Die vernetzte, sich selbst organisierende Fabrik, das klingt zwar wie Science Fiction. Doch schon auf der Hannover Messe 2014 waren Teile der digitalen Fabrik zu sehen. Datenbrillen, die Monteuren visuelle Konstruktionsinformationen liefern. Produkte, Transportmittel und Werkzeuge, die Informationen austauschen. Oder durchgängige Datenverbindungen zwischen Entwicklung, Produktion, bis hin zum Service. Die vierte industrielle Revolution ist in der Industrie angekommen, beispielsweise bei Bosch Software Innovations. Das Tochterunternehmen entwickelt für den Konzern Softwarelösungen für das Internet der Dinge.
Georg Deschler, 35, leitet bei Bosch Software Innovations in Immenstaad am Bodensee ein Team, das Software für digitale Fabriken entwickelt. Insgesamt hat das Unternehmen vier solcher Gruppen mit fünf bis zehn Mitarbeitern. "Und wir suchen neue Mitarbeiter, um die Teams aufzustocken", sagt Deschler. Er hat angewandte Informatik studiert, seine fünf Mitarbeiter Informatik oder Wirtschaftsinformatik. Sein Team bearbeitet Projekte, die mit Sensorik zu tun haben - etwa die Zustandsüberwachung von Maschinen für eine vorausschauende Wartung. "Der Unterschied zu bisherigen Softwareentwicklungen ist der hohe Grad an Komplexität, weil alles miteinander vernetzt ist", so Deschler. Seine Mitarbeiter müssen Konzepte erstellen, vernetzt denken und programmieren können. Die Komplexität der Systeme setzt neben dem speziellen Fachwissen für eine Anwendung Verständnis für das gesamte System und die darin ablaufenden Prozesse voraus. Und die Softwareentwickler müssen Hardwareingenieure verstehen und umgekehrt.
Das Herzstück der Industrie 4.0
Entscheidend für die Realisierung der digitalen Produktion ist der Übergang von der zentralen Steuerung der Produktionsanlagen hin zu einer dezentralen, in der das zu bearbeitende Werkstück die Informationen für seine Bearbeitung mit sich führt. Möglich wird dies durch Embedded Systems, also mikroelektronischer Systeme, die über eine eigene Rechenfähigkeit, Sensorik und Aktorik verfügen. Stattet man die mit Kommunikationsschnittstellen aus, so dass sie sich mit anderen Systemen in der Wertschöpfungskette vernetzen können, werden daraus Cyber-physische Systeme. Sie sind das Herzstück von Industrie 4.0, denn sie machen eine ganzheitliche Integration von Automation, Prozess- und Unternehmenssteuerung bis hin zur Wartung der Anlagen erst möglich. Dies ist das Hoheitsgebiet von Ingenieuren der Elektrotechnik, Mechatronik, Automatisierungstechnik.
- Betrieb
- Betrieb
- Betrieb
- Impressionen
- Impressionen
- Impressionen
- Impressionen
- Seifenanlage
- Seifenanlage
- Seifenanlage
- Seifenanlage
- Seifenanlage
- Seifenanlage
- Technologien
- Technologien
- Technologien
- Technologien
- Technologien
- Technologien
- Module Seifenanlage
- Module Seifenanlage
- Module Seifenanlage
- Module Seifenanlage
- Module Seifenanlage
- Module Seifenanlage
Maschinenbauingenieure entwickeln und bauen die Produktionsanlagen. Der Maschinenbau hat bei Industrie 4.0 gleich eine doppelte Funktion zu erfüllen: Er ermöglicht den Einsatz der neuen Technologien und er wendet sie an.
Informatik, Maschinenbau, Elektrotechnik - im Zusammenspiel dieser drei Branchen entsteht Industrie 4.0. "Zugleich spiegeln die Branchen die benötigten Kompetenzen der Mitarbeiter", sagt Bernd Dworschak vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart. Dworschak ist Projektleiter von 'FutureKomp 4.0', in dem die benötigten Skills für die digitale Fertigung erforscht werden. Start des Projekts war zum Jahresbeginn 2014, es läuft zwei Jahre und wird vom Ministerium für Wirtschaft und Finanzen Baden-Württemberg gefördert. "Am Ende soll ein Basiskonzept herauskommen für die Weiterbildungen im Umfeld von Industrie 4.0. Eine erste - nicht unbedingt überraschende - Erkenntnis hat der Wissenschaftler schon: "Durch Industrie 4.0 wird es am Arbeitsmarkt Gewinner und Verlierer geben."
Um die Frage zu beantworten, wer welche Kompetenzen braucht, geht Dworschak von zwei Szenarien aus. Im ersten Fall ist das Automatisierungsniveau hoch. Dann sind die gering Qualifizierten die Verlierer, weil Mitarbeiter am Band nicht mehr gebraucht werden. Auch Fachkräfte wären weniger vonnöten, denn die Technologien entscheiden selbst, ob beispielsweise ein Auftrag unterbrochen wird, um einen dringenden vorzuziehen. Das System trifft alle Entscheidungen, die Produkte suchen sich selbst ihren Weg entlang der Fertigung. Ingenieure und Informatiker entwickeln, installieren und modellieren die Systeme. In diesem Szenario sind sie die Gewinner.
Informatiker und Ingenieure sind die Gewinner
Im anderen ist das Automatisierungsniveau zwar auch höher als heute, die Produktion aber nicht vollkommen autonom und die Entscheidungskompetenz verbleibt bei den Mitarbeitern. Facharbeiter würden nach wie vor eine bedeutende Rolle spielen und die Mitarbeiter am Band weiterhin gebraucht. Gewinner wären wieder Ingenieure und Informatiker. "Weil nur sie die Komplexität der Anlagen verstehen und beherrschen, werden auch unter dieser Annahme mehr von ihrer Sorte gebraucht", ist der Bosch-Mann überzeugt.
Richtig sei aber auch, dass sich die Arbeitgeber bewußt sein müssen, ihre Mitarbeiter mehr denn je für die neuen Aufgaben zu schulen. Ingenieure müssen die Informatik verstehen und andersherum. Automatisierungstechnik ist der Dreh- und Angelpunkt, um die sich das angrenzende Wissen rankt. Das wird eindeutig interdisziplinär sein und setzt sich aus den drei schon genannten Disziplinen Elektrotechnik, Maschinenbau und IT zusammen. "Am Ende der Studie wird nicht stehen, dass wir neue Studiengänge brauchen, sondern welches Wissen wir vermitteln müssen und welche Kompetenzen notwendig sind", sagt Dworschak. Für ihn ist Industrie 4.0 ein Weiterbildungsthema.
In der Informatik geht das für ihn in zwei Richtungen. Daten müssen beschafft, verarbeitet und interpretiert werden - und das in großen Mengen. Das ist Big Data. Aber wie sind sie sie dem Anwender zur Verfügung zu stellen? Formate, Standardisierung, Visualisierung sind Fragen, die zu klären sind. Und die Verantwortlichen haben eine nicht ganz einfache Entscheidung zu treffen, nämlich welche IT die Oberhand gewinnt: in der Produktion läuft vieles über das Manufacturing Execution System, MES, in den Büros über Enterprise-Resource-Planning, ERP. "Angenommen, MES wird zur Datendrehscheibe des gesamten Systems, dann verliert ERP an Bedeutung und mit ihm die Informatiker, die sich darum kümmern." Nach Meinung von Dworschak hat das Produktionssystem leichte Vorteile im Rennen um die künftige Vormacht in der IT. Es gibt aber auch Fälle, in denen der "klassische" CIO die Produktions-IT mitübernommen hat, was sich sicher auch als Zeichen von Vertrauen und Kompetenz in die herkömmlichen IT zu deuten ist. Und in ein paar Jahren dürfte sich das Thema sowieso erübrigen, dann wird es diese Trennung nicht mehr geben.
Industrie 4.0 - Trendthema des Jahres
In der Trendumfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom ist Industrie 4.0 der Aufsteiger des Jahres 2015. Die digitale Fabrik liegt erstmals unter den Top-Fünf-Hightech-Themen. "Industrie 4.0 hat aktuell die größte Dynamik", kommentiert Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Bis zum Jahr 2020 sollen in Deutschland dafür rund 10,9 Milliarden Euro ausgegeben werden. In diesem Jahr fließen laut Bitkom-Prognose gut 650 Millionen Euro an Investitionen in IT-Technologien, prognostiziert der Verband. Davon entfallen gut die Hälfte in IT-Dienstleistungen, 125 Millionen in Network Services und weitere 105 Millionen in die IT-Infrastruktur. Weitere 80 Millionen Euro geben Unternehmen für Softwarelösungen im Bereich Industrie 4.0 aus.