Apple hat sich nicht gescheut, seine Mixed-Reality-Brille Vision Pro als Business Device zu positionieren. Zumindest legte der Konzern bei der Präsentation des Geräts auf der diesjährigen Entwicklerkonferenz WWDC auch einen Fokus auf Geschäftsanwendungen. Darüber, wie gut - oder schlecht - sich Apples Vision Pro künftig in den Arbeitsalltag einfügen kann, darüber lässt sich trefflich diskutieren. Dabei sollte allerdings nicht unter den Tisch fallen, dass sich auch die IT-Abteilung darauf vorbereiten muss, die Spatial-Technologie supporten zu können - und zwar bevor sie 2024 auf den Markt kommt.
Noch ist zugegebenermaßen Zeit: Apple war äußerst zurückhaltend, wenn es darum ging, Entwicklern Zugang zu seiner Mixed-Reality (MR)-Brille zu gewähren. Gleiches gilt für Workshops zur App-Entwicklung. Dennoch sollten sich IT-Spezialisten - insbesondere in größeren Unternehmen - darauf vorbereiten, Support für die Vision Pro zu leisten. Unter Umständen nicht nur mit Blick auf Forschung & Entwicklung, denn auch Tech-affine Führungskräfte, Manager und andere hochrangige Mitarbeiter, die in die Zielgruppe der vermutlich 3.500 Dollar teuren MR-Brille fallen, könnten das möglicherweise direkt nach Release einfordern.
IT sucht Early Adopter
Um eine Diskussion über ein Produkt in Gang zu bringen, das noch nicht erschienen ist und das bislang nur ausgewählte Personen testen konnten, sollten IT-Spezialisten in Unternehmen kommunikativ tätig werden. Insbesondere die "Techies" im Unternehmen sind hier die erste Adresse. Diese müssen oft auch gar nicht erst angesprochen werden, sondern suchen, rein aus Interesse und Begeisterung für neue Technologien, selbständig das Gespräch mit den Experten.
Bei derzeit noch vielen unbekannten Variablen, ist es für die IT-Abteilung dabei im Moment so gut wie unmöglich, Antworten auf alle Fragen zu haben. Es dürfte sich aber lohnen, zumindest schon einmal die theoretischen Möglichkeiten der Vision Pro zu durchdringen. Indem die IT-Abteilung sich offen, kommunikativ und diskussionsfreudig zeigt, positioniert sie sich als Partner für kommende Experimente und Projekte mit der MR-Brille. Die Einführung von Vision Pro bietet also auch die Chance, Sozialkapital aufzubauen.
MDM für Vision Pro?
Ein Grund, warum sich nahezu alle Apple-Geräte hervorragend für Unternehmen und Bildungseinrichtungen eignen, ist das robuste Device-Management-Ökosystem des iPhone-Konzerns. Im Rahmen seiner Mobile-Device-Management (MDM)-Architektur kann die IT-Abteilung iOS, iPadOS, macOS und tvOS absichern, konfigurieren und bereitstellen. Dafür, dass auch die Vision Pro - trotz ihrer Positionierung - vom ersten Tag an MDM-Support bietet, gibt es keine Garantie. Im Gegenteil: Der Blick auf das bisherige Vorgehen von Apple lässt das eher unwahrscheinlich erscheinen. So wurde das MDM-Portfolio erst vor kurzem um watchOS ergänzt - wobei die Anwendungsfälle und Management-Optionen nur für eine kleine Untergruppe von Geschäftsanwendern relevant sind.
Der Funktionsumfang von Vision Pro ist wesentlich größer als der der Apple Watch. Daraus ließe sich schlussfolgern, dass Apple MDM bei der Vision Pro möglicherweise höhere Priorität einräumt als seiner Watch. Dennoch sollten IT-Experten eher nicht davon ausgehen, Vision-Pro-Geräte direkt nach Release umfassend managen zu können. Realistisch betrachtet, dürften zur Markteinführung im besten Fall einige, limitierte Management-Funktionen verfügbar sein.
visionOS managen
Es wird jedoch aller Voraussicht nach Möglichkeiten geben, das Betriebssystem visionOS zu managen, ohne ein Vision-Pro-Gerät direkt zu verwalten:
Die erste könnte in Managed Apple IDs liegen. Sie funktionieren ähnlich wie persönliche Apple IDs, bieten aber die Möglichkeit, Konten und Services zu managen. Da Apple IDs - unabhängig davon, ob privat oder geschäftlich genutzt - ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch die Vision Pro sie verwendet. Sollte es so kommen, würde das eine Art De-Facto-Verwaltung von Benutzerkonten ermöglichen - auch ohne direkte MDM-Option.
Eine andere Taktik könnte darin bestehen, das Unternehmensnetzwerk zu nutzen, um den visionOS-Zugriff zu beschränken, respektive zu managen. Das dürfte ähnlich ablaufen, wie bei allen anderen Netzwerk-Traffic-Management-Prozessen: Je nach Gerät, Benutzerkonto oder Art des Traffics könnte die IT Filter oder Einschränkungen anwenden.
Apples Vision Pro soll sich in macOS integrieren lassen, um im Wesentlichen das Display der Benutzer zu ersetzen. Das dürfte vermutlich die beste Management-Option für die meisten IT-Profis darstellen und sollte sich nicht wesentlich davon unterscheiden, eine Apple Watch über das iPhone zu managen, mit dem sie gekoppelt ist.
Die wichtigere Frage ist jedoch: Was genau sollte in Zusammenhang mit der Apple Vision Pro eigentlich gemanagt werden? Da die Technologie eine völlig neue Art der Interaktion mit der digitalen Welt ermöglichen soll, bleibt die Antwort auf diese Frage zunächst unklar. Ohne Erfahrungen aus erster Hand lässt sich nur schwer einschätzen, an welchen Stellen Risiken auftauchen könnten und was für eine erfolgreiche Integration in die Unternehmensumgebung erforderlich ist.
Sobald sich das ändert, werden die IT-Abteilungen, die sich entsprechend auf den Release vorbereitet haben, allerdings deutlich weniger Druck zu spüren bekommen. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.