872 Millionen Dollar für Mobile Iron

Ivanti übernimmt Mobile Iron und Pulse Secure

30.09.2020
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Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Mit dem Kauf der als Spezialisten für Enterprise Mobile Management und Zero-Trust-Sicherheit bekannt gewordenen Unternehmen untermauert Ivanti seinen Anspruch, einheitliches Endgeräte-Management, Zero-Trust-Security und Enterprise Service Management zu ermöglichen.
"In Zukunft wird das Arbeiten von überall und auf jedem Gerätetyp zur neuen Normalität", glaubt Ivanti-CEO Jim Schaper. Mit dem Kauf von UEM-Spezialist Mobile Iron und Zero-Trust-Anbieter Pulse Secure bereitet Ivanti sich darauf vor, in diesem Umfeld eine wichtige Rolle zu spielen.
"In Zukunft wird das Arbeiten von überall und auf jedem Gerätetyp zur neuen Normalität", glaubt Ivanti-CEO Jim Schaper. Mit dem Kauf von UEM-Spezialist Mobile Iron und Zero-Trust-Anbieter Pulse Secure bereitet Ivanti sich darauf vor, in diesem Umfeld eine wichtige Rolle zu spielen.
Foto: Infor

Ivanti bleibt seiner Linie treu, das Portfolio durch gezielte Einkäufe etablierter Marktbegleiter auszubauen - und dabei auch gern Überschneidungen im Portfolio hinzunehmen. Diesmal schlägt das Unternehmen gleich in zwei Bereichen zu: Mit dem Kauf von Mobile Iron für rund 872 Millionen Dollar baut es den seit Jahren etablierten Bereich Enterprise Mobile Management aus. Durch die Übernahme von Pulse Secure stärkt Ivanti sein Angebot in dem noch sehr ausbaufähigen Markt für Zero Trust Security. Möglich sind die Übernahmen durch das verstärkte Engagement der Ivanti-Investoren Clearlake und TA Associates. Nach Abschluss der Transaktionen wird das fusionierte Unternehmen weiterhin vom derzeitigen Ivanti-Vorsitzenden und CEO Jim Schaper geleitet. Er kam Anfang 2020 vom ERP-Anbieter Infor zu Ivanti.

Mobile Iron hatte als Anbieter reiner Lösungen für Mobile Device Management angefangen, sich aber bereits vor einiger Zeit als Anbieter von Unified-Endpoint-Management-Lösungen aufgestellt - also den Anspruch erhoben, sowohl die komplexer zu verwaltenden Mobilgeräte als auch die traditionellen, stationären Geräte in Unternehmen verwalten zu können. Der Schwerpunkt lag jedoch weiterhin auf Firmen, die zumindest viele Mobilgeräte betreuen müssen. Ivanti hat in dem Bereich bereits ein eigenes, auf den Angeboten des 2012 von Landesk übernommenen Unternehmens Wavelink basierendes Angebot im Portfolio.

Mit Mobile Iron kauft Ivanti einen direkten Mitbewerber

Der Verkauf von Mobile Iron kommt nicht völlig überraschend. Bereits im August hatte Bloomberg berichtet, dass sich das Unternehmen nach einem Käufer umsieht. Die Verkaufsgerüchte ließen damals den Aktienkurs ordentlich nach oben schnellen. Der hatte sich - wahrscheinlich angesichts des Bedarfs aufgrund der Corona-Krise - mit einer Zunahme von über 20 Prozent alleine in diesem Jahr auch davor schon sehr positiv entwickelt.

Insgesamt schien das Unternehmen, das im Zuge des Runs auf Mobilgeräte in Unternehmen schnell gewachsen war, sich im Bereich UEM deutlich schwerer zu tun. Möglicherweise war angesichts von direkten Mitbewerbern wie Citrix, Microsoft, VMware, IBM und Blackberry an einem Punkt angekommen, an dem es, um sich zu behaupten, entweder selber zukaufen oder sich kaufen lassen musste.

Ivanti, im Gartner Magic Quadrant für Unified Endpoint Management 2019 als Herausforderer eingestuft, nimmt die Herausforderung an und kauft für 872 Millionen Dollar das als "Leader" eingestufte Unternehmen Mobile Iron.
Ivanti, im Gartner Magic Quadrant für Unified Endpoint Management 2019 als Herausforderer eingestuft, nimmt die Herausforderung an und kauft für 872 Millionen Dollar das als "Leader" eingestufte Unternehmen Mobile Iron.
Foto: Gartner

Im Bereich Zero Trust war Ivanti zwar ansatzweise vertreten, aber deutlich schwächer als bei MDM. Allerdings deuteten hochrangige Firmenvertreter bereits Anfang des Jahres an, dass sich der Zero-Trust-Ansatz in den nächsten Jahren ihrer Ansicht nach durchsetzen wird. Da ist es nur folgerichtig, dass das Unternehmen seinen Bereich Endpont Security Solutions durch eine Übernahme in dieser Richtung hin verstärkt.

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"Mit dem Erwerb von Mobile Iron und Pulse Secure wird Ivanti seine Vision umsetzen, sich selbst-reparierende, autonome Edge-Umgebungen mit adaptiver Sicherheit und kontextbezogenen, personalisierten Nutzererfahrungen für Remote-Arbeitnehmer auszustatten", teilt das Unternehmen mit. Die Übernahmen festigten die Position von Ivanti in den Bereichen Unified Endpoint Management (UEM), Zero Trust Security sowie Enterprise Service Management (ESM). Allen drei Bereichen zusammen weist Ivanti zur Verwaltung der in den vergangenen Monaten verstärkt entstandenen oder deutlich größer gewordenen Remote-Arbeitsumgebungen eine entscheidende Bedeutung zu.

"In Zukunft wird das Arbeiten von überall und auf jedem Gerätetyp zur neuen Normalität", erläutert Ivanti-CEO Jim Schaper. "Unter Einbeziehung unseres Branchen-Know-hows und den ergänzenden Produktangeboten wird Ivanti gut positioniert sein, um unseren expandierenden Kundenstamm mit den entscheidenden Werkzeugen zu versorgen, die für die Bewältigung der IT-Herausforderungen in dieser neuen Normalität erforderlich sind." Zur Bewältigung dieser Aufgaben seien ihm alle Mitarbeiter, Kunden und das jeweilige Partnernetzwerk von Mobile Iron und Pulse Secure willkommen.

Mit Pulse Secure verstärkt Ivanti sich bei ZTNA

Pulse Secure hatte in Deutschland erst kürzlich Sysob als Distributor gewonnen und arbeitet außerdem mit Westcon zusammen. Das bisherige Portfolio von Pulse Secure umfasst Lösungen für Remote Access, SSL-VPN für mobile Endpoints, Optionen zur Anwendungssegmentierung und Skalierbarkeit (SDP, Software Defined Perimeter) sowie zur Trennung von privaten und geschäftlichen Daten. Durch Traffic Management (Application Delivery Controller) lässt sich zudem eine richtlinienbasierte Kontrolle des Datenverkehrs durchsetze und mit Pulse Policy Secure gehört auch eine Möglichkeit für Network Access Control (NAC) dazu.

Die Marktforscher von Gartner prognostizieren, dass 2022 auf rund 80 Prozent der neuen Business-Anwendungen, die im Rahmen von Ökosystemen Partnern bereitgestellt werden, der Zugriff über ein Zero Trust Network Access (ZTNA) erfolgt. Des Weiteren gehen sie davon aus, dass bis Ende 2023 rund 60 Prozent der Firmen ihr klassisches VPN zugunsten eines ZTNA aufgeben werden.