Aktuelle IoT-Strategie in Unternehmen

IoT muss Business und Kunden in den Fokus stellen

15.07.2019
Von 
Prashant Kelker ist Director bei Information Services Group Germany (ISG).
Beim Internet of Things (IoT) geht es immer weniger um die Beherrschung von Technologie und immer mehr um Produktgestaltung und Interaktion in Ökosystemen.

Die Möglichkeit, Geräte mit unzähligen Sensoren auszustatten und miteinander kommunizieren zu lassen, beflügelt viele IoT-Zukunftsszenarien. Dabei sollte den Verantwortlichen allerdings bewusst sein, dass der Aufbau einer zukunftsorientierten IoT-Plattform sehr viel Zeit und Ressourcen verschlingt. Deshalb gilt es zunächst immer erst einmal zu klären, ob ein vernetztes Gerät überhaupt messbaren Mehrwert produzieren kann oder nicht. Braucht die Welt wirklich einen vernetzten Toaster inklusive einer App, die das Morgenwetter anzeigt? Welche Anwender und Nutzer würden welchen Preis für solche oder andere Funktionalitäten zahlen?

Beim Internet of Things (IoT) geht es immer weniger um die Beherrschung von Technologie und immer mehr um Produktgestaltung und Interaktion in Ökosystemen.
Beim Internet of Things (IoT) geht es immer weniger um die Beherrschung von Technologie und immer mehr um Produktgestaltung und Interaktion in Ökosystemen.
Foto: weedezing - shutterstock.com

Fünf Best Practices geben einen Hinweis darauf, wie Sie mit IoT nachhaltiger Business-Mehrwert erzielen können:

Nicht nur in Technologien denken

Ein Großteil heutiger Technologien wurde für das Internet der Menschen und die der Anwender entwickelt. Daran sollten IoT-Planer und -Entwickler immer denken, wenn sie nun auch vernetzte Produkte und Dienstleistungen erstellen. Denn immer noch dreht sich die Diskussion um IoT-Lösungen zu sehr um Technologie. Was hingegen allzu oft vergessen wird: Es geht darum, vom Internet der Menschen zum Internet sowohl der Menschen als auch der Dinge zu gelangen und zu den Interaktionen zwischen Menschen und Dingen.

Leider sind die IoT-Innovationen der letzten zehn Jahre vor allem technologiegetrieben. So sind unzählige IoT-Geräte entstanden, die in ihrem Design und von ihrer Funktionalität die Nutzer sehr stiefmütterlich behandeln. Diese Planung ohne den Blickwinkel der Anwender führt zur gefährlichen Situation, dass die gesamte IoT-Entwicklung die Menschen außen vor lässt und stattdessen in ein reines Internet der Geräte abgleitet.

Durchgängige Sicherheit miteinplanen

Der Ausfall des Amazon-Speicherdienstes S3 im Jahr 2017 legte die Verwundbarkeiten von IoT-Produkten offen, die auf Intelligenz- und Analysefunktionen in der Cloud angewiesen sind: Als S3 ausfiel, konnten zahlreiche Kunden zum Beispiel ihre Garagentore nicht mehr öffnen oder ihre Heizungen nicht mehr ein- und ausschalten.

Das zeigt: Bei der Entwicklung von vernetzten Produkten ist es nicht nur wichtig, die Sicht der Anwender zu berücksichtigen. Stattdessen ist ein viel systemischerer Ansatz vonnöten: IoT-Lösungen müssen durchgängig auf Zuverlässigkeit und Sicherheit ausgelegt sein. Diese Fokussierung rückt zum Beispiel Edge Computing und Edge Analytics in den Vordergrund. Diese Lösungen stellen sicher, dass die grundlegenden Rechenvorgänge auch ohne Cloud funktionieren.

Das Denken über Netzwerke ändern

Unser Denken über Netzwerke ist gerade dabei, sich grundlegend zu verändern. Mobilfunknetze waren ursprünglich für mobiles Telefonieren gedacht. Doch heute sind sie immer weniger ein Netzwerk für Telefonate, sondern zunehmend jenes Netzwerk, welches das Internet der Software ermöglicht. Dabei muss man beachten, dass üÜber das IoT vernetzte Geräte zum Teil ganz anders genutzt als Smartphones. Ein vernetztes Auto zum Beispiel könnte viele Gigabytes für Down- und Uploads benötigen. Wie beeinflussen solche Anforderungen die Art und Weise, wie Mobilfunkanbieter ihr Netzwerk gestalten und mit ihren Lieferanten zusammenarbeiten müssen? Mit solchen Fragen muss sich jede IoT-Strategie über kurz oder lang auseinandersetzen.

Hard- und Software miteinander integrieren

Die Fachbereiche entwickeln sich immer mehr zu Einkaufsabteilungen. Denn Unternehmen suchen immer mehr nach konkreten Lösungen für bestimmte Business-Anforderungen, anstatt vor allem neue Technologien zu kaufen. Zugleich rücken Informationstechnologie (IT) und Betriebstechnik (OT, Operational Technology) zusammen - weiter beschleunigt von offenen Standards, die proprietäre Standards zunehmend ersetzen. Standardisierungsorganisationen wie die Open Device Net Vendor Association (ODVA) oder die International Society of Automation (ISA) bringen Hard- und Softwareunternehmen zusammen, um die IoT-Entwicklung zu verbessern. So arbeiten heute Unternehmen wie Rockwell, Honeywell und Emerson eng mit Intel, IBM und Cisco und anderen IT-Anbietern zusammen.

Wenn es um die Integration von IT und OT geht, gilt es ein paar grundlegende Fragen zu beachten:

  • Wenn Software- und Hardware-Anbieter zusammenkommen, um Lösungen für ein Anwenderunternehmen zu schaffen - wie kann der Kunde diesen Dialog moderieren?

  • In welchen Teilen dieses Dialogs macht es für ein Anwenderunternehmen Sinn, sich als Influencer und Treiber aktiv mit einzubringen?

  • Wer ist seitens der Anbieter am besten geeignet, an diesem Dialog und Ökosystem teilzunehmen?

Was kommt als nächstes?

Die sogenannten "Early Adopter" setzten IoT zunächst vor allem ein, um Betriebskosten einzusparen. Mittlerweile entdecken sie wesentlich umfassendere Vorteile, die sie mit IoT erzielen können. Zum Teil geht es nun um Anpassungen im großen Stil. Ein häufig von Cisco aufgeführtes Beispiel ist Harley Davidson.
Der Motorradhersteller benötigt heute für die Auslieferung eines kundenindividuell konfigurierten Motorrads keine 18 Monate mehr, sondern nur noch zwei Wochen.

Auch Stadtverwaltungen sind im Rahmen von "Smart City"-Programmen oft rege IoT-Anwender - etwa, weil Parkgebühren oft eine ihrer Haupteinnahmequellen darstellen. So sind Parklösungen heute in der Lage, Fahrzeuge in Echtzeit zu steuern, indem sie eine Kombination aus Online-Parkanalysen mit Daten zur Straßenoberflächentemperatur und Schallpegelinformationen verbinden. Einige Städte konnten durch den Einsatz vernetzter Technologien 20 bis 30 Prozent mehr Parkeinnahmen erzielen.

Solche erfolgreichen Szenarien legen den Fokus nicht auf die einzelnen (technologischen) Teile einer Anwendung, sondern denken den erreichbaren Mehrwert bereits beim Design einer Lösung mit. Basis dafür kann eine Analyse sein, die das eigene Unternehmen mit Wettbewerbern vergleicht und von deren sowie eigenen Anwendungsszenarien lernt. Vor allem: Wie und wo wird wirklich Geld verdient? Denn Ausschlag für IoT-Investitionen sollten deshalb nicht bestimmte Technologien geben, sondern eine Gesamtbetrachtung über ihren möglichen Beitrag fürs Business und den erzielbaren Mehrwert.