Die Corona-Pandemie und der damit einhergehende Abschwung in der Wirtschaft kratzen an den finanziellen Möglichkeiten vieler Unternehmen. Dies trifft natürlich auch die IT. Die Fähigkeit effektiver Kostensteuerung und -Controlling wird umso wichtiger, als ein Gleichgewicht zwischen der Senkung von IT-Kosten und wertorientierten digitalen Investitionen erforderlich ist.
IT-Kostendisziplin ist zurück
In den letzten Jahren stetigen Wachstums hat die IT in vielen Unternehmen an Größe und Einfluss zugenommen. Einst als reine "Commodity" belächelt, hat sie sich als wesentlicher Baustein zur Digitalisierung des Geschäfts weiterentwickelt. Beträchtliche Investitionen in die Digitalisierung und damit in die IT waren hierfür unerlässlich. Doch immer dann, wenn die Auftragsbücher stark schrumpfen, steigt der Druck auf die IT-Budgets. So haben Umfragen zufolge fast alle Unternehmen bereits Sofortmaßnahmen ergriffen. Allein bis Mitte Mai 2020 wurden rund 20 bis 30 Prozent aller digitalen Projekte in Deutschland auf Eis gelegt.
Dennoch: Trotz des gestiegenen Kostendrucks unterstreicht die Corona-Krise, wie unverzichtbar digitale Werkzeuge und Arbeitsplätze heute sind - vielerorts sind eher mehr als weniger Investitionen in digitale Technologien notwendig. Manche Unternehmen haben die Corona-Zeit sogar proaktiv genutzt, um mit der Entwicklung von Portallösungen die Kundenschnittstelle zu digitalisieren oder endlich die Ausstattung mit mobilen Arbeitsplätzen zu erhöhen. Diese haben die Krise als Chance verstanden und genutzt.
Die "Entgrenzung der Arbeit" findet statt, aber nur im kleinen Rahmen. Die meisten Menschen arbeiten so wie immer.
Viele skeptische Führungskräfte haben ihre Meinung im Laufe der Krise revidiert. Allerdings müssen sie noch an ihrem Führungsverhalten arbeiten.
Die Betreuungssituation daheim hat einige Mitarbeiter stark beansprucht.
Lehren aus Corona: Das Misstrauen gegenüber dem Homeoffice ist gesunken. Außerdem wollen Unternehmen ihre Dienstreisen reduzieren.
Laptops, VPN-Zugänge, Videokommunikation – die in der Corona-Krise unentbehrlich gewordene technische Ausstattung war meistens schon vorhanden.
IT-Kosten intelligent "im Griff" behalten
IT-Kostensenkungen in Unternehmen dürfen IT-Abteilungen nicht daran hindern, weiterhin zur Wertschöpfung ihrer Organisation beizutragen. So gilt:
Kostensenkungen müssen gegen den Wert, den die IT beisteuert, abgewogen werden;
Personalabbau in der IT-Abteilung darf die Qualität kritischer IT-Dienstleistungen nicht beeinträchtigen;
Notwendige Investitionen müssen von unnötigen Ausgaben unterschieden werden. Es darf keine Investitionswelle aufgebaut werden;
Standardisierung und Einschränkungen des Leistungsniveaus auf der IT-Seite dürfen das operative Geschäft nicht gefährden;
IT-Kostensenkungen dürfen nicht zu höheren Prozesskosten auf der Anwenderseite führen. Zurück zur "Schreibmaschine" ist nicht wirklich eine Option.
In der Diskussion rund um die IT-Kosten muss immer berücksichtigt werden, dass die Geschäftsbereiche als Bedarfsträger und Treiber mindestens einen genauso wichtigen Beitrag zu den IT-Kosten leisten wie die IT. Genauso sollte klar sein, dass der Gestaltungsspielraum der IT-Kosten in der absoluten Höhe zum Beispiel durch die Aktivierung von Großprojekten in der Vergangenheit beschränkt ist. IT-Abschreibungen als "Schulden" der Vergangenheit lassen sich nun mal nur mit größeren Anstrengungen aus den Büchern und damit aus der Gewinn- und Verlustrechnung tilgen.
IT-Kostenstellhebel bei Transformation & Veränderung
In Zeiten der digitalen Transformation sind IT-Projekte wie Pilze aus dem Boden geschossen. Budget und Kosten spielten im Vergleich zu Geschwindigkeit eine untergeordnete Rolle. Bei knapperen Budgets muss die IT jetzt selbst einen Beitrag zu den Kosteneinsparungen leisten und ihren eigenen Ressourceneinsatz unter die Lupe nehmen. Gleichzeitig muss sie dem Unternehmen helfen, in die richtigen IT-Initiativen zu investieren. Diese sollen dabei helfen, die Kosten im Kerngeschäft dauerhaft niedrig zu halten und die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu steigern. Deshalb sind dies die wesentlichen IT-Kostenstellhebel auf der Transformations- und Change-Seite:
Gesunde Priorisierung im Investitions- und Projektportfoliomanagement, ohne digitale Schulden der Zukunft aufzubauen. Hier gilt es insbesondere, das Ressourcenmanagement auszubauen, um hier Reibungsverluste zu vermeiden und Rüstkosten zu reduzieren.
Dienstleisterkonsolidierung: in vielen Unternehmen gibt es mittlerweile einen hohen Wildwuchs an IT-Dienstleistern und Freelancern. Hier gilt es systematisch "Housekeeping" auch unter Einsatz des IT-Einkaufs zu betreiben.
In-Sourcing: Der IT-Markt war lange Zeit durch einen Kapazitäts- und Skill-Mangel gekennzeichnet. In der aktuellen Situation bestehen wieder mehr Möglichkeiten, gute IT-Mitarbeiter für das eigene Unternehmen zu gewinnen und damit "teurere" Externe zu sparen.
Near-Sourcing: Near-Shore-Möglichkeiten zur Softwareentwicklung aufbauen. Viele Unternehmen nutzen bereits die Möglichkeiten, innerhalb von Europa auf entsprechende IT-Ressourcen zurückzugreifen. Der Vorteil ist, dass diese Lokationen im Vergleich zu Asien oder Indien in wenigen Stunden erreichbar sind und mittlerweile eine hohe technische Kompetenz haben.
Prozesse: im Rahmen der agilen IT-Transformation fehlen in vielen Unternehmen Standards. Angefangen vom Projekt- über Anforderungs- bis hin zum Testmanagement wird oft das Rad immer wieder von neuem erfunden. Hier trägt Wiederverwendung in Form von Vorgehensmodellen zur Effizienzsteigerung bei.
Mit Hilfe der obigen Stellhebel gelingt die Gratwanderung zwischen Kosteneinsparung einerseits und Umsetzung der notwendigen Effizienzmaßnahmen für das Geschäft.
- Klar definieren, wer jetzt was zu tun hat
Mit dem Change geraten Zuständigkeiten und Rollen ins Fließen. Von Tag Eins an muss jeder Mitarbeiter wissen, was er jetzt im Moment zu tun hat. Bis sich das ändert und eine neue Ansage kommt. - Die Aufgaben nur skizzieren
Wer seine Mitarbeiter mitgestalten lässt, erreicht mehr. Deshalb ist es ratsam, eine grobe Skizze des Veränderungsprojektes zu zeichnen und das Team Vorschläge zur Ausarbeitung machen zu lassen, als einen schon komplett ausgereiften Plan zu präsentieren. - Die Team-Perspektive einnehmen
Wie betrifft der Change die Team-Mitglieder, was bedeutet die Initiative aus ihrer Sicht – wer diese Perspektive einnimmt, hat die Mitarbeiter auf seiner Seite. - Erfahrungen teilen
Erfahrungen teilen: Soweit möglich, sollten Mitarbeiter an konkreten Aktivitäten wie etwa Besuchen beim Kunden teilnehmen. Je näher sie den Change miterleben, umso besser. - Fragen zulassen
Fragen, die aus dem Team kommen, dürfen nie als Widerstand gelten. Ganz im Gegenteil. Ein Chef, der Fragen zulässt und sie beantwortet, kann schneller Teilverantwortungen an die Mitarbeiter übertragen. - Die Wirtschaftlichkeit darstellen
Neben viel Kommunikation mit dem Team geht es auch darum, Metriken und Kennzahlen für das Veränderungsprojekt zu entwickeln und diese deutlich zu machen. - Wissen, wo der Fokus ist
Innerhalb eines Changes ist viel Kleinteiliges zu klären und zu organisieren. Der Fokus darf darüber nicht vergessen werden. Regelmäßige Treffen müssen sich immer wieder auf diesen Fokus beziehen, eindeutige Metriken müssen deutlich machen, wo das Team gerade steht. - Teilziele updaten
Nicht jeder Meilenstein wird so zu erreichen sein wie ursprünglich geplant. Es ist daher wichtig, gemeinsam mit dem Team Teilziele regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen. - Sich abstimmen
Gemeinsame Kalender für das Veränderungsprojekt und gemeinsam entwickelte Guidelines, die die Prioritäten festlegen: Das sind gute Wege, um die Arbeit der einzelnen Team-Mitglieder immer wieder aufeinander abzustimmen. - Commitment organisieren
Wer übernimmt die Verantwortung wofür und wie regelt das Team, dass diese Verantwortlichkeiten auch konkret ausgeführt werden? Solche Fragen sind gemeinsam zu klären. Die einzelnen Mitarbeiter müssen wissen, welchen Teil sie übernehmen, und sie müssen konkret formulieren können, was sie dafür von ihrem Chef brauchen. - Den Change in seine Geschichte einbinden
Das Team muss wissen, an welche früheren Punkte im Unternehmen der jetzige Change anknüpft und welche zukünftige Richtung sich damit abzeichnet.
IT-Kostenstellhebel auf der Betriebsseite
Der IT-Betrieb ist sozusagen der klassische Bereich, um dort den Rotstift für IT-Kosteneinsparungen anzusetzen. Auch hier muss mit Vorsicht agiert werden. Zum einem sichert gerade der IT-Betrieb die Verfügbarkeit von Arbeitsplatzausstattung und Systemen. Harte Schnitte erfordern oft eine Reduktion des Leistungsniveaus zu Lasten des Geschäfts.
Zum anderen führen aber gerade technologische Neuerungen im Infrastrukturbereich in Richtung hyperkonvergente Technologien zur Realisierung von Skaleneffekten und damit zu Gestaltungsmöglichkeiten in den IT-Kosten. Auch das Thema Sourcing und Cloud muss an dieser Stelle geführt werden. Nicht immer ist der Cloud-Betrieb der kostengünstigere - es gibt sicher einen Grund dafür, dass sowohl Amazon als auch Microsoft durch ihr Cloud-Angebot erhebliche Umsätze und Gewinne erwirtschaften.
Dies sind die wesentlichen IT-Kostenstellhebel auf der Betriebsseite:
Arbeitsplatz: Die Arbeitsplatzausstattung wurde bei vielen im Rahmen der Corona-Pandemie mobil aufgerüstet und ausgebaut. Dafür stehen viele Arbeitsplätze im Unternehmen oft nutzlos herum. Diese Situation gilt es mengenseitig zu hinterfragen und dort die Kosten entsprechend zu reduzieren.
Lizenzen/Verträge: Jedes Jahr verschlingen Lizenzkosten für Software größere Teile des IT-Budgets. Doch ist die Verringerung der Anzahl an Lizenzen eine bewährte Methode, um das IT-Budget zu maximieren? Ja und nein, denn dieser Kostenstellhebel wird eins ums andere Jahr bemüht und unterliegt einer permanenten Optimierung. Viel besser ist die Prüfung, ob nicht durch individualisierte Auftragsentwicklung die eine oder andere Software abgelöst werden kann, um dadurch die dauerhaften Lizenzkosten einzusparen.
RZ-Infrastruktur: Egal, wie man es dreht oder wendet: Am Ende werden Rechen-Power und Speicher benötigt. Sofern noch ein eigener RZ-Betrieb geplant ist, lässt sich über sogenannte Software-defined Data Center in der Administration Einiges an Manpower einsparen. Weitere Einsparungen hängen immer etwas vom Investitionszyklus ab, ist doch die Hardware alle drei bis vier Jahre zu erneuern.
Cloud-Infrastruktur: Mittlerweile ist in vielen Unternehmen der Bezug von Rechen- und Speicherleistung aus der Cloud gang und gäbe. Aber auch hier lässt sich sparen. Man benötigt zum Beispiel Entwicklungs- und Akzeptanztestumgebungen nicht in den Nachtstunden und selten am Wochenende. Durch geschickte Planung lässt sich auch im Cloud-Betrieb noch der eine oder andere Euro sparen.
IT-Automatisierung: Der Einsatz übergreifender Tools im Infrastruktur- und Anwendungsbetrieb ermöglicht oft einen größeren Grad an Automation und Transparenz. Hier halten auch RPA-Lösungen Einzug in den IT-Betrieb. Mit Hilfe von Bots lassen sich die bisherigen schwerfälligen ITIL-Prozesse jenseits des Einsatzes von Service-Management-Werkzeug automatisieren.
Agiles IT-Kostenmanagement in fünf Schritten
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, die IT-Kosten optimal auszubalancieren, schnelle und nachhaltige Ergebnisse zu erzielen und gleichzeitig keine "Schulden" für die Zukunft auszubauen. Dies erfordert eine systematische Vorgehensweise, die aber schnell Ergebnisse ("Sprintlogik") hervorbringt. Diese besteht aus fünf Schritten:
Betrachtung des abstrakten Begriffs "IT-Kosten": Aus der klassischen Aufgliederung in IT-Personalkosten, IT-Sachkosten und Abschreibungen leiten sich die Strukturen für die Vertiefung ab. Eine Detaillierung beinhaltet weiterhin zum Teil eher mechanistische Themen, wie die Auswertung von Vertragssituationen. Es umfasst aber auch Datenerhebungen, zum Beispiel um den Personaleinsatz im IT-Bereich entlang von Prozessen transparent und damit "Benchmark-fähig" zu machen.
Einschätzung der Möglichkeiten: Die Abarbeitung der langen Liste an klassischen IT-Kostensenkungsmaßnahmen schließt auch eine Betrachtung des Veränderungsportfolios auf Basis von objektiven Informationen ein. In diesem Schritt werden durchaus auch Geschäftseinheiten beteiligt.
Bewertung der Maßnahmen: Sobald die Liste der IT-Kostensenkungsmaßnahmen und digitalen Investitionen erstellt ist, werden die Maßnahmen bewertet. Dies erfolgt in einem Workshop-Setting mit der IT und den Geschäftsabteilungen. Dies führt dann auch zu neuen Ideen zur Kostensenkung.
Ermittlung von Kosten und Umsetzungsdauer: Die Maßnahmen sind oft mit IT-Investitionen verbunden. Deshalb sind diese im Hinblick auf ihre Kosten und ihre Umsetzungsdauer zu ermitteln und grob abzuschätzen. Diese ermöglicht dann auch eine Priorisierung von Maßnahmen und die Erstellung einer Auswahlliste mit sofortigen IT-Kostensenkungsmaßnahmen ("Quick-Wins") und längerfristiger Wirksamkeit.
Entscheidung zur Umsetzung und Einphasen der Maßnahmen in ein Nutzen-Controlling.
Diese fünf Schritte werden für die obigen Themen parallel für die IT-Kosteninhalte "Transformation" und "Betrieb" iterativ und repetitiv in "Sprints" durchlaufen. Damit ist eine schnelle Ergebniserarbeitung sichergestellt. Das Ergebnis ist auch ein sich abgestimmtes Portfolio von Kostensenkungsmaßnahmen,
das zum einen sicherstellt, dass die Kosten im avisierten Umfang zu reduzieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft zu erhalten. (mb)