängerin der Online-Revolution: "Für mich ist das wie die Erfindung des Buchdrucks. Es wird die Welt restlos verändern. Schade, dass ich das wohl nicht mehr alles erleben kann", meinte sie.

Mit dem jetzt vom Kartellamt untersagten Verkauf der Kaisers-Tengelmann-Supermärkte an Edeka wollte sich Haub eigentlich endgültig vom stationären Lebensmittelhandel in Deutschland verabschieden. Es wäre ein Schlussstrich gewesen unter einem wichtigen Kapitel der Familiengeschichte. Ein Schlussstrich, der ihm selbst schwergefallen sei, wie Haub sagt. Der dem 55-Jährigen aber wohl noch mehr Zeit gegeben hätte, sich auf das zukunftsträchtigere Internet-Geschäft zu konzentrieren. (dpa/tc)