ITK-Anwendungen in der Antarktis und im Dschungel

IT dringt in die entlegensten Regionen vor

10.08.2014
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.
Eine schwimmende Bankfiliale auf dem Amazonas, ein Videokonferenzzentrum für Jugendliche in Afrika oder eine Satelliten-Station in der Antarktis: Bei der Vernetzung unter extremen klimatischen Bedingungen und in schwer zugänglichen Regionen ist Kreativität gefragt.

Auch wenn die Nutzerzahlen steigen - vom "Internet für alle" kann keine Rede sein. Gut 2,7 Milliarden Menschen haben heute Zugang zum World Wide Web - das entspricht 39 Prozent der Weltbevölkerung. Kommunikationsanbieter arbeiten daran, vor allem die Zahl der Breitband-Anschlüsse in entlegenen Regionen weiter auszubauen. Ob in der afrikanischen Steppe oder im brasilianischen Dschungel - viele Landstriche sind schwer zugänglich, die Straßen kaum ausgebaut, und der nächste Flughafen liegt oft hunderte Kilometer entfernt. Mit herkömmlichen Lösungen wie dem Verlegen von Kabeln kommt man hier nicht weiter. Wenn dann noch besondere Anforderungen an die Datensicherheit und Zuverlässigkeit der Verbindung gestellt werden, weil etwa eine Bank im tiefsten Urwald angeschlossen werden soll, sind ungewöhnliche Ideen gefragt. Die große Kunst besteht darin, die Bewohner auf unkonventionellen Wegen an die Online-Welt anzubinden.

Das Equipement für die Internetverbindung muss manchmal mit dem Muli tranportiert werden.
Das Equipement für die Internetverbindung muss manchmal mit dem Muli tranportiert werden.
Foto: BT Germany

Mit dem Glückstruck in die Berge Brasiliens

Caminhõesda Sorte, "Glückstrucks" , heißen die gewaltigen blauen LKWs, die entlegene Ortschaften im Dschungel und in den Bergen Brasiliens anfahren. Sie ermöglichen den Bewohnern die Online-Teilnahme an der staatlichen Lotterie, ein für die Brasilianer wichtiges soziales Ereignis mit langer Tradition. An den rollenden Lottostationen können die Dorfbewohner auch Geld abheben und andere Bankgeschäfte erledigen. Die Trucks verfügen zudem über eine komplette Ausrüstung zur Live-Übertragung der Ziehung - als Highlight werden die Lottozahlen oft direkt auf einer der mobilen Bühnen gezogen. Hält ein Wagen auf dem Dorfplatz, sammeln sich Menschen davor, um die Ergebnisse und die Reaktionen der Teilnehmer live zu verfolgen. Das Spektakel kommt auch dem Image des Betreibers, der staatlichen Bank CAIXA, zugute: "Mit den Live-Übertragungen wird die Ziehung transparenter", so Antonio Carlos Barasuol, National Manager of Physical Channels bei CAIXA. Vorraussetzung für den Einsatz der glückbringenden LKWs ist eine sichere Netzwerkanbindung, die neben den mobilen Stationen auch 9000 Lottofilialen verbindet.

CAIXA arbeitet bereits seit mehreren Jahren mit BT zusammen und hatte das Unternehmen mit dem Aufbau dieser Kommunikationsinfrastruktur beauftragt. Die BT-Tochter Comsat errichtete ein hybrides, redundantes Netzwerk aus Satelliten-, Breitbandkabel- und Richtfunkverbindungen, das über zwei zentrale Knotenpunkte inHortolândia (São Paulo State) und Rio de Janeiro mit den CAIXA-Rechenzentren verbundenen ist. Alle Daten werden verschlüsselt übertragen; Firewalls und Intrusion-Detection-Systeme bieten ein hohes Maß an Sicherheit. Die TV-Übertragungstechnik - inklusive Kameras, Video-Streaming-Encoder, Speichersystemen und Satelliten-Equipment - wird ebenfalls von BT gestellt.

Aber nicht nur Straßen, auch den Weg übers Wasser nutzt CAIXA, um zu den Kunden in den entlegenen Regionen des riesigen Landes zu kommen: In regelmäßigen Abständen fährt das mit Satellitentechnik und Bankschaltern ausgestattete Boot "Chico Mendes" den Amazonas entlang und legt in Ortschaften am Ufer an. Das Einzugsgebiet entspricht dabei mit 124.000 Quadratkilometern etwa der Fläche Großbritanniens. An Bord können die Dorfbewohner ein Konto eröffnen, Überweisungen tätigen, ihre monatlichen Sozialleistungen abholen oder Mikro-Kredite aufnehmen. Insgesamt 65 Mitarbeiter hat die schwimmende Filiale - neben den Bankangestellten zählen dazu IT-Fachleute und Sicherheitspersonal sowie die Schiffsbesatzung.

Videokonferenz im Township

Dass sich Videokonferenzsysteme nicht nur auf den geschäftlichen Einsatz beschränken, zeigt die karitative Initiative "Infinite Family", die sich an jugendliche Waisen und Halbwaisen in einem Township nördlich von Johannesburg richtet. Damit sich die Teenager mit ihren weltweit verteilten Mentoren austauschen können, installierte BT in einem hitzeabweisenden Container ein Videokonferenz-System. Die gute Qualität der Bild- und Sprachübertragung ermöglicht den Jugendlichen eine ungestörte Kommunikation - egal ob sie Rat suchen, Hilfe bei den Hausaufgaben benötigen oder einfach nur reden wollen. "Funktionierende Technik und ein angenehmes Ambiente - das neue Videokonferenz-Zentrum ist der perfekte Treffpunkt für unsere Schützlinge", so Amy Stokes, Gründerin und Executive Director von Infinite Africa.

Als Mentoren stehen freiwillige BT-Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern zur Verfügung. "Infinite Family verleiht den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft Selbstvertrauen und macht ihnen wieder Hoffnung", sagte Keith Mathews, General Manager von BT Sub-Saharan Africa bei der Eröffnung des Zentrums. In den nächsten Jahren sollen im Rahmen von Infinite Family rund 100 weitere Mentoring-Labs für mehr als 11.000 Jugendliche in Afrika entstehen.

Technik für die Antarktis

Kommunikationstechnik wird an vielen Orten benötigt, auch an einem der kältesten, trockensten und windigsten Orte der Erde, der "Ice Station Troll" in der Antarktis. Für das zivile europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo wurde von diesem recht abgelegenen Ort eine sichere Datenverbindung zum Kontrollzentrum in Europa benötigt. Die Satelliten-Funkstation, die schon von weitem an ihrer riesigen Schutzkuppel zu erkennen ist, überträgt Signale der Galileo-Satelliten nach Europa. Dort werden sie überprüft und weiterverarbeitet, so dass Galileo die Genauigkeit und Zuverlässigkeit erreichen kann, die für Anwendungen wie Luftfahrtnavigation oder Rettungsdienste erforderlich ist. In der Pilot-Phase errichtete BT ein Netzwerk mit 15 Standorten, neben der Station in der Antarktis gehören dazu auch Orte auf der Osterinsel, auf Hawaii sowie auf La Réunion im Indischen Ozean. Insgesamt sollen weltweit 40 Standorte an Galileo angebunden werden.

Cornwall: Sprechstunde via Internet

Die Notwendigkeit, Menschen, Unternehmen oder wissenschaftliche Einrichtungen zu vernetzen, ist auch in Europa vorhanden. So können 12.000 Telehealth- und Telecare-Patienten im südenglischen Cornwall sich regelmäßig von zuhause untersuchen lassen. Die Messwerte werden per Internet an den Arzt übertragen. Die Partnerschaft zwischen BT, den lokalen Gesundheitsbehörden und dem Cornwall Council hilft mit, Gesundheitskosten zu senken.

"Das digitale Netz ist die Infrastruktur des 21. Jahrhunderts. Wie die Beispiele zeigen, ist es oft eine wahre Kunst, die notwendigen Verbindungen zu schaffen. Intelligent eingesetzt, erreichen Unternehmen, Behörden und Organisationen Menschen, die sonst kaum Zugang zu vielen wichtigen Dienstleistungen hätten. Die Vernetzung ermöglicht neue Geschäfte, Zugang zu Bildung, Beratung und gesellschaftlicher Teilhabe - unabhängig davon, wo man sich befindet", so Nina Wegner, CEO von BT Germany. (kf)