Bei dem Tracker handelt es sich um eine interaktive Karte, die von der gemeinnützigen Organisation Climate Trace erstellt wurde. Sie nutzt eine Kombination aus Satelliten, Sensoren und maschinellem Lernen, um die größten Umweltverschmutzer weltweit aufzuspüren und bekannt zu machen.
Die Karte zeigt, wie viel Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid (Lachgas) an bestimmten Orten, etwa von Kraftwerken, Ölraffinerien oder Fabriken, ausgestoßen werden. Al Gore, eines der Gründungsmitglieder der Initiative, erklärte, dass das System eine Alternative zu den Selbstauskünften der Unternehmen über ihre Emissionen darstellen soll - mit genaueren und zuverlässigeren Zahlen.
"Schwindeleien sind unmöglich"
"Unsere Methode, die auf künstlicher Intelligenz basiert, macht Schwindeleien unmöglich", sagte Gore im Interview mit dem US-Radiosender NPR. Gore ist gerade erst aus Ägypten zurückgekehrt, wo die Staats- und Regierungschefs auf der jährlichen UN-Klimakonferenz beraten haben. Der Tracker werde dazu beitragen, dass die Länder bis 2050 ihre Treibhausgas-Emissionen wie versprochen auf Null reduzieren werden.
Climate Trace nutzt für seinen Dienst über 300 Satelliten sowie jede Menge Sensoren - an Land, in Flugzeugen und auf Schiffen. Hinzu kommen KI-Anwendungen, um Modelle für Emissionsschätzungen zu erstellen. Derzeit werden etwa 72.000 der weltgrößten Treibhausgas-Quellen erfasst. Laut Gore ist bereits jedes Kraftwerk, jedes große Schiff und jedes große Flugzeug auf der ganzen Welt unter Beobachtung.
Und das sei erst der Anfang. Bis zum nächsten Jahr hofft Gore, Millionen von Emissionsquellen erfassen zu können. "Wir werden schon bald alle Quellen im Blick haben", sagt der Klimaschützer. Seinen Angaben zufolge stammen 75 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen aus Ländern, die sich verpflichtet haben, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Mit dem Dienst unterstütze Climate Trace die Unternehmen, ihre Emissionen besser zu erkennen und zu reduzieren.
Eine Datenbank schafft Transparenz
Gore fügte hinzu, dass zum Service eine kostenlos zugängliche Datenbank gehöre, die den Ländern dabei helfen solle herauszufinden, welches Unternehmen für wieviel Umweltverschmutzung verantwortlich ist. Andere Unternehmen könnten sich überlegen, ob sie sie mit den Verschmutzern wirklich zusammenarbeiten wollten. Er kritisierte, dass das momentane Modell der Selbstauskunft nicht funktioniere. Die Öl- und Gasindustrie gebe ihre Emissionen regelmäßig viel zu niedrig an. "Wir haben herausgefunden, dass ihre Emissionen dreimal höher sind, als sie den Vereinten Nationen mitgeteilt haben", sagte Gore.
Vor allem in den USA würden die Petrol-Giganten nicht korrekt über ihren Methanausstoß berichten, so die Untersuchungen von Climate Trace. Gore will den Unternehmen keinen Betrug unterstellen, doch die Berichte seien de facto sehr ungenau, was es für die Regierungen schwer mache, ihre Zusagen in Sachen Klimaneutralität einzuhalten. Erste Staaten hätten sich dankbar gezeigt und wollten das System anwenden. Dabei handele es sich bislang um sechs Regierungen in Europa und Afrika, auch Mexiko gehöre zu diesem Kreis. Sie hätten Vereinbarungen mit Climate Trace zur Nutzung des Instruments getroffen, so Gore.
Optimistisch - trotz schwieriger Lage
Dem ehemaligen US-Vizepräsidenten zufolge ist die Welt von ihrem Ziel, die für den Klimawandel verantwortlichen Emissionen zu reduzieren, noch weit entfernt. Die jüngsten Bemühungen rund um den Globus seien aber beeindruckend. Er verwies auf den Inflation Reduction Act in den Staaten, der über 369 Milliarden Dollar für die Bekämpfung des Klimawandels vorsieht und Anreize für die Verbraucher schaffen soll, umweltfreundlichere Entscheidungen zu treffen. Gore bezeichnete das Gesetz als "die größte Klimagesetzgebung in der Geschichte der Welt".
Er lobte auch Australien, dessen neue Regierung sich zum Ausstieg aus der Kohle verpflichtet hat, und Brasilien, dessen neuer Präsident versprochen habe, die Zerstörung des Amazonasgebiets zu stoppen. "Es besteht weiter eine große Gefahr, aber es gibt auch Hoffnung", sagte Gore. Es komme jetzt darauf an, den Willen zum Handeln aufzubringen. (hv)