Auch wenn Samsung jedes Jahr ein paar Galaxy Tabs vorstellt und Amazon den Niedrigpreis-Sektor mit budgetfreundlichen Fire Tabs bedient: Android-Tablets überzeugen viele Nutzer nicht wirklich. Gängige Meinung: Apples iPads sind die einzigen Tablets, die man kaufen kann.
Dass dem nicht so sein muss, will Xiaomi beweisen und stellt mit dem Pad 5 ein qualitativ hochwertiges Mittelklasse-Android-Tablet vor, das preislich ein direkter Konkurrent zum Apple-iPad der Einstiegsklasse ist.
Xiaomi übertrifft mit dem Pad 5 das Apple-Pendant in vielen Punkten und bietet das schicke Design, das Apple seinen Premium-Modellen vorbehält. Bleibt die Frage, wie Android - und insbesondere MIUI - mit iPad OS konkurrieren kann. Aber mit dem Tablet und dem auf faltbare Geräte fokussierten Android 12L am Horizont gehören diese Bedenken mit etwas Glück bald der Vergangenheit an.
Design und Verarbeitung
Xiaomis Pad 5 ist vom Design her mit höherwertigen iPads vergleichbar. Mit seinen abgerundeten Kanten, dem schmalen Rahmen und den hochwertigen Materialien erinnert es ganz klar an die Ästhetik des iPad Pro.
Das Pad 5 fühlt sich gut an, mit einer polierten Oberfläche und trotz seiner Größe (254,7 x 166,3 x 6,9 mm) fast unmöglich dünn und leicht. Es ist schlanker als fast jedes Smartphone und wiegt nur 511 Gramm.
Das Testgerät hat die Farbe "Cosmic Gray", Sie können das Tablet aber auch in Schwarz oder Weiß bekommen. Der Rahmen des Pad 5 ist aus Aluminium, die Rückseite aus Kunststoff. Vielleicht vermissen manche eine Rückseite aus Glas, aber Kunstoff ist robuster, wenn Sie das Gerät ohne Schutzhülle verwenden möchten. Das Pad 5 fühlt sich trotzdem wertig an.
Für die Bedienung gibt es nur einen Power-Button und eine Lautstärkewippe, die sich auf zwei Seiten an der gleichen Rahmenecke befinden. Und es gibt einen USB-C-Anschluss sowie einen POGO-Anschluss für die mitgelieferte Xiaomi-Tastatur.
Xiaomi bietet einen speziellen Stift, den Smart Pen, für das Pad 5 an, der aber für den Test nicht zur Verfügung stand.
Enttäuschend: Es gibt keinen Fingerabdrucksensor. Sie können die Gesichtsentsperrung verwenden, was jedoch weniger sicher und oft auch weniger komfortabel ist.
Display und Audio
Ein weiterer Premium-Effekt, den man bei einem Tablet-Preis von 399 Euro nicht unbedingt erwartet, ist die Bildwiederholfrequenz von 120 Hz. Sie ermöglicht flüssigere Animationen und eine flüssigere Darstellung auf dem gesamten Tablet - was bei Android-Geräten mittlerweile fast zum Standard gehört. Wenn Sie Gamer sind, können Sie damit Frameraten von über 60 Bildern pro Sekunde erreichen.
Das Display, ein 11-Zoll-Panel mit einer satten 2,5K-Auflösung (1600 x 2560), ist angenehm zu bedienen, egal, ob Sie arbeiten, im Internet surfen oder Filme streamen. Obwohl der Bildschirm ein IPS-LCD und kein OLED-Display ist, bekommen Sie kräftige Farben und großartige Blickwinkel. Unterstützt werden HDR10 und Dolby Vision.
Einen 3,5-mm-Klinkenanschluss für Audio gibt es nicht - vermutlich wird es nur kabellose oder USB-C-Kopfhörer geben. Die Vierfach-Lautsprecher des Pad 5 sind jedoch beeindruckend. Lautsprecher sind bei einem Tablet wichtiger als bei einem Smartphone, weil man sie eher zum Fernsehen oder für Videotelefonate nutzt. Über die Leistung kann man sich hier nicht beschweren. Natürlich gibt es eine Grenze für die Bassleistung, aber für die Größe des Pad 5 gibt es hier eine Menge Audio-Power, ganz zu schweigen von der Dolby-Atmos-Unterstützung.
Leistungsdaten
Xiaomi hat die Ausstattung des Pad 5 so gewählt, dass maximale Leistung möglich wird, ohne mit dem Gerät in ein höheres Preissegment zu rutschen.
Der Schlüssel dazu ist die Entscheidung für den Snapdragon 860, eine übertaktete Version eines älteren Qualcomm Flaggschiff-Chipsatzes. Sie bekommen damit genügend Leistung für die meisten alltäglichen Aufgaben und können auch anspruchsvolle Spiele mit vernünftigen Einstellungen spielen. Aber Sie zahlen nicht extra für die neueste 5G-Konnektivität oder für Upgrades für maschinelles Lernen oder für Funktionen, die für anspruchsvolle Kameras in Flaggschiff-Handys optimiert wurden.
Das Pad 5 ist nur mit 6 GB RAM erhältlich, 8 GB wären schöner. Was die Speicherkapazität angeht, so gibt es Modelle mit 128 GB oder 256 GB, je nach Region. Erweitern lässt sich die Speicherkapazität nicht, es gibt keinen Micro-SD-Kartenslot.
In Leistungs-Benchmarks konnte das Pad 5 mit dem letztjährigen Premium-Flaggschiff Galaxy Tab S7+ mithalten und ließ alle günstigeren Galaxy Tabs sowie das aktuelle Nokia T20 Tablet hinter sich. Zugegebenermaßen liegt es bei der reinen Leistung ein wenig hinter den iPads zurück, aber zumindest auf der Android-Seite ist es eines der leistungsstärksten Tablets auf dem Markt, vor allem angesichts des Preises.
Wie bereits erwähnt, lässt Xiaomi aus Kostengründen 5G komplett aus. Tatsächlich gibt es auch kein 4G, die globale Version des Pad 5 ist nur als Wi-Fi-Modell erhältlich (China bekommt ein 5G-Modell des Pad 5 Pro, das aber anderswo nicht auf den Markt kommt). Bedenken Sie die Anschaffung also, wenn Sie ein Gerät suchen, mit dem Sie immer online sind.
Auch Wi-Fi 6 wird nicht unterstützt, so dass Sie nicht immer die schnellste Geschwindigkeit nutzen können. Ansonsten gibt es Bluetooth 5.0, aber verständlicherweise kein NFC, das bei Tablets ohnehin selten verwendet wird.
Akkulaufzeit und Laden
Die Akkulaufzeit von Tablets lässt sich nur schwer einschätzen, da die Nutzung so unterschiedlich ist. Die einen brauchen ein Gerät, mit dem sie den ganzen Tag über Notizen machen und arbeiten können, die anderen wollen es nur auf dem Couchtisch liegen haben, um ihre E-Mails zu checken oder die eine oder andere Netflix-Episode zu schauen.
Im Test hat wurde das Pad 5 vor allem für das Streamen von Filmen genutzt. Und dabei war die Leistung des 8720-mAh-Akkus beeindruckend: Das Pad 5 blieb tagelang einsatzbereit, ohne dass man es laden musste.
Der künstliche Akku-Benchmark verrät mehr. Das Pad 5 hält im PCMark-Akkutest etwa zehneinhalb Stunden durch - besser als jedes Samsung Galaxy Tab, das wir in den letzten zwei Jahren getestet haben, und eindeutig genug, um einen ganzen Tag mit dem Gerät zu arbeiten.
Merkwürdig, wenn es ums Aufladen geht: In den technischen Daten des Tablets wird die Unterstützung für 33-W-Ladung aufgeführt, aber Sie werden kein 33-W-Ladegerät in der Verpackung finden. Stattdessen liefert Xiaomi das Pad 5 mit einem 22,5-W-Ladegerät aus, das das Tablet in 30 Minuten auf 25 Prozent aufladen kann - gut für ein Tablet, aber nicht besonders beeindruckend.
Wenn Sie ein schnelleres Ladegerät zur Hand haben - oder es Ihnen nichts ausmacht, eines zu kaufen - können Sie andere Geschwindigkeiten erreichen. Mit dem 55-W-Ladegerät von Xiaomi, das dem Mi 11 beiliegt, waren es 35 Prozent in einer halben Stunde.
Dass kabelloses Laden nicht unterstützt wird, sollte nicht überraschen. Nur wenige Tablets bieten dies, vor allem vergleichsweise günstige, und es ist sicherlich eine Funktion, die bei diesen größeren Geräten weniger gefragt ist.
Kamera
Kameras spielen bei Tablets eigentlich keine große Rolle. Oder besser gesagt, rückwärtige Kameras spielen keine große Rolle.
In diesem Punkt wird Xiaomi ganz klar von Apples Einsteiger-iPad übertroffen. Apple hat in diesem Jahr die bessere Kamera auf die Vorderseite des iPads gepackt, während Xiaomi den Smartphone-Normen gefolgt ist und die rückwärtige Kamera favorisiert hat.
Die 8-Megapixel-Selfie-Kamera mit f/2.0 ist einfach nicht gut. Für Videotelefonate ist sie ausreichend, aber die Bildqualität ist aufgrund der geringen Auflösung nicht besonders gut, und bei schlechten Lichtverhältnissen fällt die Qualität stark ab.
Die rückwärtige Kamera mit 13 Megapixeln und f/2.0 ist besser, wird aber wahrscheinlich kaum genutzt. Falls Sie doch einmal Fotos mit dem Tablet machen, gelingen damit überraschend solide Aufnahmen mit leuchtenden Farben und ordentlichem Detailreichtum, die auch bei schlechten Lichtverhältnissen überzeugen - obwohl die Kamera nicht für echte Nachtaufnahmen konzipiert ist. Das Pad 5 kann sogar Videos in 4K mit 30 Bildern pro Sekunde aufnehmen, falls Sie das brauchen.
Noch eine Besonderheit: Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob sich auf der Rückseite des Pad 5 zwei Kameras befinden. Die untere "Linse" ist rein dekorativ. Dort steht nur "13 Mp" - vermutlich darauf zurückzuführen, dass Xiaomi das Kameramodul eines Smartphones mit zwei Kameras wiederverwendet hat.
Software
An der Hardware gibt es am Xiaomi Pad 5 also wenig zu bemängeln.
Das gilt nicht ganz so für die Software. Sie ist nicht schlecht, aber noch nicht auf dem Level von Apple.
Auf dem Pad 5 läuft Xiaomis MIUI 12.5, das trotz der Versionsnummer auf Android 11 läuft und nicht auf dem neueren Android 12.
Während Xiaomi drei größere Android-Updates für einige seiner Smartphones verspricht, gibt es eine solche Ankündigung für das Tablet Pad 5 noch nicht. Es ist also noch offen, wie viele Android-Updates das Tablet erhalten wird oder wie lang die Sicherheitssoftware aktuell gehalten wird.
MIUI wurde nur geringfügig an den Tablet-Formfaktor angepasst und ist für jeden, der schon einmal ein Xiaomi-Smartphone benutzt hat, vertraut. Die Zugeständnisse an den großen Bildschirm sind größtenteils von iPad OS abgekupfert: ein zweispaltiges Einstellungsmenü; das Kontrollzentrum und die Benachrichtigungen sind durch Wischbewegungen von der rechten und linken Seite des Bildschirms aufgeteilt; ein vergrößerter Task Switcher mit Split-Screen-Optionen.
Die Menüoberfläche wurde gestreckt, um sie an den größeren Tablet-Bildschirm anzupassen, aber einige Elemente wirken unausgereift. Das beste Beispiel dafür ist der Startbildschirm mit viel Leerraum und nur wenigen Reihen, in denen Sie App-Symbole oder Widgets unterbringen können.
Das ist nur eines von vielen kleinen Software-Ärgernissen, die sich aus der Tablet-Form ergeben. Es ist schwer zu sagen, welche davon auf Xiaomis MIUI-Oberfläche zurückzuführen sind und welche einfach nur die Schuld von Googles eigener schlechter Tablet-Optimierung in Android sind.
Google arbeitet jedoch an Android 12L, einer Variante des Betriebssystems, die für die größeren Bildschirme in faltbaren Smartphones und Tablets optimiert ist - wobei das Pad 5 nur der Anfang einer neuen Reihe von Android-Tablets sein soll, die ab Frühjahr 2022 auf den Markt kommen. Bleibt zu hoffen, dass Xiaomi seine eigene Android-Version bis Ende dieses Jahres für das Pad 5 herausbringen wird.
Zu den bereits bestätigten Funktionen von Android 12L gehören ein überarbeiteter Sperrbildschirm, Benachrichtigungs- und Kontrollzentrum in Spalten, eine Taskleiste im Windows-Stil sowie eine überarbeitete Split-Screen- und Multitasking-Funktion. Dies soll das Xiaomi Pad 5 auf die nächste Stufe heben: problemlos funktionierende Software, passend zur beeindruckenden Hardware. Im Moment gibt es noch Optimierungsbedarf.
Preis und Verfügbarkeit
Das Xiaomi Pad 5 ist in Deutschland für 399,90 Euro erhältlich. Der direkte Konkurrent zum Pad 5 ist das 10,2-Zoll-iPad von Apple für 379 Euro - mit 64 GB haben Sie dafür allerdings nur halb so viel Speicherplatz wie beim Pad 5. Vergleichbar wäre auch das Galaxy Tab S6 Lite, das mit LTE-Option und Stift 385 Euro kostet. Allerdings ist das Pad 5 in fast allen Punkten besser. (PC-Welt)
Dieser Test erschien zuerst bei unseren englischen Kollegen auf techadvisor.com