Trifft der CIO auf dem Golfplatz den CFO. Fragt der CFO: "Wie hoch sind eigentlich unsere IT-Kosten gemessen am Umsatz? Ich habe gelesen, dass der Durchschnitt in unserer Branche bei 1,35 Prozent liegt. Rein überschlägig betrachtet liegen wir deutlich darüber!"
Womit wir beim Thema Kennzahlen wären. Der eine liebt sie, der andere betrachtet sie mit großer Skepsis. Das gilt auch für die Frage nach der Kennzahl, die sich aus dem Verhältnis der IT-Kosten bezogen auf den Umsatz des Unternehmens ergibt. Ist ein Wert über dem Schnitt der Branche etwa gleichzusetzen mit zu hohen IT-Kosten oder schlechtem Management? Was kann man dem CFO entgegenhalten, wenn er eben aufgrund dieser Kennzahl Einschnitte in der IT fordert?
Die Lexta Consultants Group hat in Zusammenarbeit mit der COMPUTERWOCHE einen Online-Self-Check zum Thema "Kennzahlen in der IT" betrieben. An der Umfrage haben sich 648 Betriebe beteiligt. Erhoben wurden Eckdaten des Unternehmens wie Branche, Umsatz, Mitarbeiterzahl und IT-bezogene Daten wie IT-Kosten und Anzahl der IT-Mitarbeiter. Aus diesen Daten wurden typische Kennzahlen wie die Relation der IT-Kosten zum Umsatz gebildet und nach Branchen differenziert ausgewertet.
Hohe Streuung in den Branchen
Als Resultat ergibt sich wie in vergleichbaren Erhebungen eine starke Branchenabhängigkeit der IT-Kosten vom Umsatz. Hier das in Mittelwerten errechnete Ergebnis mit der Finanzbranche an der Spitze:
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Finanzwesen 3,18 Prozent
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Medien 2,89 Prozent
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Gesundheit 2,73 Prozent
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Transport 2,62 Prozent
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Energie 1,46 Prozent
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Nahrungsmittel 1,11 Prozent
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Bauindustrie 1,09 Prozent
Interessant ist auch der Blick auf die Streuung der Kennzahl innerhalb der jeweiligen Branchen. Für die Finanzbranche reicht die Spanne von 4,82 Prozent für die Unternehmen mit den höchsten umsatzbezogenen IT-Kosten bis hin zu 0,96 Prozent am unteren Ende. Diese Firmen aus dem Finanzbereich erreichen also das Kostenniveau der Branchen am unteren Ende der Skala. Dies zeigt deutlich die Grenzen der Aussagekraft dieser Kennzahl auf.
- IT-Servicekosten für den PC-Betrieb
Die nach IT-Services aufgeschlüsselten Kosten des PC-Arbeitsplatzes zeigen, dass Anschaffung und Support nur ein Drittel des Gesamtaufwands ausmachen. Auf den folgenden Seiten finden Sie Erläuterungen zu den einzelnen Kostenblöcken. (Quelle. Lexta Consultants) - PC-Bereitstellung und -Support
Life-Cycle-Kosten für PC und Betriebssystem. Dazu zählen Aufwände für die Evaluierung und Beschaffung neuer Hardware, der Einkauf und auch die Entsorgung sowie Verwertung. Der Einkaufspreis inkl. Garantie und weiterer Services des Lieferanten wird auf die Nutzungsdauer umgelegt. Hinzu kommen Logistikleistungen für die Lieferung zum User und der Austausch bei Hardwaredefekt. Zu den Supportleistungen zählt die Evaluierung und Durchführung von Betriebssystem-Updates und -Patches sowie der Second-Level-Support. Die Kosten für Umzüge und Betriebssystem-Wechsel sollten separat verrechnet werden. - Service-Desk
Zu den Kosten für den First-Level-Support zählen die Aufwände für die Mitarbeiter des Service-Desk, aber auch die Kosten des Ticketsystems, in dem idealerweise auch der Incident-Management-Prozess abgebildet ist. Der First-Level-Support sollte Telefonate mit maximal 15 Minuten Dauer für die Aufnahme, Qualifizierung und - falls möglich - Lösung der Incidents umfassen. Ein guter Service-Desk ist durch eine marktübliche Erstlösungsquote von rund 90 Prozent der erstlösungsfähigen Tickets gekennzeichnet. - Internet-Dienste
Wichtigste Aufwandstreiber sind die Kosten des Internet-Gateway sowie die Kosten für die Bereitstellung und den Betrieb der Firewall. - Client-LAN
Dem Client-LAN werden Kosten für Bereitstellung und Betrieb der aktiven Netzwerkkomponenten, das Patchen der LAN-Dose und die Dokumentation von Änderungen bei den passiven Netzwerkkomponenten zugeordnet. Auch die Security-Leistungen sind beim LAN angesiedelt. - File- und Verzeichnisdienst
Zum File- und Verzeichnisdienst zählen Aufwände für das Berechtigungs-Management, die Bereitstellung und den Betrieb von File-Servern und Speicher sowie die Anmeldedienste. - E-Mail-Dienst
E-Mail-Dienste umfassen die Bereitstellung und der Betrieb der Mail-Server, Speicher inklusive Backup, E-Mail-Security wie Spam-Filtering und Virenschutz. Auch die Lizenzen für das E-Mail-System inklusive dazugehöriger Client-Komponenten werden hier kostenmäßig berücksichtigt. - Standardsoftware und Softwareverteilung
Zur Standardsoftware gehören die auf jedem PC installierte Basissoftware und die Zusatzsoftware mit Installationen auf ausgewählten PCs. Zur Ermittlung der Kosten werden Aufwände für die Evaluierung und das Aufspielen des Basis-Images, das Patchen, die Verskriptung, Lizenz- und Wartungskosten und die Softwareverteilung-Infrastruktur erhoben.
Outsourcing oder Eigenbetrieb
Aber woher rührt diese Streuung, und was begrenzt die Aussagekraft dieser eingängigen Kennzahlen? Erstens bedarf es einer wesentlich stärkeren Differenzierung der Unternehmen als nach Wirtschaftssektoren, denn innerhalb vieler Branchen variieren die Geschäftsmodelle der Betriebe so stark, dass der Wirtschaftszweig als Klassifizierungsmerkmal bei Weitem nicht ausreicht. Zudem aggregieren solche Kennzahlen bis auf die höchste Ebene, weshalb wichtige Differenzierungsmerkmale nicht zum Tragen kommen. Zweitens spielt auch die grundsätzliche Ausrichtung der IT, also Outsourcing oder Eigenproduktion, eine wesentliche Rolle. Drittens bringen Kennzahlen nicht alle wichtigen Zusammenhänge zum Ausdruck. Wenn zum Beispiel eine unterinvestierte IT mit veralteter Infrastruktur und Applikationen vermeintlich kostengünstig ist, aber mittelfristig allein zur Aufrechterhaltung des Betriebs erhebliche Investitionen benötigen wird, geht das aus Kennzahlen nicht unbedingt hervor.
Benchmark liefert mehr Transparenz
Eine fundierte Bewertung von IT-Kosten, das Benchmarking, berücksichtigt dagegen diese Faktoren: Benchmarks grenzen die zu vergleichende Leistung sauber ab und greifen auf standardisierte Referenzdienste zurück. Der Abgleich mit der individuellen Realität der zu bewertenden IT erfolgt über sogenannte Normalisierungen. Schließlich werden Vergleichsunternehmen, die Peer Group, ausgewählt. Auf diese Weise können nahezu alle Bereiche der IT nicht nur in Bezug auf ihre Kosten, sondern auch hinsichtlich der Leistungen transparent verglichen und überprüft werden.
- 7 Fehler im Kennzahlen-Management
Kennzahlensysteme sind ein probates Mittel zur Kosten-Nutzen-Analyse in der IT. Leider machen Unternehmen bei der Anwendung gravierende Fehler. - 1. Out of the Box ist trügerisch
Kennzahlen "Out of the Box" sind zweifellos verlockend, und sie kommen überraschend häufig vor. Das starre Korsett mit standardisierten Messpunkten kann jedoch zu einer unreflektierten Sichtweise und Einschätzung führen. Kosten und Leistungen müssen auf Grundlage der bestehenden Struktur gemessen werden. - 2. Irreführende Schätzungen
Der Top-down-Ansatz wird scheitern, wenn das Unternehmen die hierfür vorgesehenen Kennzahlen nicht vernünftig bilden kann. Sind die Basisdaten in der geforderten Form nicht vorhanden, müssen sie entweder geschätzt oder über eine mühsame Implementierung beschafft werden. Das Ergebnis ist entweder ungenau oder aufwendig zu bilden, so dass der Nutzen auf der Strecke bleibt. - 3. Unscharfe Kennzahlen
Häufig kalkulieren Unternehmen mit fragwürdigen Werten, weil sie die benötigten Werte nicht messen können. So lässt sich die Zahl der Hardwaretypen im Windows-Umfeld nur schwer bestimmen, wenn die Geräte in unterschiedlichen Abteilungen eingesetzt werden und kein umfassendes Asset-Management existiert. Der Einfachheit halber wird dann die Kennzahl der unterschiedlichen Windows-Versionen herangezogen, weil diese durch die Softwarelizenzierung bekannt ist. Jedoch ist diese Zahl ein schwächerer Komplexitätstreiber als die Hardwaretypen, weshalb das Abbild der Organisation unscharf wird. - 4. Top-Level-Informationen ohne Basis
Wenn das Projekt vom Vorstand angestoßen wurde, müssen die angeforderten Zahlen geliefert werden. Durch die Verwendung grober Schätzwerte sind Drilldowns zu den tatsächlichen operativen Kennzahlen kaum möglich: Die Ursache-Wirkungs-Kette ist nicht belastbar. Schaltet eine Top-Level-Kennzahl auf Rot, erwartet das Management, dass der Grund hierfür bekannt ist oder zumindest schnell gefunden wird. Deshalb sind die richtigen Basisinformationen viel wichtiger für die Steuerung der Organisation als die Top-Level-Informationen. Ohne die passende Grundlage hängen die Top-Level-Kennzahlen in der Luft. - 5. Verwirrende Komplexität
Kennzahlen berechnen sich nicht automatisch aus komplizierten Formeln. So ist beispielsweise die Zahl der Windows-Server eine reguläre Leistungskennzahl, die zudem für das Asset-Management benötigt wird. Auch bei umfassenden Kennzahlensystemen ist Komplexität kein Grundpfeiler des Erfolgs. Unternehmen müssen die richtige Balance finden zwischen einer realistisch machbaren Vorgehensweise und dem, was einen Leistungs-, Kosten-, Komplexitäts- oder Risikotreiber genau repräsentiert. - 6. Fehlerhafte Umsetzung
Vor der Entwicklung eines Kennzahlensystems steht die Definition, welche Aspekte der IT konkret gesteuert werden sollen. Jeder IT-Verantwortliche hat seine eigene Philosophie und setzt andere Prioritäten: Einer bevorzugt Prozesse und ITIL, ein anderer plädiert für Services und Servicekataloge, der Dritte schließlich bleibt bei klassischen Funktionen wie der Anwendungsentwicklung und der Infrastruktur. Entsprechend müssen die Kennzahlen angeordnet werden. - 7. Falsche Schlüsse
"Normale" Kennzahlen haben einen kleinen Haken: Sie zeigen zumeist nur an, ob die Arbeit richtig gemacht wird - und nicht, ob die richtige Arbeit gemacht wird. So weist etwa Organisation A ein sehr gutes Kostenniveau bei ihren Unix-Servern auf, während Organisation B nur eine unterdurchschnittliche Performance bei ihren Mainframes zeigt. Vergleicht man hingegen die Kosten für den einzelnen Bausparvertrag oder für das einzelne Depot bei beiden Organisationen, kann das Preis-Leistungs-Verhältnis schon ganz anders aussehen. Aus der Perspektive des Topmanagements stellt sich vielleicht die Leistung des relativ schlechten Mainframe-Bereichs besser dar als die Leistung der relativ guten Unix-Abteilung. An den geschäftlichen Stückkosten zeigt sich der Unterschied von Effektivität und Effizienz.
CIO muss aussagekräftige Kennzahlen bündeln
Die hier diskutierten "Golfplatzkennzahlen" taugen also bestenfalls als Trendindikator. Für eine fundierte Diskussion über die IT-Ausgaben bedarf es jedoch eines deutlich weitergehenden Ansatzes, des Benchmarkings. Doch das ist nur eine Seite. Die Königsdisziplin der IT ist es, den Blick ihrer Stakeholder und die Diskussion auf den Wertbeitrag zu richten. Es liegt in der Verantwortung des CIO, ein System von gleichermaßen aussagefähigen wie eingängigen Kennzahlen zu entwickeln und zu etablieren. Nur so können die Kosten und Leistungen angemessen widergespiegelt werden. Ein solches Kennzahlensystem sollte sowohl der Steuerung der IT dienen als auch eine geeignete und akzeptierte Grundlage für die Diskussionen mit Vorstand oder Geschäftsführung über Kosten, Leistungen und Wertbeiträge bilden.
Angenehmer Nebeneffekt: Auf dieser Basis kann der CIO gelassen der nächsten Begegnung mit dem CEO oder CFO entgegenblicken, sei es im Fahrstuhl oder auf dem Golfplatz. (pg)