"Unvorhergesehen" ist eines der Worte, das in den letzten Monaten überdurchschnittlich viele Schlagzeilen prägte. Ohne Vorwarnung waren und sind viele Unternehmen durch die COVID-19-Pandemie mit existenzbedrohenden Situationen konfrontiert. Das wechselhafte Wirtschaftsumfeld und die veränderte Arbeitsrealität wirken auf die IT-Landschaft wie ein Brennglas. Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, ganze Arbeitsprozesse ins Digitale zu verlagern und mit Erfindergeist auf stetig neue Veränderungen zu reagieren. Aufgeschobene, scheinbar optionale Digitalisierungsprojekte werden plötzlich zum Must have und Wettbewerbsvorteil. Der aktuelle DSAG-Investitionsreport bestätigt: Führungskräfte sind sich des Nachholbedarfs bewusst und so steigt bei 39 Prozent der Unternehmen in der DACH-Region 2021 das Budget für Investitionen in IT-Lösungen.
Doch die finanziellen Mittel allein sind nicht der Schlüssel, um sich für die Zukunft erfolgreich aufzustellen. Vielmehr gilt es zu hinterfragen: Mit welchen Maßnahmen kann auch bei begrenztem Budget die digitale Transformation beschleunigt werden? Angesichts des massiven Change-Prozesses, der mit der Digitalisierung einhergeht, ist es sinnvoll, sich dem Ziel schrittweise zu nähern.
Mit vergleichbar geringem Aufwand können einzelne Maßnahmen bereits erste Etappenerfolge bringen. Sie zahlen bereits auf den umfassenden Transformationsprozess ein, fungieren aber insbesondere als Innovationstreiber, die Sichtbarkeit und Unterstützung für den digitalen Wandel schaffen.
Erst im zweiten Schritt stehen Prozesse im Fokus, die das Unternehmen ganzheitlich transformieren und bereits digitalisierte Prozesse effizient miteinander verknüpfen.
Mit digitalen Tools erste Erfolge einfahren
Kleinere Veränderungen an der richtigen Stelle können in kürzester Zeit sichtbar machen, wie das digitalisierte Unternehmen arbeiten wird. Sie zeigen schnell die Auswirkungen auf Effizienz und Rentabilität und wirken sich bereits positiv auf wichtige Unternehmensziele aus.
Mitarbeiterzufriedenheit steigern: Die COVID-19-Pandemie ist in vielerlei Hinsicht Treiber der digitalen Transformation. Ein wichtiger Einflussfaktor war und ist die Verlagerung der Belegschaft ins Home-Office. Die schnelle Änderung der Arbeitssituation hat zwei Seiten: Zum einen begrüßen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die örtliche Flexibilität - die Arbeit aus Urlaubsdomizilen wird vielerorts geradezu zelebriert. Zum anderen zeigt eine europaweite Xing-Studie, dass die Arbeitsmoral und das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im neuen Arbeitsumfeld massiv gesunken sind. Um Mitarbeiterfrust und Produktivitätsverlust vorzubeugen, sollten Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen für Remote Work verbessern, indem sie die technische Ausstattung vieler Arbeitsplätze aufzurüsten, die oftmals nicht die neuen digitalen Standards widerspiegelt. Die vergleichsweise einfache Anschaffung von Laptops, Smartphones und Co. schafft die erste Voraussetzung für die Arbeit der Zukunft. Für die Arbeitgeberattraktivität ist das jetzt ein großer Zugewinn. So zeigt eine aktuelle EY-Studie, dass 54 Prozent der Arbeitnehmer sogar kündigen würden, wenn sie in der Post-COVID-Ära die Flexibilität ihrer Arbeit nicht aufrechterhalten können. Um innerhalb dieser Anforderungen effizientes Arbeiten zu ermöglichen, sind digitale Kollaborationstools unverzichtbar. Studienergebnisse des Fraunhofer IAO zeigen, dass 93 Prozent der Unternehmen pandemiebedingt mehr Web- oder Videokonferenzen nutzen. Allerdings reicht es nicht, Slack, Mural, MS Teams oder Zoom zur Verfügung zu stellen. Damit virtuelle Teamarbeit tatsächlich optimiert wird, müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend geschult und weitergebildet werden.
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Transparenz und Kontrolle behalten: Auch wenn viele Meetings in den digitalen Raum verlagert werden, erfordern weltweit angesiedelte Produktionsstandorte und internationale Geschäftsbeziehungen auch in Zukunft Präsenz vor Ort. Um trotz dezentraler Arbeit flexibel zu agieren, braucht es intuitive, schnelle und einfache Prozesse - und zwar für alle Beteiligten. Zum einen für die Reisenden, die flexibel buchen wollen und das am liebsten über bekannte Apps wie Uber oder Airbnb. Für sie spielen bei der Wahl der Transportmittel auch die jeweilige Zeit-, Kosten- und CO2-Bilanz eine wichtige Rolle. Und zum anderen für die Finance- und Controlling-Teams, die den Überblick über die Ausgaben behalten und die Compliance - zum Beispiel mit Reiserichtlinien - sicherstellen müssen. So sind bisher laut Studienergebnissen nur 54 Prozent der Unternehmen "etwas zuversichtlich", betrügerische Aktivitäten zu erkennen. Genau in diesem komplexen Dreieck von flexibler Arbeit, Kostenkontrolle und Compliance sind es digitale IT-Lösungen, die Buchungs-, Abrechnungs- und Genehmigungsprozesse auf einer digitalen Plattform integrieren und den gesamten Prozess transparent machen können.
Sicherheit erhöhen: Die plötzliche Rückkehr zur Geschäftsreise bringt einen weiteren Punkt auf die Agenda. Durch die dynamische Pandemielage wird es für Arbeitgeber immer schwerer, ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen. Wechselnde Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen, neue Reiseeinschränkungen und Stornierungsregelungen - die Herausforderungen sind groß und schwer zu fassen. Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Echtzeit informieren und unterstützen zu können, brauchen Vorgesetzte, HR- und Travel Manager viele Informationen. Sowohl über den Verbleib der Mitarbeiter als auch über die lokale Sicherheitslage. Neben Reisemanagementlösungen, die im gesamten Prozess unterstützen, können im ersten Schritt Reiseplaner-Apps wie TripIt Geschäftsreisende unterwegs informieren und unterstützen. Verantwortungsbewusstes Reisen im Inland unterstütz NINA, die Warn-App des Bundes. Das Auswärtige Amt bietet wichtige Hilfestellung im Ausland mit der App Sicher Reisen an. Eine weltweite Wakefield-Studie aus 2021 zeigt: 96 Prozent der Geschäftsreisenden sind bereit wieder zu reisen. Gleichzeitig sind 99 Prozent der Reiseverantwortlichen überzeugt, dass ihr Job in den nächsten zwölf Monaten pandemiebedingt noch schwieriger wird.
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Digitale Tools konsequent verknüpfen
Sind erste strategisch wichtige Digitalisierungsprojekte in der Umsetzung, gilt es ganzheitliche, integrierte Prozesse und Strukturen zu schaffen. Dabei war und bleibt die Devise: Agieren statt reagieren, frühzeitig in die Planung gehen, anstatt später zu überstürzten Investitionen gezwungen zu werden. Das hat auch die Pandemie vielen Unternehmen schmerzlich gezeigt.
Zukunft nachhaltig gestalten: Internationale Regulierungen wie die Verschärfung des Klimaschutzgesetzes machen zunehmend deutlich, dass Klimaneutralität für die gesamte Wirtschaft Priorität haben muss. Auch der pandemiebedingte Rückgang der CO2-Emissionen hat dem Sorgenthema zusätzliche Relevanz verschafft. Während an einzelnen Stellen im Geschäftsprozess vor allem in der Industrie hohe Emissionen entstehen, können sie an anderen Stellen eingespart werden. Voraussetzung ist, dass die Umweltauswirkungen überhaupt sichtbar werden. Wenn zum Beispiel die oben beschriebenen Buchungs- und Reiseprozesse digitalisiert sind, wird der CO2-Fußabdruck von Geschäftsreisetätigkeiten messbar und umweltbewusste Richtlinien und Prozesse können bei Bedarf an den richtigen Stellen in Geschäftsreiseprogramme aufgenommen werden. Können nach und nach entlang des gesamten Geschäftsprozesses digitale Tools eingesetzt werden, haben Unternehmen die Datengrundlage, um Optimierungspotenziale aufzudecken. Unternehmen kommen so neuen Regulierungen zuvor, schaffen Anreize für Investoren und reagieren auf Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden. Es ist absehbar: Mit dem Abflauen der COVID-19-Pandemie wird die Produktion im Allgemeinen und das Reiseaufkommen im Speziellen wieder ansteigen, die Ansprüche an ökologisch nachhaltige Verhaltensweisen bleiben jedoch bestehen.
Komplexität reduzieren: Die schnellen Veränderungen der globalen Arbeitswelt haben auch vor Gesetzen und Vorschriften nicht Halt gemacht: Fast alle Unternehmen sind mit einer steigenden Anzahl an Compliance-Vorschriften konfrontiert, seien es die oben genannten Sorgfaltspflichten, Richtlinien zum Umweltschutz, Datenschutz, Steuervorschriften, Wettbewerbsrecht, Reiserichtlinien oder Betrugsfälle. Unternehmen sind bei der wachsenden Komplexität dieser Vorschriften nicht immer in der Lage, die neuesten Anforderungen zu erfüllen - eine Gefahr, die angesichts regelmäßiger Audits und potenzieller Strafen nicht zu vernachlässigen ist, sich aber quer durchs Unternehmen zieht. Die Digitalisierung der entsprechenden Prozesse schafft Transparenz, Kostenkontrolle und Sicherheit bei der Regeleinhaltung. Dadurch werden beispielsweise in Reisebuchungs- und Genehmigungsprozessen automatisierte Kontrollen integriert. Rückblickend wird aber auch sichtbar, was wann passiert ist und aus welchem Grund. Damit sichern sich Finanzteams ab, während sie sich gleichzeitig mühevolle, fehleranfällige Prüfprozesse ersparen.
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Mit integrierter IT zur Expansion
Im Zuge der digitalen Transformation gilt es notwendige Etappenerfolge zu erzielen, Prozesse sukzessive mit dem ERP-System zu verknüpfen und so Schritt für Schritt einen nahtlosen End-to-End-Prozess zu schaffen. Im letzten Jahr haben bereits viele Unternehmen Mut bewiesen, neue Arbeitskonzepte entwickelt, verworfen und weiterentwickelt.
Diesen Innovationsgeist gilt es auch in Zukunft bei Investitionsentscheidungen an den Tag zu legen. Denn die zunehmende Vernetzung von zuvor getrennten IT-Infrastrukturen und Datensilos trägt dazu bei, Muster und Trends in den Daten zu erkennen, Optimierungspotenzial aufzudecken und fundierte Entscheidungen zu treffen. Investitionen an den richtigen Stellen bringen Unternehmen somit von Etappenziel zu Etappenziel bis zur tatsächlichen Zielgeraden: dem intelligenten Unternehmen, das flexibel und anpassungsfähig im Wettbewerb der Zukunft besteht. (bw)