Berater im Feuerwehreinsatz

Interim Manager kommen, um zu gehen

22.06.2015
Von 
Peter Ilg ist freier Journalist in Aalen.
Sie haben keine Vergangenheit und keine Zukunft im Unternehmen. Das macht Interim Manager unabhängig in ihren Entscheidungen. Sie leben im Hotel, erfolgreiche verdienen ziemlich gut und ihr Job ist abwechslungsreich. Aber auch ziemlich stressig: wenn sie gerufen werden, dann brennt es immer.

"Als ein unternehmerisch denkender CIO und Programm-Manager, der sowohl in Linien- als auch in Projektverantwortung seine breiten Erfahrungen aus Mittelstand und Konzern im IT-Management einbringt, manage ich branchenübergreifend Veränderungsprozesse und -projekte, entwickle IT-Strategien und setze sie um." Dieser Satz steht auf der Homepage von Falk Janotta unter dem Menüpunkt 'Profil'. Der 58-jährige wirbt damit um neue Mandate, er ist Interim Manager. Janotta leitet große IT-Projekte weltweit und er übernimmt die befristete Funktion eines CIO. "Mein Job ist lukrativ, ich liebe die Abwechslung und lerne bei jedem Einsatz sehr viel dazu." Seit zwölf Jahren ist er Interim Manager auf den höchsten Hierarchieebenen und Projektleiter. Das konnte er nur werden, weil er schon als Angestellter viel gesehen hat.

Vom Projektmanager zum CIO

Janotta ist in Berlin geboren, in Hannover aufgewachsen, dann lebte er viele Jahre in Wilhelmshafen als Offizier auf Zeit bei der Marine. Dort kam er zur EDV, war als Systemprogrammierer eingesetzt und studierte "allein und mit großer Disziplin" an der Fern Uni Hagen Informatik. 1982 bekam er sein Diplom. "In meinem ersten Job habe ich das Projekt-Management von der Pike auf gelernt, davon profitiere ich auch heute noch." Im zweiten Job hatte er seine erste Management-Aufgabe, es folgten weitere Stationen in der IT-Beratung. Danach wurde Janotta CIO bei Mobilcom und später Bereichsleiter Anwendungsentwicklung bei O2.

Interim Manager Falk Janotta: "In meinem ersten Job habe ich das Projekt-Management von der Pike auf gelernt, davon profitiere ich auch heute noch."
Interim Manager Falk Janotta: "In meinem ersten Job habe ich das Projekt-Management von der Pike auf gelernt, davon profitiere ich auch heute noch."
Foto: Privat

Als die Internet-Blase so um 2003 platzte, gab es für ihn keinen Platz mehr im Unternehmen. Janotta machte sich selbständig als Interim Manager. Was er unterschätzt hatte: "Es dauerte neun Monate, bis ich meinen ersten Auftrag hatte." Verkaufen liegt ihm nicht. In der brotlosen Zeit pflegte und erweiterte er sein Netzwerk drastisch - "und war häufig überrascht von den positiven Reaktionen geschäftlicher Freunde und Bekannter". Sie fanden sein Ange­bot interessant. Sein erster Auftrag kam dann auch aus seinem Netzwerk - ein klassischer Fall von Vakanzüberbrückung. "An einem Donnerstag kam den Anruf, am Montag darauf habe ich in Frankfurt angefangen als Leiter eines großen IT-Projekts." Später folgten CIO-Mandate bei einem weltweit tätigen IT Dienstleister in England, dann Unternehmen aus der Solarbranche und der Düngemittelherstellung.

Aktuell ist Janotta für einen Großhändler als Leiter mehrerer IT-Projekte tätig. Seit April 2014 arbeitet er dort, geplant für ein Jahr, doch der Auftrag wurde bereits zweimal verlängert. "Die Projekte sind anspruchsvoll und teilweise unternehmenskritisch und weil es vorher keinen Projektleiter gab, musste ich Projekt-Managementstrukturen und -prozesse einführen."

Interim Manager leben im Hotel, erfolgreiche verdienen ziemlich gut und ihr Job ist abwechslungsreich. Aber auch ziemlich stressig: wenn sie gerufen werden, dann brennt es immer.
Interim Manager leben im Hotel, erfolgreiche verdienen ziemlich gut und ihr Job ist abwechslungsreich. Aber auch ziemlich stressig: wenn sie gerufen werden, dann brennt es immer.
Foto: Diego Cervo - shutterstock.com

Tagessatz von 1150 Euro

Die Dachgesellschaft Deutsches Interim Management, DDIM, Köln, prognostiziert für 2015 einen Anstieg des Honorarvolumens von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 1,5 Milliarden Euro. Die Aussage beruht auf einer Mitgliederbefragung des DDIM bei Interim Managern, die auf den oberen Management-Ebenen oder in umfassenden Projektleitungsfunktionen tätig sind. Marei Strack, Vorstandsvorsitzende des Verbands, schätzt, dass es rund 7500 Interim Manager in Deutschland gibt. Von denen sind die meisten Kaufleute. "Das kommt aus der Historie, weil es früher fast ausschließlich um Restrukturierung und Sanierung ging." Die zweitgrößte Gruppe sind knapp 2000 Ingenieure, dann etwa 400 IT-Spezialisten. Durchschnittlich verbringen Interim Manager 160 Tage in einem Mandat und verrechnen Tagessätze von durchschnittlich 1150 Euro. Maschinen-, Automobil-Bau und IT/Telekommunikation sind die Branchen, die am häufigsten Interim Manager beauftragen. Die Reihenfolge der Aufgabenstellung sieht so aus: Projektleitung, Vakanzüberbrückung, Restrukturierung/Sanierung, Prozessoptimierung. Strack geht davon aus, dass etwa ein Drittel der Mandate technische sind.

Freiberufliche Projektmitarbeiter gibt es deutlich mehr als Interim Manager. Freelancer schließen Werkverträge ab und schulden am Ende ein versprochenes Werk. Ein solches kann man als Manager nicht liefern, weil auch andere Einfluss auf Management-Aufgaben haben. "Wir raten daher dringend zum Dienstvertrag", sagt Strack. Der verpflichtet zur Leistung der versprochenen Dienste, etwa als CIO für die IT-Strategie eines Unternehmens verantwortlich zu sein. Interim Manager müssen auch darauf achten, ihre Arbeit nicht weisungsgebunden auszuführen und nicht zu stark in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers integriert zu sein, weil sonst die Gefahr der Scheinselbständigkeit besteht.

Marei Strack ist Vorstandsvorsitzende der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management (DDIM). Sie schätzt, dass es rund 7500 Interim Manager in Deutschland gibt.
Marei Strack ist Vorstandsvorsitzende der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management (DDIM). Sie schätzt, dass es rund 7500 Interim Manager in Deutschland gibt.
Foto: Privat

Janotta bekommt weiterhin Aufträge aus seinem Netzwerk. "Es ist das Wertvollste in meinen Job." Deshalb hegt und pflegt er es permanent. Er ist zudem Partner bei taskforce, einer Sozietät für Interim Management, über die er an Mandate kommt. Und es kommen Aufträge von Interim-Management-Providern, bei denen er gelistet ist. Für seinen Job braucht Janotta kein detailliertes technisches Wissen. "Ich muss mich aber in allen aktuellen IT-Themen auskennen und die Mitarbeiter verstehen."

Seine Job als Interim Manager bezeichnet er als "lukrativ, obwohl ich schon vorher gut verdient habe". Das Einkommen gleiche die Unsicherheit der Auslastung und das Risiko der Selbständigkeit aber nur zum Teil aus. "Manch­mal kommt drei, vier Monate kein Mandat. In anderen Fällen reiht sich eines an das andere." Das aktuelle Mandat läuft mit 17 Monaten ungewöhnlich lange.

Den Unterschied zwischen einem festangestellten und einem Interim Manager bringt Janotta genau so knapp auf den Punkt: "Ich bin unabhängig, weil ich keine Vergangenheit im Unternehmen habe und deshalb keine Seilschaften pflegen muss. Und ich habe keine Zukunft, deshalb auch kein Bestreben nach Karriere." Interim Manager konzentrieren sich auf ihren Job als Umsetzer. Sie kommen, um zu gehen.

Die besseren Chefs

Deutschlands Unternehmen sind mit ihren Managern auf Zeit zufrieden. 72 Prozent der Entscheider in Firmen bewerten die Projektergebnisse von Interim Managern als gut oder sehr gut. Das ist das Ergebnis einer Studie der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität zum Thema "Führung in flexibilisierten Arbeitsstrukturen".