Tipps für flexible IT-Kosten

IT ohne Fixkosten-Fesseln

17.01.2013
Von  und Gregor Sauerzapf
Dr. Jakob Rehäuser ist Director Consulting bei der Beratungsgesellschaft Maturity und Experte für IT-Sourcing, IT-Governance und IT-Strategie.  Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE
Grundsätzlich lassen sich die IT-Kosten in beinahe allen Funktionsbereichen flexibilisieren. Doch gibt es einige Hebel, die besonders erfolgversprechend erscheinen. Hier sind neun davon.
Foto: M.Damkier/Fotolia

Viele Unternehmen klagen über zu starre Kostenstrukturen in der IT. In einer Studie der Ardour Consulting GmbH geben drei Viertel der befragten Unternehmen an, dass sie hohen bis sehr hohen Handlungsdruck in Sachen Kostenflexibilisierung fühlen. Allerdings fehlt den Betreiben meist am notwendigen methodischen Rüstzeug. Vielfach verfügen sie nicht einmal über etablierte Verfahrensweisen, um die Höhe der IT-Gesamtkosten zu kontrollieren. Noch seltener finden sich konkrete Ansätze zur Variabilisierung der IT-Kosten oder zur gezielten Steuerung der Kostentrends. Modifikationen der Kostenstruktur, beispielsweise durch Verringerung der Betriebskosten zugunsten von Veränderungsmaßnahmen, gehören heute noch zu den Ausnahmen.

Potenzial für eine Flexibilisierung wird vor allem im Servicebereich vermutet.
Potenzial für eine Flexibilisierung wird vor allem im Servicebereich vermutet.
Foto: Ardour Consulting Group

Auch die Möglichkeiten zur Flexibilisierung der IT-Aufwendungen werden bislang erst zurückhaltend eingesetzt. Die größten Potenziale sehen die Unternehmen derzeit im Bereich der IT-Services - bis hin zur Auslagerung von IT-Funktionen. Bezogen auf die IT-Funktionen selbst ist es vor allem die Wartung von Infrastruktur und Anwendungen, wo Flexibilitätsmöglichkeiten auf der Kostenebene vermutet werden. Weitgehende Einigkeit besteht hingegen darüber, dass sich Personalaufwendungen kaum flexibilisieren lassen. Auch bei den Hard- und Softwarekosten werden enge Grenzen gesetzt.

Grundsätzlich lassen sich die Kosten in praktisch allen IT-Funktionsbereichen mehr oder weniger flexibel gestalten. Vielfach ist aber offenbar nicht ausreichend bekannt, mit welchen Instrumenten sich bisherige Fixkosten künftig variabler gestalten lassen.

Viele Unternehmen spüren den Druck zur Flexibisierung der IT-Kosten.
Viele Unternehmen spüren den Druck zur Flexibisierung der IT-Kosten.
Foto: Ardour Consulting Group

Zur Flexibilisierung der IT-Kosten sollte das IT-Controlling eng mit den IT-Funktionsbereichen zusammenarbeiten. Die Aufgabe besteht darin, den zementierten Ist-Zustand nach Flexibilisierungsmöglichkeiten zu durchforsten und so die starren IT-Kostenstrukturen aufzubrechen. Doch wie lässt sich das in der Paxis bewerkstelligen, ohne gleich Personal abzubauen? Hierfür gilt es, sich an den grundsätzlichen Hebeln der IT-Kostenflexibilisierung zu orientieren. Die folgenden neun Punkte stellen einen Ausschnitt aus der Vielzahl der Möglichkeiten dar. Es sind praxiserprobte Beispiele aus der reichhaltigen "Werkzeugkiste".

1. Vertrags-Management

Eine Variabilisierung der Verträge mit Lieferanten erzeugt möglicherweise höhere Einkaufspreise. Die Anbieter werden darauf drängen, einen finanziellen Ausgleich für ide Unsicherheiten bei der Abnahme von Produkten und Leistungen zu erhalten. Doch das ist im Finanzbereich längst gängige Praxis und lässt sich auf den IT-Bereich übertragen. Dieses Modell kann in Krisenzeiten erhebliche Vorteile bringen, weil der Situation angepasste Lieferungen die Kosten signifikant senken.

Im Vertrags-Management sind einige "goldene Regeln" zu berücksichtigen. Für das Outsourcing bedeutet etwa die, flexible Vertragsbestandteile in neue Outsourcing- oder Leasing-Verträge hinein zu verhandeln. Konkret bedeutet das beispielsweise, unterschiedliche Modi des Betriebs zu definieren, für bestimmte Situationen ein geringeres Leistungsvolumen festzulegen und dann nur die unbedingt notwendigen Service-Levels erfüllen zu lassen. Dieser Ansatz ermöglicht es im Krisenfall, die korrespondierenden Vertragsbedingungen heranzuziehen, ohne mit den Lieferanten in neue Verhandlungen eintreten zu müssen.

Für bestehende Outsourcing-Verträge kann sich eine vorzeitige Neu- oder Nachverhandlung ebenfalls lohnen. Geschieht dies erst dann, wenn die Krise bereits akut ist, fehlt oft die Zeit. Dann stehen die IT-Organisationen mit dem Rücken zur Wand und haben eine denkbar schlechte Verhandlungsposition gegenüber den Dienstleistern.

Auf keinen Fall sollten Verpflichtungen auf Mindestabnahmemengen eingegangen werden. Stattdessen empfiehlt es sich, eine verbrauchsabhängige Bezahlung zu vereinbaren. Ebenso sollten kurzfristige Ressourcenanfragen beim Service-Provider sowie flexible Veränderungen von Service-Levels möglich sein, um nur einige Aspekte zu nennen. Eine Vertragsdatenbank mit automatisiertem Hinweis auf Kündigungszeitpunkte oder erreichte Verbrauchs-Limits erleichtert das Vertrags-Management.

2. Softwarekapitalisierung

Zu empfehlen ist eine aktive Nutzung der Wahlmöglichkeiten für die Aktivierungspflicht von Individualsoftware. Die vom Corporate Controlling definierten Aktivierungsregeln sollten im Lichte einer Kostenvariabilisierung mehr Spielraum bei den Wahlmöglichkeiten bieten und weniger Fixkosten durch Abschreibungen vorsehen.

3. Abschreibungsperioden

Eng verknüpft mit der Softwarekapitalisierung ist die Wahl der Abschreibungsperioden. Die von Unternehmen teilweise selbst gesetzten Buchführungsregeln sind zu überarbeiten, um die Kosten als Aufwand zu erfassen, anstatt sie zu aktivieren. Auch eine Unterscheidung der Projektkosten - beispielsweise für Lizenzen, Implementierung, Training und Systemintegration - ist hilfreich. Für eingekaufte Hardware ist ein Sale-and-Lease-back-Modell denkbar.

4. Kostenverrechnungsmodelle

Wenn IT-Kosten für die von internen Kunden in Anspruch genommenem IT-Services nicht auch an diese Abnehmen verrechnet werden, dann erscheinen diese IT-Services als unentgeltlich. Außerdem wird dadurch der Verbrauch weder transparent, noch ruft er Anreize zur Verbrauchssenkung hervor. Als Folge verharrt nicht nur das Volumen der beanspruchten IT-Services auf hohem Niveau, gleichzeitig entsteht auch noch der Anschein, die verursachten IT-Kosten hätten fixen Charakter. Abhilfe kann ein bepreister Servicekatalog mit verbrauchsorientierter Abrechnung, indem er auf das Verhalten der internen Kunden einwirkt.

Die IT-Services sollten also mglichst verbrauchsabhängig abgerechnet werden. Bei Outsourcing-Verträgen akzeptieren die Service-Provider dies jedoch kaum, weil im Fall eines Nullverbrauchs die Fixkosten vollständig ungedeckt blieben. Solange die nutzungsabhängige Abrechnung im Leistungsportfolio der Provider nicht verankert ist, muss mit Zwischenlösungen gearbeitet werden. Beispielsweise lässt sich ein Tier- Pricing-Modell anführen: Auf der ersten Ebene werden die Fixkosten abgedeckt und anschließend auf den weiteren Schichten nur die inkrementellen Kosten vergütet. Das unterbindet eine Proportionalisierung der Fixkosten, wie sie bei der einfachen Berechnung eines Stückpreises der Fall wäre. Bei höheren Volumina steuert es einem zu hohen Fixkostenanteil entgegen. Allerdings ist eine Ausbalancierung der Fixkosten und der Größe der Tiers notwendig.

5. Lizenzmodelle und -Management

Regelmäßig ist zu prüfen, ob möglicherweise eine Überlizenzierung vorliegt. Ungenutzte Lizenzen sind konsequent zu kündigen. Generell favorisiert werden sollten nutzungsabhängige Lizenzmodelle, bei denen die Berechnung der Lizenzgebühren beispielsweise von der Anzahl der Transaktionen oder der Nutzungszeit abhängt.

6. Anything-as-a-Service

Der Bezug von IT-Services als "aaS" sollte "on demand" und verbrauchsbasiert stattfinden. Das bedeutet (idealerweise) kein Investment auf Kundenseite und keine Fixkosten. Beispielsweise sind Infrastructure-as-a-Service (IaaS) sowie virtuelle Server, CPU oder Speicherplatz möglich. Bei Platform-as-a-Service (PaaS) können Entwicklungs- oder Runtime-Umgebungen genutzt werden. Im Bereich Software-as-a-Service lässt sich bereits auf Applikationen wie Office, Mail, CRM oder Collaboration-Tools zugreifen.

7. Outsourcing und Offshoring

Im Outsourcing-Fall wird zum einen eine Risikoteilung mit den Service-Providern erreicht. Gleichzeitig reduzieren sich die Fixkosten. (Im Umkehrschluss entsteht ein höherer variabler Kostenanteil.) Das geschieht, indem die Wertschöpfungstiefe abnimmt - und damit auch die fixen Personalkosten. Werden die IT-Services beim Service-Provider nicht in einer streng dedizierten, sondern in einer geteilten ("shared") Umgebung erbracht, so entstehen Economies of Scale, und Verbrauchsspitzen werden geglättet. Dank der gemeinsamen Nutzung mit anderen Unternehmen verringert sich auch der Anteil an den Fixkosten.

8. Leasing und Miete

In Abhängigkeit der verfolgten Ziele sind die wirtschaftlichen Bedingungen eines Kaufs mit denen der Miete und des Leasings zu vergleichen. Generell bietet Leasing mehr Potenziale für eine Variabilisierung der IT-Kosten.

9. Technologieoptionen

Um große Blöcke sprungfixer Kosten zu vermeiden, sind neue Technologien zu bevorzugen, die sich stufenlos oder in kleinen Schritten skalieren lassen. Dazu zählen beispielsweise Virtualisierungstechniken. Die Kosten sollten sich im Zeitverlauf ohnehin abflachen beziehungsweise sogar sinken. Durch Effizienzgewinne und technologischer Weiterentwicklung ist das sogar bei gesteigertem Verbrauch möglich. (qua)